01 - Die verbotene Oase - Mein neues Leben im Harem der Frauen
„Tanisha hat das Baby doch nicht ganz allein gemacht! Fragt denn niemand danach?“ Sie sah unsere ratlosen Gesichter.
„Ich bekam auch ein Kind, das nicht von meinem Mann war. Und damit lag seiner Meinung nach der Fehler bei mir. Sogar ich habe mich irgendwann schuldig gefühlt. Erst hier habe ich verstanden, dass mein Leben mir gehört und keinem Mann.“ Sie befeuchtete die Lippen der fiebernden Tanisha mit etwas Wasser. „Mama Ada, sag ihr, dass sie hier sicher ist.“
„Das muss ich nicht. Sie spürt es, Efe.“
Keine von uns brachte mehr ein Wort hervor. Wir wussten, was zu tun war.
Mochte Tanishas Fall auch anders sein als Efes und meiner, die Auswirkungen wiesen durchaus Parallelen auf.
Ada und Efe blieben bei Tanisha. Bisi und ich verließen mit dem Baby gerade das Zimmer, als Magdalena vom Unterricht zurückkam. „Wie geht es unserer jungen Mutter?“, fragte sie. „Hat sie sich so weit erholt?“ Ich setzte sie ins Bild.
„Kindbettfieber, wie ist das möglich? Hast du nicht auf Sterilität geachtet, Choga?“ Nun berichtete ich meine Erkenntnisse über den verschmutzten Stofffetzen, mit dem Tanisha selbst in ihrer Hilflosigkeit oder ihrem Unwissen die Krise heraufbeschworen hatte. „Eigentlich müsste sie ja ins Krankenhaus“, überlegte Magdalena, verwarf ihre Überlegung jedoch selbst sofort wieder.
„Bleibt sie hier, stirbt sie, bringen wir sie fort, wird sie zwar mit Antibiotika behandelt aber später ausgepeitscht. Was für ein Irrsinn geht in diesem Land vor!“
„Sie wird nicht sterben“, widersprach Mama Bisi mit fester Stimme. „Choga findet sicher die richtige Medizin. Das Problem ist momentan vielmehr die kleine Faraa. Wir haben keine Muttermilch für sie.“
„In Jeba wird es doch gewiss Trockenmilch geben!“, rief Magdalena.
„Ich fürchte“, sagte ich, „dass wir darauf nicht bauen können.“ Dann erzählte ich, was ich wusste und gesehen hatte.
„Ich werde es trotzdem versuchen“, entgegnete Magdalena. „Ich bin Weiße. Mir werden sie schon nichts tun.“
„Du bist ein guter Mensch“, sagte Mama Bisi. „Aber bedenke, dass du dein Leben aufs Spiel setzt. Du wirst hier gebraucht. Bevor du gehst, möchte ich, dass wir uns beraten. Immerhin haben wir gestern Abend den Beschluss gefasst, dass Tanisha uns verlassen soll.“
„Nach allem, was wir jetzt wissen, könnt ihr das doch nicht mehr aufrechterhalten!“, protestierte Magdalena.
Nach einer schlichten Mahlzeit, mit der sich die vom Mauerbau geschwächten Gefährtinnen gestärkt hatten, stellte Mama Bisi - die kleine Faraa wie zufällig auf dem Arm - die neue Lage dar.
„Gerade jetzt ist die Gefahr groß, dass die Muslime Rache nehmen werden, weil wir ihnen die junge Frau nicht ausgeliefert haben“, trug Mama Ngozi vor.
„Tochter Choga, dein Verhalten ist unverantwortlich. Du bringst uns alle in Gefahr.“
Ich blickte niemanden an, als ich sagte: „Wer Tanisha an ihre Verfolger ausliefert, lässt zu, dass eine Unschuldige so lange verprügelt wird, bis sie vielleicht sogar stirbt. Wer das will, muss das mit sich selbst und Gott ausmachen.“
Da schwieg sogar Mama Ngozi betreten.
Nun machte Magdalena ihren am Morgen mir gegenüber geäußerten Vorschlag, allerdings in einer vereinfachten Variante. „In Zeiten wie diesen halte ich eine Lüge für das geringere Übel. Verglichen mit der Billigung eines Verbrechens“, erklärte sie. „Wenn der liman noch einmal kommen sollte, können wir ihm sagen, dass Tanisha in der Nacht geflohen ist, während alle schliefen.“ Sie blickte in die Runde. „Sie hat gehört, dass wir sie loswerden wollen, und ist heimlich gegangen. Das hat Tanisha, soweit wir wissen, ja schon mal gemacht.
Demnach würde es zu ihr passen.“ama Ada brachte die Sache wieder einmal auf den Punkt:
„Die Fische streiten nicht darum, wie viele Zähne im Maul eines Krokodils sind.“
Es gab keinen Widerspruch, also teilte Magdalena den anderen ihren Entschluss mit, nach Jeba aufzubrechen.
„Du kennst dich dort nicht aus“, erklärte Mama Ngozi. „Ich werde dich begleiten.“
Magdalena fand in der allgemeinen Verblüffung als Erste die Sprache wieder:
„Wirklich? Das ist...“, sie wusste offensichtlich selbst nicht mehr, wie sie sich ausdrücken sollte, „... sehr großherzig von dir“, meinte sie schließlich.
„Kehrt aber bitte um, sobald ihr merkt, dass es dort zu gefährlich ist“, bat ich meine deutsche Schwester nachdrücklich.
„Choga Regina“, entgegnete
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