0,1 % - Das Imperium der Milliardäre
Wealth . 6 Und wieder gibt es eine andere Definition der HNWIs: »Für die Zwecke dieses Reports benutzen wir diese Abkürzung für Individuen mit über 25 Millionen Dollar investierbarem Vermögen.« Der Report beschäftigt sich vor allem mit den Rendite- und Besitzchancen »erstklassigen« Grund- und Bodenbesitzes, mit Immobilien an den attraktivsten und teuersten Lokalitäten. »Diese Spitzenorte sind im allgemeinen auch durch besondere Internationalität geprägt.« – »Niemals zuvor sind die Schaffung von Reichtum, ökonomische Risiken und Politik so eng mit den Bewegungen auf den Märkten für Spitzenimmobilien verwoben gewesen. Und so ist es nicht allein ökonomisches Wachstum, das Städte schafft, die wirklich wichtig werden für die reichsten Leute der Welt.« – »Haupttrend auf dem Markt für Spitzenimmobilien ist der unaufhaltsame Aufstieg einer ›Plutonomie‹, eines Phänomens, bei welchem das Vermögen des reichsten einen Prozents weitaus schneller wächst als das des Rests der Bevölkerung.« Es gehöre nicht viel Voraussicht zur Prognose, dass die »Unzufriedenheit mit der Einkommensungleichheit, wie sie sich in der Occupy-Bewegung manifestiert, an Schwung zunehmen wird. Das Spielfeld für die Reichen wird brutaler.« In dieser Situation muss – mit dem Tunnelblick des Wealth-Managers – selbstverständlich nach neuen »Generatoren für globales Wachstum«, also nach Anlagemöglichkeiten gesucht werden. Man müsse sich, schreiben die Citigroup-Berater, von den bisherigen Renditearten und Renditemilieus lösen und »nach Ländern, Regionen, Städten, Handelswegen, Sektoren, Industrien, Unternehmen, Technologien, Produkten und Vermögensformen suchen, die in den nächsten fünf, zehn, zwanzig, vierzig Jahren hohe Wachstumsraten und profitable Investitionsmöglichkeiten bieten«.
Da aber sieht es nun ziemlich schlecht aus. Es gibt zu viel Kapital und zu wenige Anlagechancen, und zwar prinzipiell. Und so konkretisiert sich angesichts der Unsicherheit und der zu erwartenden politischen und sozialen Unruhen die abstrakte Sorge um Bewahrung desReichtums der Superreichen zur Suche nach »sicheren Häfen« (safe havens). Das Problem in vielen aufstrebenden Ländern ist ja die Governance, die politische und Regierungskultur. Die neuen Reichen flüchten vor Korruption, arbiträren Regelveränderungen und Vererbungsbarrieren. Oder sie haben Sorge, bei den jeweiligen Regimes politisch in Ungnade zu fallen. Das alles zeigte sich wieder besonders deutlich im »arabischen Frühling« und während der Wahlen in Russland. Dieser »global flow«, diese Migrationsbewegungen der besonderen Art erzeugen paradoxe Situationen: »Während die Generierung von Reichtum in den Schwellenländern ernorm steigt und die entwickelte Welt in Schulden und Sparprogrammen versinkt, profitieren gleichwohl bestimmte Märkte in Europa und den USA von der Großzügigkeit der früheren dritten Welt. Dass so viel Grund und Boden mit dem Reichtum aus den BRIC-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China) erworben wird, deutet auf neue Formen des Transfers globaler Macht.«
Antizipierte soziale und politische Schwierigkeiten in ihren eigenen Ländern veranlassen also gerade Superreiche, in bestimmte Formen des Grundbesitzes jenseits aller Renditekalküle zu investieren. Ein populäres Sprichwort aus dem Nahen Osten lautet: »Grundbesitz kann krank werden, aber er wird niemals sterben.« Das fasse, so der Citigroup-Report, die Einstellung vieler Reicher zusammen, die sich heute in den Grundbesitz flüchten. Selbstverständlich ist Einkommen aus Anleihen und Aktien immer noch gefragt, aber weil durch die Krise immer mehr Staaten den AAA-Status verlieren, werden brauchbare Alternativen rar. Und es gibt kulturelle und nationale Unterschiede »bei der Auswahl der verschiedenen Typen von Grundeigentum. Investoren aus Ostasien bevorzugen die Londoner City, weil sie ihr Vermögen physisch am sichersten in von Banken und Börsenmaklern genutzten Gebäuden wähnen. Investoren aus dem Mittleren und Nahen Osten und einige Russen favorisieren die Exklusivität und den Luxus des Londoner West End. Manche aus dem Mittleren und Nahen Osten haben es auf besonders herausragende Gebäude (›trophy buildings‹) abgesehen, die sie dann sehr lange halten.« Und irgendwie herrscht Endzeitstimmung. Immer mehr dieser Reichen entdecken, schreiben die Vermögensberater, dass »ein Leben in Luxus undGenuss in sich selbst ein ›profitables‹ Investment sein
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