01 - Der Ring der Nibelungen
Schmiede wird man mich selten finden.« Es fiel ihr schwer, nicht verräterisch benommen zu wirken.
»Auch mich treibt es nicht in die vom Schweiß geschwängerte Luft des Kampfes«, sagte Gernot. »Überall ist nur noch die Rede von Ungeheuern, Krieg und Tod. Ich wünschte, es brächen wieder bessere Zeiten für Burgund an. Ist dir aufgefallen, dass Vater nicht einmal mehr am heiligen Sonntag die Glocke der Kirche läuten lässt, um Fafnir nicht zu reizen?«
Kriemhild nickte abwesend. »Es scheint, als wäre die Verkündung freudiger Ereignisse wie Geburt und Hochzeit ein Wagnis, das einzugehen wir zu feige geworden sind.«
»Eine Schande vor dem Herrn - zumal demnächst der Tross des Prinzen Etzel erwartet wird«, erinnerte sie ihr Bruder. »Nach dem, was man so hört, wäre er der ideale Gemahl für dich - und für Burgund.«
Kriemhild stöhnte, rau in die Wirklichkeit zurückgezerrt. »Bitte, Gernot, versprich mir, dass du nicht auch noch diese unsägliche Drängelei beginnst, mit der mich Vater seit zwei Jahren verfolgt.«
Er lachte. »Nichts liegt mir ferner - was sollte ich den lieben langen Tag in Burgund tun, wenn du am Hofe deines Mannes weilst? Nein, wenn es nach mir geht, kannst du dich vor jedem Freier in deinem Gemach verstecken.«
Auch die Prinzessin lachte. »Dann steht aber auch dir der Gang zum Altar nicht frei - wie die Schlange Hagen nicht müde wird, zu warnen.«
Gernot winkte ab. »Da scheint uns das Schicksal zu einen - auch ich wüsste nicht, wen ich heiraten sollte. Breite Hüften und rosige Wangen mag es bei Hofe geben, aber was nützt es, wenn ich mir Wachs in die Ohren stopfen muss, sobald eines der dummen Weibsbilder den Mund aufmacht?«
Gernots Pferd scheute und bäumte sich auf. Er zwang es wieder unter seinen Willen und sah sich überrascht um. Im Schatten einer alten Eiche entdeckte er Elsa. Sie stand in einem dunklen, einfachen Kleid da, mit Pilzen und Kräutern in einem Tuch, das sie an den Enden wie einen Beutel hielt. Wie ein Reh vor dem Jäger schien sie unfähig, sich zu bewegen.
»Wie lange hast du uns schon zugehört?«, verlangte Kriemhild zu wissen. Als Tochter Hagens war das Mädchen für sie ein Paar Ohren zu viel.
»Ich habe nicht gelauscht, Prinzessin«, stammelte Elsa nun. »Ich war hier, um Gaben des Waldes zu sammeln.«
Wie zur Bestätigung hielt sie das Tuch mit den Pilzen und Kräutern hoch.
»Braust du magische Tränke - wie es die Leute deines Vaters tun?«, fragte Kriemhild scharf. Es war bekannt, dass Hagen und andere Heiden immer noch versuchten, durch alten Zauber den Vormarsch des Christentums aufzuhalten.
Elsa schüttelte trotzig den Kopf. »Nur eine Suppe.«
Immer wieder flackerte ihr Blick Hilfe suchend zu Gernot, der schließlich eingriff. »Schon gut, Elsa. Ich hoffe, wir haben dich nicht erschreckt.«
Hagens Tochter verbeugte sich knapp und verschwand hastig im Wald.
»Mit den breiten Hüften und rosigen Wangen hast du hoffentlich nicht sie gemeint, oder?«, fragte Kriemhild spöttisch.
Gernot fand die Bemerkung nicht komisch. »Lass sie in Ruhe. Elsa trägt schwer an ihrer Abstammung, und sie ist eine gute Seele. In ihrem Kopf geht vieles vor - und manchmal frage ich mich, was das ist.«
»Ganz der Vater«, meinte Kriemhild verächtlich.
Gernot zupfte am Zügel seines Pferdes. »Wir sollten wieder zur Burg zurückreiten.«
Es überraschte Kriemhild, dass ihr Bruder so empfindlich reagierte.
Sie sprachen nicht mehr viel auf dem Rückweg. Kriemhild und Gernot schienen beide ihren Gedanken nachzuhängen, in denen Siegfried und Elsa sie begleiteten.
Es war eine gute Schmiede - klein, aber nach Gunthers Anweisung mit Bedacht und Sorgfalt ausgebaut. In einem steinernen Bau in der östlichen Ecke des Hofes gelegen, konnten Siegfried und Regin ihre Arbeit im Dienste des Königs beginnen.
Man gewöhnte sich bei Hofe so schnell an die beiden neuen Schmiede, wie Regin und Siegfried sich an das bunte, aber immer noch gedämpfte Treiben Burgunds gewöhnten. Die Nächte verbrachten sie in dem Kellerraum, der ihnen am ersten Tage zugeteilt worden war, und Speisen fielen reichlich für sie ab.
Gundomar hatte seine Soldaten angewiesen, ihre Waffen begutachten zu lassen, und wie Regin es befürchtet hatte, waren die Schwerter, Dolche und Lanzen nicht in guter Verfassung. Ihr Schliff war uneben, die Griffe zu schwer, und so manches Mal war die Klinge so dick, als hätten die Schmiede von Worms es vermeiden wollen, ihre Hämmer abzunutzen.
Sie
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