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01 - Gnadenlos

01 - Gnadenlos

Titel: 01 - Gnadenlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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Sie wurden alle mitgeschnitten. Das war aber der einzige Ort in den USA, wo das der Fall war. Dennoch gab es für das, was er vorhatte, ein Verfahren. Er hätte es sich offiziell absegnen lassen müssen. Er hätte es mit dem Sektionschef besprechen sollen, dann mit einem Direktoriumsmitglied; es hätte gut den ganzen Weg bis zum »Großen Büro« im siebten Stock gehen können. Ritter wollte nicht so lange warten, nicht, wenn Menschenleben auf dem Spiel standen. Er nahm sich einen Tag frei, schützte ganz plausibel vor, er brauchte die Zeit, um sich von der Reise zu erholen. So entschloß er sich, in die Stadt zu fahren, und wählte das Smithsonian Museum für Naturgeschichte aus. Er ging am Elefanten in der Vorhalle vorbei und konsultierte die Orientierungstafel an der Wand, um die öffentlichen Telefone zu finden. Dort warf er seine Münze ein und rief die Nummer 347 1347 an. Das war beinahe schon ein im Amt geläufiger Scherz. Jene Nummer verband ihn mit einem Telefon auf dem Schreibtisch des KGB Rezident, dem Dienststellenleiter für Washington, D.C. Sie wußten es und wußten auch, daß die betreffenden Kreise ebenfalls wußten, daß sie es wußten. Die Spionagearbeit konnte ganz schön manieriert sein, sagte sich Ritter.
    »Ja«, meldete sich eine Stimme. Ritter machte das zum erstenmal; er erlebte eine ganze Reihe neuartiger Empfindungen - seine eigene Nervosität, die Gelassenheit der Stimme am anderen Ende der Leitung, der aufwühlende Augenblick. Was er zu sagen hatte, war jedoch klar festgelegt, so daß Unkundige nicht in den offiziellen Geschäftsgang eingreifen konnten.
    »Hier ist Charles. Ich habe Informationen, die Sie betreffen. Ich schlage deshalb eine kurze Aussprache vor. In einer Stunde bin ich im Zoo am Gehege für die weißen Tiger.«
    »Erkennungszeichen?« fragte die Stimme.
     
    »Eine Nummer der Newsweek in der linken Hand halten.«
    »Eine Stunde«, grummelte die Stimme. Wahrscheinlich hat der Mann heute vormittag eine wichtige Sitzung, dachte Ritter. Wie schade für ihn. Der Feldoffizier des CIA verließ das Museum und ging zu seinem Wagen. Auf dem Beifahrersitz lag eine Nummer der Newsweek, die er auf dem Weg in die Stadt gekauft hatte.
    Taktik, dachte Kelly, während er endlich Point Lookout umrundete und nach Backbord drehte. Es stand ihm nicht viel zur Auswahl. Er hatte in Baltimore unter falschem Namen immer noch die sichere Wohnung. Die Polizei hätte wohl gern mit ihm gesprochen, aber sie hatte noch nicht mit ihm Kontakt aufgenommen. Er müßte versuchen, es dabei zu belassen. Der Feind wußte nicht, wo er war. Das war sein Ansatzpunkt. In der Hauptsache ging es darum, drei Faktoren auszugleichen, nämlich, was er wußte, was er nicht wußte und wie er das erste verwenden konnte, um das zweite zu beeinflussen. Das dritte Element, das Wie, war die Taktik. Er konnte sich auf das vorbereiten, was er noch nicht wußte. Aber noch konnte er nicht sein Vorgehen danach ausrichten, doch eigentlich wußte er schon, was er tun würde. Um an diesen Punkt zu gelangen, mußte er das Problem strategisch angehen. Es war dennoch frustrierend. Vier junge Frauen warteten auf sein Eingreifen. Auf eine noch unbestimmte Zahl von Männern wartete der Tod.
    Kelly wußte, daß ihnen die Angst im Nacken saß. Sie hatten Pam und Doris gefürchtet, so sehr, daß sie sie ermordet hatten. Er fragte sich, ob der Tod von Edward Morello ein weiterer Beweis dafür gewesen war. Sie hatten garantiert um ihrer Sicherheit willen gemordet, und nun fühlten sie sich womöglich sicher. Das war gut. Wenn Angst ihr Motiv gewesen war, dann würden sie gerade jetzt, da sie sie überwunden glaubten, noch mehr davon zu spüren bekommen.
    Kummer bereitete ihm der Zeitfaktor. Er mußte sich beeilen. Die Polizei schnüffelte ihm nach. Obwohl er meinte, sie hätten nichts gegen ihn in der Hand, konnte er sich dessen dennoch nicht so sicher sein. Die andere Sorge war die Sicherheit - er schnaubte - dieser vier jungen Frauen. Ein langandauerndes Unternehmen, das auch gut war, gab es nicht. Nun ja, in der einen Sache müßte er sich in Geduld fassen, und mit viel Glück blieb es nur bei dieser einen Sache.
    Er war schon seit Jahren nicht mehr im Zoo gewesen. Ritter fiel ein, er müßte hier wieder einmal mit den Kindern hin, wo sie jetzt alt genug waren, um das alles mehr zu schätzen. Er nahm sich die Zeit für einen Blick auf den Bärengraben Bären hatten schon etwas Interessantes an sich. Kinder hielten sie für große, lebendige

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