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0,1 % - Das Imperium der Milliardäre

0,1 % - Das Imperium der Milliardäre

Titel: 0,1 % - Das Imperium der Milliardäre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans-Jürgen Krysmanski
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Bruttoprodukt von Staaten verglichen würden, rangierte er unter den obersten dreißig Ländern der Erde. ExxonMobil betreibt eine der größten Lobbyorganisationen in Washington. Vor allem aber operiert das private Imperium ExxonMobil – präsent in 200 Staaten und Territorien – weltweit als eine selbständige, übernationale Entität. Der Konzern verfolgt eine eigenständige Außenpolitik, die manchmal mit der offiziellen Linie übereinstimmt, manchmal, wie im Falle des Irak-Kriegs, aber auch nicht. Darüber hinaus verfügt ExxonMobil über eigeneSöldnerarmeen, größer und besser ausgerüstet als alles, was – etwa im Tschad – mit Unterstützung der CIA auf die Beine gestellt werden könne. Im Niger-Delta stellte der Konzern der nigerianischen Marine Boote zur Verfügung, rekrutierte, bezahlte und bewaffnete Militär- und Polizeieinheiten. Das Buch beschreibt also »die inneren Abläufe einer der größten Konzentrationen nicht demokratisch gewählter Macht in der westlichen Welt«, schreibt der Rezensent. Und wie diese Macht ausgeübt wird, sei von größter Bedeutung in einer Welt, in der Ölkonzerne diese entscheidende Rolle in einer Karbon-Ökonomie spielen, von der wir alle abhängen. Aber es ist ja nicht nur das Öl.
    Und wo bleiben hier unsere Milliardäre? Sie haben, vor allem wenn man die dazwischengeschaltete Wealth-Management-Industrie beachtet, mit diesen Corporate Networks und ihrer imperialen Ausgestaltung ja nicht unmittelbar etwas zu tun. Wenn Beaverstock der »Transnational Capitalist Class« noch eins draufsetzt, eine »Superklasse«, so ist er sicher auf der richtigen Spur. Was diese Individuen kennzeichnet, ist eben die durch Superreichtum ermöglichte extreme Privatheit oberhalb des alltäglichen Machtgeschachers. Und genau deshalb befindet sich diese Schicht bereits in einer Lage der sozusagen zwanglosen Transformation, in der man sich auch schon jenseits des Kapitalismus befinden kann – wie immer »kapitalismusbasiert« diese Position auch ist. So repräsentiert Superreichtum – ähnlich darin der »Weltkunst« – so etwas wie eine epochenübergreifende Konstante aller bisherigen Klassengesellschaften. Doch es bleibt, um unkontrollierte Macht zu verhindern, nichts anderes übrig, als jene konkreten, individuellen, privaten Imperien der Gegenwart so zu durchleuchten, wie das einst die Voltaires und Beaumarchais’ des achtzehnten Jahrhunderts mit der Aristokratie taten. Das ist ein Interesse, ein Forschungsinteresse, dem in unserem vernetzten, informationsgesellschaftlichen Milieu jede und jeder nachgehen kann.
    Mäzene, Think-Tanks, Stiftungen
    Viele Think-Tanks und Stiftungen sind altertümliche, quasifeudale Gebilde und keineswegs Beispiele für glänzende, moderne Netzwerke. Inden USA werden Think-Tanks immer mehr zu Bastionen im Kampf zwischen konservativen und liberalen Milliardären um Einfluss auf die Außen- und Innenpolitik. Nicht zuletzt das 1921 gegründete »Council on Foreign Relations« (CFR) in New York dient den superreichen liberalen Laiendenkern des US-amerikanischen Establishments als außenpolitische Bildungsinstitution und Einflussbasis. Personen aus dem Umfeld des CFR wie der Hedge-Fonds-Milliardär George Soros hatten schon 1998 eine Lobbygruppe namens »MoveOn« gegründet, die sich unter anderem gegen den Irak-Krieg engagierte. Die konservativen Milliardäre betreiben eigene Denk-Supertanker wie das »American Enterprise Institute«. Und sie schufen als Gegengewicht zu »MoveOn« die Gruppe »Freedom’s Watch«. Deren Ziel ist es unter anderem, eine harte Linie gegen den Iran zu fahren und eine aggressive Außenpolitik fortzusetzen.
    In Europa verhinderte der Kalte Krieg lange Zeit, dass wie in den USA ein Szenario miteinander verzahnter Denkfabriken, Eliteuniversitäten und politischer Stiftungen entstehen konnte. Die westdeutschen Führungseliten beispielsweise wurden von entsprechenden Einrichtungen in Washington mit Rat und Tat versorgt. Man denke an die Rolle der Ford- und Rockefeller-Foundations, an die Ausbildung unserer akademischen Elite in Yale, Harvard, Stanford und so weiter. In der Phase der sogenannten Umgestaltung Osteuropas nach 1989 steigerte sich der Einfluss dieser Organisationen. Da war zunächst kein Platz für eine eigenständige Beratungskultur. Zudem waren die europäischen Formen der Politikberatung noch immer durch aristokratische Modelle, geradezu durch eine höfische Kultur der grauen Eminenzen und Geheimräte geprägt. In den

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