0,1 % - Das Imperium der Milliardäre
kann. Kunst, Wein und Sport – sogenannte Anlagen aus Leidenschaft (›investments of passion‹) – können sogar profitabler werden als ein Aktienpaket, das über Nacht seinen Wert verliert. Selbst wenn der Wert von Investments aus Leidenschaft sinkt, hat man ja immer noch die Freude daran. Und wenn der Wert eines Picasso, den man für fünf Millionen Dollar erworben hat, um zwanzig Prozent fällt, weiß man immer noch, dass man ein Meisterwerk an der Wand hängen hat.«
Die Suche nach der globalen Klasse
Wie immer einseitig die Klientel insgesamt und im besonderen die UHNWIs vom Wealth-Management wahrgenommen werden, man spürt doch einen erfahrungsgesättigten Hintergrund. Man denkt wiederum an die höfische Gesellschaft, wo die Höflinge sich auch mehr aufklärenden Klatsch zuflüsterten, als der Herrschaft lieb sein konnte. Demgegenüber stehen Sozialwissenschaftler, die keinen Umgang mit Eigentums- und Verwertungsoperationen haben, oft staunend vor den riesigen gläsernen Strukturen der Globalisierung, überschauen sie vielleicht sogar, aber haben kaum »Primärerfahrung« mit den eigentlichen Akteuren. So zitiert Jonathan V. Beaverstock, einer der wenigen Reichtumsforscher unter den Sozialgeographen, John Kenneth Galbraith mit dem Satz: »Unter allen Klassen sind es die Reichen, die am meisten beachtet und am wenigsten studiert werden.« 7 Auch Leslie Sklairs Konzept einer »Transnational Capitalist Class« (TCC) ist sozusagen nach oben offen, es erfasst nicht wirklich die ultimative Privatheit des Superreichtums. Da sich unsere Milliardäre aber eben auch in irgendeiner Form in der Öffentlichkeit darstellen müssen, nähern sich Sozialwissenschaftler inzwischen – ähnlich wie das gewieftere Wealth-Management – diesem Gegenstand auf Umwegen, beispielweise über die Beobachtung des Wandels der großen Weltstädte, wo sich das hegemoniale Projekt einer »ikonischen Architektur« entfaltet. 8
Mit dem Begriff der »iconic architecture« versucht Sklair, die Inbesitznahme der symbolisch und ästhetisch signifikanten städtischen Bauten und Räume durch »globalizing capitalists« anschaulich zu machen. Aus historischen Altbauvierteln werden Konsumzentren,aus repräsentativen Alleen und Schlössern Geschäftsadressen von Großkonzernen. Es sei zwar schon immer so gewesen, dass Architektur benutzt wurde, um die Macht der Starken über die Schwachen zu symbolisieren. Doch die neuen Formen architektonischer Machtdemonstration würden in zunehmendem Maße jene Monumentalität durch »Ikonizität« ersetzen. Die der Globalisierung gemäßen ikonischen Formen im Städtebau haben alle etwas mit Kommunikation zu tun, mit Public Relations, mit Manipulation des Konsumverhaltens. Die Selbstdarstellung der neuen globalen Klasse »klotzt« nicht mehr, sondern wirft Netze aus, ikonisiert Netzwerke. So lässt sich gerade aus den neuen privat-öffentlichen Mustern der Stadtentwicklung vieles über das Verwandlungspotential einer möglicherweise nicht nur transnationalen, sondern auch transkapitalistischen Klasse lernen.
Für Sklair bilden sich in diesen Netzen auch die von ihm herausgearbeiteten Faktionen der »transnational capitalist class« (TCC) ab: die »corporate faction« der Eigentümer und Kontrolleure der großen transnationalen Konzerne; die »state faction« der Politiker und Bürokraten, welche sich dieser Form von Globalisierung verschrieben haben; die »technical faction« der »globalisierenden« Experten und Technokraten; die »consumerist faction« der Händler, der Ankurbler des Konsumismus in Medien und Werbung. Und in dieser Stadtkultur steigen dann aus den Rängen der technischen Eliten globale »Stararchitekten« auf, Symbolfiguren für »eines der wichtigsten, wenngleich noch kaum durchschauten hegemonialen Projekte des Kapitals«. 9
Jonathan V. Beaverstock beschäftigt sich mit der hegemonialen Bedeutung der »Global Cities« auf etwas andere Weise. Er geht bei seiner Untersuchung der Frage, wie sich die »globalen Superreichen« in der Welt verankern, von der Entwicklung des Private Banking, des Wealth-Managements und anderer Finanzdienste aus, die seit den frühen 1990er Jahren das Geschehen um diese Schicht bestimmen. Das führt ihn auf ähnliche Spuren wie im Wealth Report der Citigroup (siehe Seite 210 f.). »So wie die Weltstädte zu Stützpunkten für das internationale Kapital geworden sind, so werden sie auch die Orte, an denen die Superreichen sich mit exklusivenund privilegierten
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