01- Die Normannenbraut
verraten.«
»O nein!« beteuerte sie flehend. »Sie wollte nur ihr Kind retten - und ihren Mann. jetzt befindet sie sich in den Händen der Dänen.«
Er stieß einen wilden Fluch aus, dann kehrte er ihr den Rücken, und sie sah den tiefen Kummer in seinen Augen nicht. »Sigurd! Schickt Männer nach Norden und Süden, nach Tara und Ulster! Diesmal wird Friggid sterben. Nie mehr soll dieses Land unter ihm leiden.«
Mergwin, der am Herd saß, schaute sorgenvoll auf. Wusste der Wikingerwolf, dass er längst ein Ire geworden war? Und erkannte er den Wert des Schatzes, den er besaß? Doch darauf kam es vorerst nicht an. Nur eins zählte - der Wolf würde dem Dänen folgen, um Erin zu retten. Hoffentlich war es nicht zu spät …
Eindringlich betete der Druide zu seinen alten Göttern. Die Vision eines Feuers erschien vor sein ein geistigen Auge, und wieder einmal erfasste ihn namenlose Angst.
Kapitel 25
Die Tage dehnten sich zu Wochen. Immer noch ritten sie vom Morgengrauen bis zum Sonnenuntergang. Anfangs dachte Erin, die anstrengende Reise in den Osten würde sie umbringen. Doch sie war stärker, als sie geglaubt hatte.
Jeden Tag rechnete Friggid ihr spöttisch vor, wie lange er noch warten musste, bis er sich an seiner Beute erfreuen konnte. Die Zeit lief ihr davon, und von Olaf war nichts zu sehen. Oder folgte er ihr gar nicht? Fand er, sie hätte ihn einmal zuviel verraten? Hatte er entschieden, es wäre besser, seine Frau, dieses ständige Ärgernis, loszuwerden.
Schmerzlich vermisste sie ihr Baby, tröstete sich aber mit dem Gedanken, dass es bei seinem Vater in guten Händen war und von allen Bewohnern der Residenz geliebt wurde.
Die Dänen behandelten sie nicht grausam, erkannten sie als Friggids Eigentum an und ließen sie in Ruhe. Manche begegneten ihr sogar sehr freundlich und respektierten ihre Tapferkeit.
Nach neunzehn Tagen erreichten sie endlich das Ziel, eine Siedlung, die eben erst errichtet wurde. Schweren Herzens sah Erin, dass Friggid viel mehr Männer zur Verfügung standen, als sie angenommen hatte.
Die Siedlung entstand an der Stelle eines teilweise niedergebrannten irischen Dorfs. Das erkannte Erin an vereinzelten Hütten aus Flechtwerk, mit Lehm beworfen, die sich immer noch zwischen den Bauwerken der dänischen Eindringlinge zeigten. Hohe Erdwälle und Zäune aus gekreuzten Baumstämmen umgaben das Lager. In der Mitte erhob sich ein Podest, und Erin fragte sich, welch makabre Strafmaßnahmen Friggid dort ergreifen mochte.
Während sie sich umschaute, kam er zu ihr. »Euer Wolf ist spät dran, Königin, falls er überhaupt erscheint. In ein paar Tagen ist meine Festung uneinnehmbar. Folgt mir!« Er hob sie vom Pferd und führte sie in die größte Behausung nahe dem seltsamen Podest. Der Architektur nach glich sie Olafs Residenz, war aber viel kleiner, Der Däne schob Erin in eine Kammer am Treppenabsatz. »Genießt die letzte Nacht, die ihr allein verbringen werdet, Mylady! Die Wartezeit ist zu Ende.« Die Tür fiel ins Schloss, ein schwerer Riegel wurde vorgeschoben.
Verzweifelt warf sich Erin aufs Bett, und die Tränen, die sie während des langen Ritts stets zurückgehalten hatte, begannen nun zu fließen. Schließlich sank sie vor lauter Erschöpfung in einen tiefen, traumlosen Schlaf.
Am Morgen brachten ihr einige Dienstboten eine Mahlzeit, Badewasser und saubere Kleidung. jetzt, wo sie sich einigermaßen ausgeruht fühlte, konnte sie ihre Flucht planen. Tagsüber blieb. die Tür ihrer Kammer unverriegelt. Die Dänen beobachteten/ wie Erin in die Halle hinunterging. Niemand hielt sie auf, und Friggid ließ sich nirgends blicken. Entschlossen eilte sie aus dem Haus, um sich genauer umzusehen. Über die hohen Erdwälle und Zäune konnte sie nicht klettern, aber im Westen bildeten aufragende Klippen eine natürliche Verteidigungsbastion gegen Überraschungsangriffe. Auf diesem Weg musste sie entkommen.
Sie heuchelte Interesse für die Bauarbeiten, wanderte umher, durfte sich offenbar frei bewegen. Friggid ist sich seiner Sache viel zu sicher, dachte sie. Umso leichter werde ich ihm entwischen. Schließlich ging sie auf die Klippen zu, wobei sie verstohlen nach allen Seiten spähte. Bald fand sie einen Weg, der sich nach oben wand . Atemlos erreichte sie einen Gipfel, und ihre Zuversicht wuchs. Offensichtlich brauchte sie nur in westlicher Richtung hinabzusteigen, dann konnte sie sich im Wald verbergen und später Hilfe suchen. Natürlich würde sie die Kälte nur schwer
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