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01 - Gnadenlos

01 - Gnadenlos

Titel: 01 - Gnadenlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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mit tiefgelegenen Aufbauten, deren hoher Stahlschornstein schon lange weggerostet war. Aber dort, wo die Brücke sein mußte, war ein Licht. Er meinte, Musik zu hören, Rockmusik, von einem Sender, der nachts die Lastwagenfahrer wachhalten sollte.
    Kelly wartete ein paar Minuten, bis er sich in der Dunkelheit ein vollständiges Bild gemacht hatte, und suchte sich seine Zugangsroute aus. Er würde sauber am Bug ankommen, so daß der Schiffskörper ihn abschirmen würde. Nun konnte er mehr als eine Stimme hören. Ein plötzliches Auflachen, wohl nach einem Witz. Er hielt wieder inne, suchte die Umrisse des Schiffs nach einem nicht dazugehörigen Umriß ab, einem Wachtposten. Nichts.
    Dieses Plätzchen hatten sie sich schlau ausgesucht. Es war so abgelegen, wie sich nur denken ließ, selbst von den heimischen Fischern übersehen, aber sie mußten einen Aussichtspunkt haben, weil kein Ort jemals ganz sicher war... da war das Boot. Okay. Kelly kroch mit einem halben Knoten Fahrt näher, hielt sich dicht an die Seite des alten Schiffs, bis er an ihrem Boot war. Er vertäute seine Fangleine an der nächsten Klampe. Eine Strickleiter führte zum Werterdeck des Wracks hinauf. Kelly holte tief Luft und kletterte hoch.
    Die Arbeit war von vorn bis hinten so erbärmlich und öde, wie ihnen Burt vorher gesagt hatte, dachte Phil. Das leichteste war noch, den Milchzucker zu mischen, ihn in große Edelstahlschüsseln genau wie Mehl für einen Kuchen zu sieben und dabei aufzupassen, daß alles gleich verteilt war. Ihm fiel wieder ein, wie er als kleines Kind seiner Mutter beim Backen geholfen hatte, wie er ihr zugesehen und Dinge gelernt hatte, die der Knirps wieder vergaß, sobald er Baseball für sich entdeckte. Nun war ihm beim Rütteln des Siebs und beim Vermischen der Pulver alles wieder gegenwärtig. Es war eigentlich ein ziemlich angenehmer Ausflug in eine Vergangenheit, da er noch nicht früh hatte aufstehen und zur Schule gehen müssen. Aber das mit dem Milchzucker war noch das einfachste. Dann kam die langweilige Aufgabe, genau abgemessene Portionen in die kleinen Plastiktüten zu verteilen, die verschlossen, verklammert, gezählt und verstaut werden mußten. Er wechselte einen erschöpften Blick mit Mike, dem es genauso wie ihm erging. Burt empfand wahrscheinlich das gleiche, ließ es sich aber nicht anmerken, aber er war so nett gewesen, für ein bißchen Unterhaltung zu sorgen. Ein Radio spielte, und für die Pausen hatten sie dieses Mädchen Xantha, das halb weggetreten von den Pillen war und auch noch die Periode hatte, wie sie alle bei ihrer mitternächtlichen Pause feststellen konnten. Sie hatten sie dennoch hübsch müde gemacht. Nun schlief sie in der Ecke. Um vier Uhr würde es eine weitere Pause geben, damit jeder sich ausruhen konnte. Es fiel schwer, wach zu bleiben, und Phil machte sich Sorgen wegen all des Pulvers, das zum Teil als Staub in der Luft herumwirbelte. Atmete er es ein? Könnte er von dem Zeug high werden? Wenn er das wieder zu machen hatte, versprach er sich, würde er eine Maske mitbringen. Es war schon toll, mit dieser Droge Geld zu machen, aber er verspürte nicht den Wunsch, sie selber auszuprobieren. Na ja, Tony und Henry richteten ein anständiges Labor ein. Das umständliche Hin- und Herfahren würde aufhören. Das war doch was.
    Wieder eine Ladung geschafft. Phil war etwas schneller als die anderen, weil er es hinter sich bringen wollte. Er ging zur Kühlbox und hob den nächsten Ein-Kilo-Sack hoch. Er roch daran wie bei den anderen. Übler, chemischer Geruch wie bei den Chemikalien, die sie im Biologielabor seiner High-School verwendet harten, Formaldehyd oder so was ähnliches. Mit einem Brieföffner schlitzte er den Sack auf, schüttete den Inhalt in die erste Mischschüssel und fügte dann die abgemessene Menge Milchzucker hinzu. Im Licht einer der Glühstrumpflampen rührte er die Masse dann mit einem Löffel um.
    »Hallo.«
    Es hatte keinerlei Vorwarnung gegeben. Auf einmal stand ein Fremder in der Tür, mit einer Pistole in der Hand. Er trug einen Tarnanzug, und sein Gesicht war grün und schwarz bemalt.
    Er brauchte nicht für Ruhe zu sorgen. Das besorgten seine Opfer schon selbst. Kelly hatte seinen Colt wieder in eine .45er verwandelt, und er wußte, daß das Loch vorn in der Automatik denen im Raum so groß erscheinen würde, als könnten sie darin einen Wagen abstellen. Er fuchtelte mit der linken Hand. »Dorthin. Auf Deck, mit dem Gesicht nach unten, Hände in den Nacken,

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