Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
01 - Der Ring der Nibelungen

01 - Der Ring der Nibelungen

Titel: 01 - Der Ring der Nibelungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
auf die Schulter sein Wohlwollen bezeugen.
    Giselher griff den Schmied, der sich als Siegfried zu erkennen gegeben hatte, ohne jegliche Tändelei an. Seine hölzerne Waffe stieß Siegfrieds Oberkörper dreimal, bevor dieser überhaupt reagieren konnte. Er stolperte einen Schritt zurück, von der Geschwindigkeit seines Gegners überrascht. Giselher lachte.
    Siegfried wollte nun selber angreifen, aber der Kronprinz parierte mit einer lässigen Halbdrehung und ließ den Schmied ins Leere laufen.
    Gernot hatte daran gedacht, seine Schwester zu holen, aber mittlerweile sah es nicht so aus, als würde noch etwas zu sehen sein, wenn er mit Kriemhild zurückkam.
    Siegfried holte erneut mit seinem Schwert aus, aber er verfehlte den wendigen Giselher, der ihm einen Tritt in den Hintern verpasste. Siegfried ging zu Boden.
    Der Hofstaat lachte, und Gundomar grinste. Nur der ältere Schmied und Siegfried lachten nicht. Es war ein boshaftes, schadenfrohes Gelächter - aber es war auch das erste Lachen, das seit Monaten hier zu hören gewesen war.
    Siegfried rappelte sich auf, sichtlich wütend auf sich selbst. Er blickte die Waffe in seiner Hand an - und warf sie weg.
    »So leicht gibst du auf?«, hörte Gernot seinen Bruder höhnen. »Es scheint, du tätest besser daran, Schwerter zu schmieden, als sie zu führen!« So viel stand fest - Großmut war keine der Stärken des ältesten Sohnes von Gundomar von Burgund.
    Wie ein Bär stürzte sich Siegfried auf Giselher, die Arme hochgerissen und die Hände zu Fäusten geballt. Sein Körper rammte den Kronprinzen, noch bevor dieser sein Holzschwert auch nur angehoben hatte. Sie krachten hart auf die Erde, und das Gewicht Siegfrieds auf seinem Oberkörper trieb Giselher die Luft aus den Lungen. Aber er war ein ausgebildeter Kämpfer und stellte sich schnell auf die neue Lage ein. Er drehte ein Bein unter Siegfrieds Körper hervor und hebelte seinen Gegner damit zur Seite. Der junge Schmied landete auf dem Bauch, und Giselher nutzte die Gelegenheit, die Oberhand zu gewinnen. Er sprang auf und warf sich mit den Knien auf die Schulterblätter Siegfrieds. Seine Hände packten den Hals des Gegners und drückten zu.
    Die spielerische Freude, mit der Giselher in den Kampf gegangen war, war nun vergessen. Wilder Siegeswille stand in seinen Augen, und aus dem Training war schlagartig ein Kampf um sein Ansehen als Führer seiner Männer geworden.
    Gernot sah gebannt zu, wie der junge Schmied sich seinem Schicksal zu ergeben schien und flach auf dem Boden liegen blieb. Doch er hatte das Gefühl, damit noch nicht das Ende des Kampfes gesehen zu haben.
    Und richtig - nach kaum zwei Herzschlägen drückte Siegfried ruckartig seinen Rücken durch und machte einen Buckel wie eine Katze. Giselher wurde in die Luft geschleudert, und seine Hände ließen Siegfrieds Hals los.
    Es war, als würden sich die Geschehnisse verlangsamen, damit jeder am Hofe im Detail verfolgen konnte, wie der junge Schmied sich dem Thronfolger widersetzte. Noch während Giselher in der Luft schwebte, warf sich Siegfried auf den Rücken und riss beide Fäuste hoch. Sie trafen den Kronprinzen in den Magen.
    Gernot glaubte nicht daran, dass gemeinsames Blut ein unzertrennliches Band war, aber in diesem Augenblick hatte er das Gefühl, den tosenden Schmerz in Giselher selbst spüren zu können.
    Aus dem Augenwinkel nahm er wahr, dass Hagen seinem Vater wieder etwas ins Ohr flüsterte, während seine Hand schon auf dem Knauf seines mächtigen Breitschwerts lag. Doch Gundomar zischte eine Antwort, die jeden Eingriff in den Kampf unterband.
    Rückwärts stolpernd versuchte Giselher, wieder in eine gute Ausgangsposition zu kommen. Er übergab sich, und unter die breiige Masse mischte sich Blut. Siegfried war ebenfalls sichtlich angeschlagen, aber sein Kampfgeist war ungebrochen. Er wälzte sich herum und hockte schwer atmend im Staub. Sein Blick streifte den älteren Schmied.
    Gernot fragte sich, ob er der Einzige war, der bemerkte, dass Regin seinem Ziehsohn mit der Hand ein unauffälliges Zeichen gab, den Kampf an dieser Stelle enden zu lassen.
    Reihum blickte Siegfried den König, seine Gefolgsleute und schließlich Giselher an. Sie wollten diesen Kampf, wollten die Entscheidung. Doch er ließ einfach die Schultern hängen und drückte seine Handflächen auf den Boden.
    Ein missmutiges Raunen ging durch den Hofstaat, während Giselher müde grinsend eine Faust gen Himmel reckte. Ein Diener brachte ihm Wasser und einen Lappen.

Weitere Kostenlose Bücher