01- Die Normannenbraut
flüsterte die alten Worte, rief die Wolken an und die Erde.
Auf einem kleinen steinernen Altar schlitzte er die Kehle eines Rehkitzes auf und beobachtete, wie die braunen Augen brachen, brachte er ein Lebensopfer dar, sah das Blut fließen.
Der Druide dachte weder an die Vergangenheit noch an die Gegenwart. Er bekämpfte die Spinnweben in seinem Gehirn und versuchte, das Böse zu verstehen, das die Zukunft bringen würde. Aber er sah es nicht wusste nicht, wann es zum Angriff übergehen würde. Nur eins wusste er - in der Nacht geboren, würde es am Tag Kräfte sammeln.
Flehentlich bat er die Erde und den Himmel um Hilfe, die Bäume und die Blätter. Das Rehkitz opferte er dem Erdreich, seine Kräuter dem Wind. Und er betete zu den Mächten, die über die Welt herrschten.
Er betete für Erin.
***
Auf einen Ellbogen gestützt, betrachtete, Olaf das Gesicht seiner Frau. Seine Fingerspitze zog kleine Kreise auf ihrem Bauch. »Von Anfang an war es das Schicksal der Götter eines Tages zu sterben. «
Sie hatte ihm erzählt sie verdanke Rig gewisse Kenntnisse über die nordische Götterwelt. Der Zwerg habe den Beginn des Lebens geschildert, aber nicht dessen Ende.
»Surtur wird die Streitkräfte aus Muspelheim führen, so wie es immer geplant war. Die große Schlacht wird auf dem Feld Vigrid stattfinden. Drei schreckliche Winterzeiten werden den Anfang des Endes ankündigen. Ein gewaltiges Erdbeben erschüttert die Berge, ein Wolf frisst die Sonne, ein anderer den Mond. Fenrir, der bösartigste aller Wölfe, die Feuer atmen, verschlingt Odin. Aber dann wird Vidarr, Odins Sohn, Fenrir schlachten. Thor, der die Midgardschlange stets bekämpft hat, wird sie endlich niedermetzeln, aber dann neun Schritte zurückgehen und am Gift sterben. Surtur wird Freyr töten. « Er machte eine Pause und lächelte sie an. »Unser Fruchtbarkeitsgott heißt Freyr.«
»Das weiß ich. Rig hat es mir erzählt.«
»Und danach wird Surtur die ganze Welt anzünden.«
»Alles wird untergehen?« Erin runzelte die Stirn. Anscheinend hatte Rig seine Erzählung aus dem Grund unterbrochen - damit sie das Ende der Geschichte anderswo hörte.
>ja und nein. Das Feuer wird alles vernichten, aber irgendwann wird die Welt wieder grünen. Eine Tochter der Sonne bringt Licht und Wärme zurück, die Söhne Odins und Thors werden an einem Ort namens Idafeld wohnen und die Erde erneut bevölkern. Und Baldr, der Götterliebling, von seinem Bruder Hod getötet, wird die Welt der Toten verlassen und nach Idafeld kommen - zusammen mit seinem Mörder. Endlich werden sie alle in ewigem Frieden zusammenleben.« Olaf sah seine Frau geheimnisvoll lächeln. »Was hast du?«
»Oh, nichts Besonderes.« Das war es also, was Rig ihr vorenthalten hatte - vielleicht, damit sie es von ihrem Mann erfuhr. Kämpfe wirkten zerstörerisch, aber danach konnte man Frieden finden. An einen unwandelbaren Frieden zwischen den Wikingern und Iren glaubte sie nicht. Vor langer Zeit hatte Mergwin sie gewarnt, weder sie noch ihre Kinder würden das erleben. Aber möglicherweise konnte sie ihren eigenen Frieden genießen. Augenblicke wie dieser mussten ihr Kraft geben, wenn die Welt durcheinandergeriet.
Die Nachmittagssonne schien in die Höhle, und Erin schaute zum Ausgang. »Es hat zu regnen aufgehört.«
»Schon lange«, erwiderte Olaf grinsend. Ihre Blicke trafen sich, und beide lachten. Dann drückte er bedauernd einen Kuss auf ihre Lippen, stand auf und zog sie auf die Beine. »Wir müssen zurückreiten, ehe Sigurd die Wachposten losschickt.«
Erin nickte. Inzwischen waren die Kleider am Feuer getrocknet, und sie zogen sich schweigend an, halfen einander, die Umhänge zurechtzurücken und die Schnallen zu schließen. Ehe sie die Höhle verließen, küssten sie sich ein letztes Mal.
Auf dem Rücktritt beobachtete Erin ihren Mann verstohlen. Wie großartig er aussah … Bedrückt dachte sie, dass er immer noch ein Fremder war. Hoch aufgerichtet im Sattel - wieder ganz der Wolf von Norwegen, der ihr sein Herz und seinen Geist verschloss … Würde sie jemals seinen Panzer durchbrechen können?
Als sie sich der Stadt näherten, wandte er sich zu ihr. Das blaue Eisfeuer war in seine Augen zurückgekehrt.
»Beeil dich!« schrie er. »Während unserer Abwesenheit ist etwas geschehen!«
Verwirrt umklammerte sie die Zügel, während ihre Stute hinter Olafs Hengst hergaloppierte. Der Wind wehte ihr das Haar ins Gesicht. Trotzdem sah sie die Männer, die sich hinter der
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