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01 - Der Ring der Nibelungen

01 - Der Ring der Nibelungen

Titel: 01 - Der Ring der Nibelungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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seinem Vater.
     
    Kriemhild lag in ihrem weißen Kleid, das ihre schlanken Schultern freiließ, auf dem Bett in ihrem Zimmer. Ihr blondes Haar fiel in lockigen Wellen über die Kissen. Ihr Blick spielte mit den Schwalben, die vor dem Fenster im Wind tanzten. Wenn Langeweile ein Schmerz war - dann drohte die Prinzessin an ihm zu sterben.
    Der burgundische Hof war die Heimstatt von Männern, Kriegern allesamt. Wenn sie sprachen, dann laut. Wenn sie handelten, dann zum Zwecke des Blutvergießens. Seit Faf-nir über das Land gekommen war, hatte es sich noch verschlimmert. Frauen waren nur noch willkommen, um Wein und Bier zu bringen, während die großen Strategen neue Wege suchten, der Bedrohung Herr zu werden.
    Und Kriemhilds Aussichten, vielleicht doch einen Mann zu finden, der ihr in Bildung und Gesinnung ebenbürtig war, schienen sich verflüchtigt zu haben. Gundomar bestand darauf, dass sie sich einen Freier erwählte, dessen Gold und Soldaten die schwindenden Vorräte Burgunds auffüllten.
    Manchmal wünschte Kriemhild, mit der gleichen tumben Lebensfreude wie Giselher auf die Welt gekommen zu sein. Er sah mit seinen beiden Augen weniger als Hagen mit einem, aber es machte ihm nichts aus. Im Gegenteil: Sein schlichtes Kriegergemüt war wie geschaffen, seinem Vater auf den Thron nachzufolgen.
    Die Tür zu ihrem Gemach flog auf, und Gernot stürmte herein. Er war der Einzige, der nicht anzuklopfen brauchte, weil er der Einzige war, vor dem Kriemhild keine Geheimnisse hatte. Sie waren mehr als Geschwister - sie waren Verbündete.
    »Du hättest es sehen müssen!«, keuchte Gernot begeistert. »Giselher . . . er . . . er . . . «
    »Hat wieder einmal bewiesen, was für ein wackerer Kämpfer er ist?«, vollendete sie den Satz des atemlosen Jungen.
    Gernot schüttelte den Kopf. »Er hat . . . fast hätte er verloren! Es ist dieser neue Schmied. Siegfried. Du hättest ihn sehen sollen!«
    Kriemhild setzte sich auf. Ihre Neugier war geweckt, aber sie hatte die Fähigkeit, Gleichgültigkeit und Langeweile vorzutäuschen, über die Jahre perfektioniert. »Sieh an - der Hahn fürchtet um die Vormacht im Stall? Ich denke nicht, dass Giselher glücklich sein dürfte.«
    Gernot grinste. »Er sah aus, als habe ihm jemand in den Kelch gespuckt.«
    »Zugegeben, das hätte ich gerne gesehen«, murmelte Kriemhild.
    »Siegfried wird heute Abend beim Festmahl dabei sein«, erzählte Gernot. »Vater hat ihn eingeladen.«
    Kriemhild stand auf und ging zum Fenster. Im abnehmenden Licht des Tages sah sie die beiden Neuankömmlinge, die beim Wassertrog standen und ihre nackten Oberkörper wuschen. Es war offensichtlich, wen Gernot gemeint hatte. Siegfrieds Muskeln glänzten feucht, und sein breiter Rücken spannte sich, als er den Schmutz von seinen Schultern rieb. Er bespritzte den älteren Schmied mit Wasser und hatte in seiner spielerischen Art so gar nichts von den zornigen Kriegern, die sonst am Hof herumlungerten.
    »Ist er das?«, fragte sie so beiläufig wie möglich.
    Gernot trat neben sie und nickte. »Das ist er.«

    »Vielleicht sollte ich mich mit ihm unterhalten - das würde Giselher noch deutlich mehr ärgern«, sagte Kriemhild.
    Gernot sah seine Schwester überrascht an. Es kam nicht oft vor, dass sie bereitwillig mit Männern sprach, denen sie nicht durch Blut verwandt war. »Ich denke, auch Vater könnte das missverstehen. Du hast die meisten deiner Freier nicht einmal angesehen. Und morgen erwarten wir Etzel, den Sohn Mundzuks, als Gast in Burgund.«
    Kriemhild stöhnte und ging wieder zu ihrem Bett zurück. »Ein Hunne! Ich soll einen Hunnen heiraten? Ein Volk, das weder weiche Betten noch steinerne Häuser kennt! Heiden, die Bücher ebenso verachten wie Musik!«
    »Mundzuk herrscht über ein mächtiges Reich im Osten, und Schutz an dieser Flanke könnte von großer Bedeutung sein, wenn Hjalmar entscheidet, sein Reich um Burgund zu erweitern«, erklärte Gernot vorsichtig. Er wollte auch nicht, dass Kriemhild als Braut eines wilden Stammesführers Worms verließ, aber Ehen waren keine Frage von Liebe und Gefallen.
    »Du klingst wie Gunther«, entgegnete Kriemhild missmutig. »Alles ist Politik, alles ist Strategie.«
    Gernot setzte sich zu ihr auf das Bett. »Nicht alles. Aber denk an Fafnir und Hjalmar - das Reich braucht Verbündete in der Not. Die sind mit einer schönen Prinzessin leichter zu bezwingen als mit dem Schwert. Und keine ist schöner als Kriemhild von Burgund.«
    Kriemhild strich ihm lächelnd übers

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