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01 - Der Ring der Nibelungen

01 - Der Ring der Nibelungen

Titel: 01 - Der Ring der Nibelungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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nicht, was nicht dein!
    Siegfried sah ein, dass ihm die körperlosen Stimmen ihre wahren Beweggründe nicht verraten wollten. Wütend griff er den Helm und den Ring und trat aus dem Brunnen.
    Er nimmt, was nicht sein!
    Um Nothung aufzunehmen, musste Siegfried eine Hand freihaben, also setzte er den leichten Helm kurz entschlossen auf sein nasses Haar. Es prickelte.
    Er griff nach seinem Schwert und hob es hoch. Es dauerte einen Herzschlag, bis er erkannte, was geschah: Nothung hing in der Luft, wie von unsichtbaren Fäden gehalten! Und das, obwohl Siegfried seine Finger an dem weichen Leder des Griffs spüren konnte.
    Eine Täuschung? Ein Versuch der Stimmen, ihn durch Trugbilder zu ängstigen? Er sah an sich herunter - und dabei durch sich hindurch. Er kniff die Augen zusammen, aber sein Körper blieb ein vages Flimmern, fließendes Glas, klares Wasser ohne ein Gefäß.
    Er war - unsichtbar?!
    Erschrocken hob er das Schwert, als wäre es ein Angriff, gegen den es sich zu verteidigen galt. Wie Nebel im Sonnenlicht löste sich nun auch Nothung auf, ohne das Gewicht in seiner Hand zu verlieren.
    Er nutzt, was nicht sein!
    Die Stimmen schienen nun schriller, verstört und beunruhigt. Nutzen, was nicht sein? Siegfried versuchte die Worte mit dem Geschehen in Einklang zu bringen. Er hatte doch nur den Helm aufgesetzt...
    Der junge Krieger nahm das goldene Geflecht wieder von seinem Kopf, und flackernd wie ein sich am Feuer entzündender Ast erschien seine Gestalt wieder, auf dem Gold hundertfach gespiegelt.
    Siegfried blickte den Helm in seiner Hand an. »Ein Helm, der mich vor den Blicken meiner Feinde zu verbergen weiß? Mehr als Gold ist mir das wert.«
    Der Nibelungen Schatz ist niemandes Glück  . . . 
    »Die Nibelungen? Seid ihr das?«, rief Siegfried hallend in den Dom. »Dann hört meine Worte - der Bezwinger des Drachen hat das Recht auf seinen Lohn. Doch ich will nicht, dass man mich einen Dieb schimpft. Was ich brauche, werde ich nehmen - und es zurückbringen, wenn es mich auf den Thron von Xanten gebracht hat. Darauf mein Wort!«
    Nimm nicht, was nicht dein!
    Siegfried war der vagen Reden müde und steckte den Ring an den kleinen Finger seiner linken Hand. Im Gegensatz zum Helm schien kein Zauber durch den Ring zu wirken. Trotzdem fiel es Siegfried keine Sekunde lang ein, ihn den plärrenden Nibelungen zu überlassen. Er hob seine Faust stolz zur Decke. »Mein Ring - meine Macht! Bis ich die Krone von Xanten trage!«
    Und wie einer Krone wird die Gier ihm folgen  . . . 
    Siegfried hörte nicht mehr auf die Unheil verkündenden Stimmen. Er legte den Tarnhelm und Nothung beiseite, um sich vor der Höhle Holz für einen Karren oder Schlitten zu suchen, auf dem er seinen neuen Reichtum nach Worms bringen konnte.
    Was er nimmt, wird er nicht mehr zurückbringen  . . .  können  . . . 
     
     
8
     
Gunther und die Ruhe vor dem Sturm
     

     
    Es war ein rechtes Fest in Worms, die Straßen farbig geschmückt wie lange nicht mehr und mit Speis und Trank für alle, die Gunthers Krönung feiern wollten. Die Burg hatte ihre Keller geöffnet, und Wein floss reichlich zu Brot, Fisch und Fleisch. Es wurden die alten Melodien gezupft, gepfiffen und gesungen, und selbst auf den Straßen wurde getanzt. Gaukler und Feuerschlucker begeisterten mit ihren Darbietungen die Bürger, und Kinder lauschten wilden Geschichten aus fernen Ländern.
    Selbst das Wetter war dem Ereignis angemessen, und warme Sonnenstrahlen leuchteten auf glückliche Gesichter.
    Als die große Glocke dreimal läutete, kehrte Ruhe ein, und jeder Mann und jede Frau begab sich auf den Weg zur Kirche, in der der Bischof den Prinzen zum König salbte.
    Das Volk blieb auf der Straße, duldsam auf den Herrscher wartend, während ihm im Gotteshaus die Krone auf das Haupt gesetzt wurde. Es war verfügt worden, dass keine Trompeten und Verkünder die Krönung begleiten durften. Gunther hatte sich eine ehrfürchtige Zeremonie erbeten, gleichzeitig des Vaters und des Bruders gedenkend.
    Siegfried hatte die Glocken gehört, kurz bevor er die Stadtmauern erreichte. Zufrieden stellte er fest, dass er die Frist, die Hagen ihm gesetzt hatte, eingehalten hatte.
    Das Bad im Brunnen der Höhle hatte seinen Nutzen in den Mühen der vorherigen Nacht, die Last durch den Wald nach Worms zu ziehen, bereits verloren. Siegfried war von Dreck, Asche und Schweiß bedeckt, der mangelnde Schlaf der letzten zwei Tage umränderte seine Augen rot. Doch sein Herz war frisch und

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