01 - Die verbotene Oase - Mein neues Leben im Harem der Frauen
denn alle verrückt geworden? Niemand wird irgendwohin gehen. Wir werden eine andere Lösung finden. Es gibt immer eine! Und jetzt gehe ich schlafen. Mir wird schon etwas einfallen.“
Seite an Seite
Mein Blick wanderte über das nach dem vielen Regen satte Grün des Kräutergartens. Die Stauden hatten sich prächtig entwickelt, die Knospen waren kurz davor aufzuplatzen, die ersten Früchte reif. Die Natur war bereit für einen neuen Kreislauf.
Konnte ich all das aufgeben? Zulassen, dass die Schätze, die Mutter Erde für meine Gefährtinnen, ihre Kinder und mich bereithielt, ungenutzt blieben, um ihres und mein Leben zu erhalten? Durfte ich all das opfern für eine ungewisse Zukunft in einer ungeliebten Stadt aus Stein und Blech, Abgasen und Abfällen?
Ich befühlte die Feuchtigkeit des Bodens, rupfte mechanisch Unkraut aus, ohne darüber nachzudenken, wie unsinnig diese Mühe war, wenn ich meine Drohung vom Vorabend wirklich wahr machen wollte.
„Wie geht es dem Baby?“
Ich war so tief in Gedanken versunken, dass ich entsetzt hochschrak. Vor mir stand Fatima. Sie trug ein großes schwarzes Tuch um Kopf und Schultern.
Obwohl der Morgen noch sehr kühl war, lief sie barfuß zwischen den Kräutern hindurch.
„Kind, was tust du hier?“, fragte ich hilflos und blickte mich um. Galt das Verbot des limans auch für diesen Ort? Wir waren allein. Trotzdem fand ich, dass jedes Risiko vermieden werden sollte. „Geh lieber zurück, Fatima. Deine Eltern werden sich Sorgen machen.“
„Meine Mama würde so gern ein Baby haben. Tanisha hat ein Baby. Ist es gesund?“, erkundigte Fatima sich.
„Beiden geht es gut“, beruhigte ich sie. „Mach dir keine Sorgen.“ Plötzlich durchzuckte mich ein Gedanke. „Bist du von selbst gekommen?
Oder hat dich deine Mama wieder zu mir geschickt?“
„Ich habe von dem Baby geträumt“, sagte das Mädchen mit niedergeschlagenen Augen. „Ich habe mich aus dem Haus geschlichen und hinter den Felsen dort auf dich gewartet. Du gehst doch immer hierher.“ Ihre ausdrucksstarken Augen musterten mich fragend. „Mama Choga, warum darf ich nicht mehr mit Josh in die Schule gehen? Habe ich etwas Böses getan?“
„Das ist ganz sicher nicht deine Schuld. Hab ein wenig Geduld, Fatima. Ich bin sicher, dass du bald wieder zu uns kommen kannst“, antwortete ich. Doch im selben Augenblick erschrak ich über meine Worte, da sie von einer Hoffnung sprachen, die ich selbst nicht hatte.
Bevor die Kleine zurücklief, rief sie: „Ich werde wieder hier auf dich warten!“
Ich blickte ihr nach, bis sie hinter den Felsen verschwunden war. Knappe 15
Minuten trennten mich vom Hof der Musas. Dennoch war es eine Ewigkeit.
Ich fragte mich, was mich davon abhielt, einfach zu Musa zu gehen. Wenn er mir verspräche, Tanisha in seinem Haus zu behalten - nicht zu behalten: zu verstecken, korrigierte ich -, könnte ich behaupten, dass die junge Frau fortgegangen sei. Über Fatima könnte ich Kontakt zu ihr halten und ihr Arznei zukommen lassen. Träume? Unrealistische Hirngespinste? Oder eine Hoffnung? Dieser Unsinn konnte doch nicht ewig so weitergehen! Hier war doch früher alles so friedlich gewesen ...
Jemand klopfte an die Tür des Heilhauses. Das konnte nur Magdalena sein; alle anderen riefen meinen Namen und warteten draußen. Ich ließ sie eintreten und fuhr fort, die Kräuter zu zerstampfen. Amaras Prinzipien erschienen mir angesichts all des Durcheinanders mit einem Mal weniger wichtig. „Ich glaube, ich habe die Lösung“, begann meine Schwester. „Ngozi ist eine alte Frau, die Angst hat“, fuhr sie fort, „wäre Tanisha eine Christin, würde sie sich anders verhalten.“ Ich stimmte zu. „Aber so muss dieser Störenfried weg.“ Meine Schwester lächelte hinterhältig. „Sie müsste nur sehen, dass Tanisha geht. Das würde ihr doch schon reichen, oder? Und nun zu diesem Muslimchef. Jetzt stell dir einmal vor, Ngozi erklärt dem im Brustton der Überzeugung, Tanisha wäre fort. Weggeschickt. Als Begründung könntest du sagen: „Sie war kräftig genug, um allein zu gehen. Ich bin Heilerin, wenn die Menschen gehen, hört meine Arbeit auf.“
„Aber wo ist sie dann?“, fragte ich gespannt.
Magdalena umfasste mit einer Geste das Heilhaus. „Na, hier! Du hast doch allen verboten, dein Reich zu betreten.“
„Bisi und Efe sind andauernd in diesem Raum“, wandte ich ein.
Sie grinste frech. „Denen ist ein mildtätiger Schwindel gewiss lieber, als mit dir nach Lagos zu
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