0099 - Ein Freund der Menschen
dies eine schwache Waffe. Glücklicherweise war die Space-Jet durch einen Schutzschirm gesichert, der nur durch den Kodesender an Crests Handgelenk unterbrochen werden konnte.
Der Arkonide entschloß sich, nicht direkt vor seinem Haus anzukommen. Es war viel zu riskant, eventuellen Angreifern ein offenes Ziel zu bieten. Er mußte mehrere hundert Meter von seinem eigentlichen Standort entfernt an Land gehen und sich vorsichtig heranarbeiten. Crest ergriff das Paddel und steuerte das kleine Boot herum. Er blickte sich nach einer geeigneten Stelle um und paddelte darauf zu.
Nachdem er ungefähr die Hälfte der Strecke zurückgelegt hatte, legte er eine Ruhepause ein. Die Vorstellung, daß es vielleicht keine Angreifer gab, sondern nur hilflose Verunglückte, quälte sein Gewissen. Er rang mit dem Wunsch, möglichst schnell zu dem Absturzort des fremden Schiffes zu gelangen, um Verletzten beizustehen. So sehr dieses Mitgefühl vielleicht angebracht war, er mußte es für später aufbewahren. Mit Bitterkeit dachte Crest an das Mißtrauen, mit dem sich die Völker der Galaxis begegneten. Die Auseinandersetzungen um die Vorherrschaft waren ein Naturgesetz, das wußte er.
Junge, vorwärtsstrebende Kulturen, wie sie auch von der Menschheit präsentiert wurden, waren in ihrem unbändigen Expansionsdrang nicht zu bremsen. Verständlich, wenn sich ältere Völker gegen Versuche wehrten, ihren Herrschaftsbereich einzuengen. Meist waren es wirtschaftliche Auseinandersetzungen, die zwei bis an die Zähne bewaffnete Raumflotten aufeinanderprallen ließen. Aber auch der Wunsch nach politischem Einfluß und militärischer Macht trieb die verschiedensten Zivilisationen in eine aufwendige Rüstung. Wer dieses Spiel nicht mitmachte, mußte damit rechnen, daß eines Tages eine Flotte auf seinem Planeten landete und ihn als Kolonialbesitz in Anspruch nahm.
Crest nahm seine unterbrochene Fahrt wieder auf. Seine Arme bewegten das Paddel gleichmäßig. Er hatte keine Uhr bei sich - ein einsamer, alter Mann braucht keine Uhr. Als der Kiel des Bootes knirschend auf dem Ufersand auflief, waren mehrere Stunden verstrichen. Crest kletterte an Land. Er verankerte das Boot, um es später wieder holen zu können. An dieser Stelle war der Steilhang nicht so hoch. Trotzdem geriet der Arkonide außer Atem, bis er ihn erstiegen hatte. Am Strand entlangzugehen wäre zu gefährlich gewesen, denn es boten sich kaum Verstecke für eine heimliche Annäherung. Crest raffte seinen Umhang zusammen und marschierte los. Für einen Augenblick erschien die Sonne zwischen den Wolken und badete das Land in warmes, gelbes Licht. Noch einmal blickte Crest zurück. Aus dieser Perspektive erschien ihm das Boot winzig. Es schaukelte unmerklich auf den Wellen. Er überprüfte den Impulsstrahler.
Es war schon lange Zeit her, daß er eine Waffe in den Händen getragen hatte - mit dem Vorsatz, sie unter Umständen zu benutzen. Der Arkonide hatte ganze Planeten vergehen sehen, Leid und Tod hatten sein Leben erfüllt, aber er war geistig zu gereift, um in einer Waffe mehr als ein notwendiges Übel zu sehen.
Seitdem das Leben aus dem Urschlamm gestiegen war, hatte es gekämpft und sich gegenseitig vernichtet. Im Laufe der Evolution hatte es intelligente Wesen hervorgebracht, die nichts anderes taten - wenn auch in verfeinerter, ausgeklügelter Form - als kämpfen und töten.
Crest lenkte seine Aufmerksamkeit jetzt ausschließlich auf die Umgebung. Er ging so, daß er jederzeit in einer Bodenmulde in Deckung springen konnte. Er gab sich keinen Illusionen hin, daß es ihm gelingen könnte, unbemerkt in die Space-Jet zu gelangen und den Hyperfunk in Betrieb zu setzen. Der Steilhang machte eine leichte Kurve. Crest verlor das Boot aus den Augen, aber sein Haus würde jetzt bald ins Blickfeld kommen. Er ging schneller.
Er erreichte die Stelle, an der die SOLAR SYSTEM gestanden hatte. Zögernd näherte er sich dem Rand der Anhöhe. Zwei Meter davor duckte er sich und kroch vorsichtig weiter. Fünfzig Meter unterhalb befand sich seine Station. Der Boden roch verbrannt. Crests Herz schlug schneller. Allmählich schob er sich weiter. Er mußte darauf achten, daß er kein Geröll oder Steine in die Tiefe schleuderte. Schließlich war er weit genug gekommen. Er hob seinen Kopf und blickte hinab. Was er sah, genügte, um ihn entsetzt zusammenfahren zu lassen.
Die beiden Kampfroboter lagen zusammengesunken neben dem Haus. Ihre Metallschädel waren zerschmolzen. Aber das war nicht so
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