01 - Gnadenlos
und William Grayson gehört hatten. John Terrence Kelly, der UDT-Matrose und wahrscheinlich ein SEAL der Navy gewesen war, war irgendwie auf Pamela Madden gestoßen und hatte sie gerettet. Einige Wochen darauf hatte er Frank Allen angerufen, ihm aber nicht viel gesagt. Irgend etwas war dann arg schief gegangen - kurz gesagt, er war ein Esel gewesen - und Pamela Madden hatte deswegen sterben müssen. Die Fotos der Leiche würde Ryan nie wieder ganz aus dem Gedächtnis tilgen können. Kelly war schwer angeschossen worden. Ein ehemaliger Angehöriger einer Sondereinheit, dessen Freundin brutal ermordet worden war, rief Ryan sich nochmals ins Gedächtnis. Fünf Dealer wurden eliminiert, als wäre James Bond auf den Straßen Baltimores aufgetaucht. Eine zusätzliche Tötung, als der Mörder aus unbekannten Gründen bei einem Straßenraub eingegriffen hatte. Richard Farmer - »Rick«? - war mit einem Messer erledigt worden; das zweite mögliche Anzeichen von Zorn (und das erste zählte nicht, ermahnte sich Ryan). William Grayson war womöglich entführt und umgebracht worden. Wohl gleichzeitig wurde Doris Brown gerettet während einiger Wochen gesund gepflegt und nach Hause gebracht. Das bedeutete doch eine Art von medizinischer Betreuung? Wahrscheinlich. Vielleicht, korrigierte er sich. Der Unsichtbare... hätte er das selbst tun können? Doris war das Mädchen gewesen, das Pamelas Haar glattgebürstet hatte. Das war die Verbindung.
Rekapituliere.
Kelly hatte das Mädchen Pamela gerettet, aber bei ihrer Entwöhnung Hilfe in Anspruch genommen. Professor Rosen und seine Frau, eine weitere Ärztin. Wenn Kelly also Doris Brown findet, zu wem wird er sie dann bringen? Ryan griff zum Telefonhörer.
»Hallo.«
»Doc, hier ist Lieutenant Ryan.«
»Ich wußte gar nicht, daß ich Ihnen meine Durchwahl gegeben habe«, sagte Farber. »Was gibt's?«
»Kennen Sie Sam Rosen?«
»Professor Rosen? Sicher. Er leitet eine Abteilung, kann verteufelt gut mit dem Skalpell umgehen, Weltklasse. Ich sehe ihn nicht sehr oft, aber wenn Sie mal am Kopf operiert werden müssen, dann ist er genau der Richtige.«
»Und seine Frau?« Ryan konnte den Mann an seiner Pfeife ziehen hören.
»Ich kenne sie ziemlich gut. Sie ist Pharmakologin, hat ihre Forschungsstelle gleich gegenüber; sie arbeitet bei unserem Drogenhilfeprojekt mit. Manchmal helfe ich auch bei dieser Gruppe aus, und wir... «
»Danke.« Ryan schnitt ihm das Wort ab. »Noch ein Name: Sandy.«
»Sandy wer?«
»Mehr habe ich nicht«, gab Lieutenant Ryan zu. Er konnte sich Farber nun gut vorstellen, wie er sich mit Denkermiene in seinem wuchtigen Ledersessel nach hinten lehnte.
»Ich möchte mich nur vergewissern, daß ich alles richtig mitbekommen habe, okay? Stellen Sie mir diese Fragen, um im Rahmen einer Ermittlung etwas über zwei Kollegen zu erfahren?«
Ryan überlegte kurz, ob er es sich leisten konnte, zu lügen. Der Mann war Psychiater. Von Berufs wegen forschte er in den Gedanken der Leute herum. Darin war er gut.
»Ja, Doktor, das mache ich«, gab der Beamte nach einer Pause zu, die lang genug war, daß der Psychiater den Grund dafür exakt erraten konnte.
»Sie werden schon noch etwas deutlicher werden müssen«, meinte Farber gelassen. »Sam und ich sind nicht gerade die dicksten Freunde, aber er gehört zu den Leuten, die nie einer Seele was zuleide tun. Und Sarah ist zu diesen verkorksten Kindern, die wir hier haben, wie ein Engel. Dafür verschiebt sie sogar wichtige Forschungsarbeiten, Sachen, mit denen sie sich großes Ansehen erwerben könnte.« Doch da fiel Farber ein, daß sie in den vergangenen Wochen sehr oft nicht dagewesen war.
»Doktor, ich versuche nur, Informationen zu sammeln, ja? Ich habe überhaupt keinen Grund zur Annahme, daß einer der beiden in eine illegale Sache verwickelt ist.« Seine Worte waren zu förmlich, und das wußte er. Vielleicht noch ein anderer Vorstoß. Der war vielleicht sogar ehrlich. »Wenn meine Spekulationen zutreffen, dann könnte ihnen eine Gefahr drohen, von der sie nichts wissen.«
»Geben Sie mir ein paar Minuten Zeit.« Farber unterbrach die Verbindung.
»Nicht schlecht, Em«, sagte Douglas.
Wir fischen im trüben, dachte Ryan, aber zum Teufel, er hatte fast alles andere schon probiert. Die nächsten fünf Minuten, bis das Telefon wieder klingelte, erschienen ihm schrecklich lang.
»Ryan.«
»Farber. In der Neurologie gibt es keine Ärztin dieses Namens. Dafür eine Schwester, Sandra O'Toole. Sie leitet dort
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