01 - Der Ring der Nibelungen
Dienst der guten Sache zu stellen. Wir können euch Schwerter und Lanzen schmieden, denen auch der Leib des Drachen nicht widerstehen wird!«, fügte Siegfried entschieden hinzu.
Damit hatte er Regins Pläne, ohne viel Aufsehen aus Burgund abzureisen, zunichte gemacht. Nun lag die Entscheidung bei Gunther, und es war nicht ihr Recht, seinem Willen zu widersprechen.
Gunther kratzte sich am Kinnbart. »Nun, in der Tat mangelt es uns an tüchtigen Hofschmieden - in Friedenszeiten konnten wir uns gut der Handwerker von Worms bedienen, aber deren Waffen waren stets nur von bestenfalls brauchbarer Qualität. Und die notwendigen Werkzeuge und Erze könnte ich eilig herbeischaffen lassen . . . «
Begeistert streckte Siegfried die Hand vor. »Dann ist es entschieden - lasst uns einschlagen, den Pakt zu besiegeln!«
Das Knirschen von Regins Zähnen war deutlich zu hören, als Siegfried und Gunther einander die Unterarme um-fassten. Sie schlossen den Pakt - und begannen etwas wie eine Freundschaft, so viel war deutlich zu sehen.
Der Prinz lächelte zufrieden. »Es wird euer Schaden nicht sein. Den Ruhm von Burgund zu mehren heißt, euren Ruhm zu mehren.« Er nickte Regin zu und ging davon.
Siegfried wurde nun langsam bewusst, dass er seinen Ziehvater überrumpelt und vor den Kopf gestoßen hatte. »Regin, ich . . . «
»Du hast bewiesen, dass du genauso dumm und ungestüm bist, wie ich es dir soeben vorwarf«, zischte der Schmied. »Nun sind die Nöte Burgunds auch unsere Sorgen.«
Siegfried sah betreten zu Boden. »Ich könnte verstehen, wenn du ohne mich nach Hause zurückreisen würdest . . . «
Regin schlug ihm mit der flachen Hand auf den Hinterkopf. »Und verpassen, wie du dich mit deinem Versprechen, die besten Schwerter und Lanzen zu schmieden, auf die Nase legst? Keinem Drachen dieser Welt, ob Lindwurm oder Frauenzimmer, wird das gelingen.«
Siegfried grinste nun unsicher. »Dann wirst du mir helfen?«
Regin hielt Siegfried den Zeigefinger unter die Nase. »Unter zwei Bedingungen.«
Der junge Schmied nickte ungeduldig. »Ja, ja - ich lasse Kriemhild in Ruhe, und den Drachen wird der König töten. Ich verspreche es dir im Namen der Götter - und dieses seltsamen Gottes, den die Burgunder verehren.« Er ging davon, um den Karren wieder abzuladen.
»Und bevor die Mondscheibe rund ist, wirst du beide Versprechen gebrochen haben«, murmelte Regin so leise, dass nur er es hören konnte. Um das zu wissen, brauchte er nicht die Weisheit der Götter. Es genügte, den Hunger in Siegfrieds Augen zu sehen.
Geplärre ertönte von jenseits des Burgtors, und nach kurzer Zeit wurde geöffnet. Herein kam eine Familie einfacher Herkunft, Bauern vielleicht. Grobe Kleidung, grobe Gesichter und grobe Hände, auf denen der Vater des Haufens etwas trug, das Regin zuerst nicht ausmachen konnte.
Sie waren zu sechst, ein Ehepaar und vier Kinder. Ein kleiner Köter lief ihnen hinterher. Sie rannten in panischer Hast auf den Hauptsaal zu, aber die Wachen verweigerten den Eintritt. Wieder gab es lautstarkes Gekeife, und die Frau warf sich schreiend auf die steinernen Stufen.
Siegfried hatte nie zuvor einen solchen Ausdruck von Leid in einem Gesicht gesehen. Doch im Gegensatz zu den Soldaten am Tor ließen sich die Wachen vor dem Portal nicht drängen und senkten bedrohlich ihre Lanzen nach vorn. Schließlich trat Giselher aus dem Portal, angelockt und verärgert von der unerwarteten Störung.
Siegfried und Regin waren nun neugierig genug, etwas näher heranzugehen, um zu sehen, was sich hier abspielte.
»Ein Kind!«, schrie der Bauer, und auch ihm rannen Tränen die Wangen herab. »Ein Kind nur, Herr!«
Giselher, der mit dem Schwert ungleich besser umgehen konnte als mit Worten, hob abwehrend die Hände und versuchte vergebens, etwas Ruhe zu erhalten. »Es reicht! Für dieses Theater sollte ich euch in das Verlies werfen lassen! Was ist denn überhaupt los?«
Der Mann legte ein schwarzes, brüchiges Bündel dem Kronprinzen zu Füßen.
Siegfried reckte den Hals, und was er erkannte, wollte er gleich wieder aus seinem Kopf verbannen.
Es war mitnichten eine sechsköpfige Familie. Der Bauer und seine Frau hatten fünf Kinder in die Welt gesetzt. Und eines lag nun auf dem kalten Stein, wenig mehr noch als ein verkohlter Batzen.
Eine Hofdame, die abseits stand, fiel in Ohnmacht, und nur durch Glück war ein Wächter zur Stelle, sie aufzufangen. Selbst Giselher, im Kampf die Grausamkeit gewohnt, hielt sich den Handrücken vor
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