01 - Gnadenlos
einer nach dem anderen. Du zuerst«, sagte er dem an der Mischschüssel.
»Wer zum Teufel bist du?« fragte der Schwarze.
»Du mußt Burt sein. Mach keine Dummheiten.«
»Woher weißt du meinen Namen?« wollte Burt wissen, als Phil sich aufs Deck legte.
Kelly wies auf den anderen Weißen, dirigierte ihn neben seinen Freund.
»Ich weiß eine ganze Menge«, sagte Kelly, der nun auf Burt zuging. Dann sah er das schlafende Mädchen in der Ecke. »Wer ist das?«
»Sieh doch selber nach, Arschloch.« Die .45er war nur eine Armlänge entfernt genau auf Höhe seines Gesichts.
»Wie belieben?« fragte Kelly in beiläufigem Ton. »Jetzt runter aufs Deck.« Burt folgte sofort. Kelly sah, daß das Mädchen schlief. Das würde er eine Weile noch so lassen. Zuerst galt es, sie nach Waffen zu durchsuchen. Zwei hatten kleine Handfeuerwaffen. Einer hatte ein nutzloses Messerchen.
»He, wer bist du? Vielleicht können wir miteinander reden«, schlug Burt vor.
»Das werden wir auch. Erzähl mir was über die Drogen«, fing Kelly an.
In Moskau war es zehn Uhr morgens, als Woloschins Depesche von der Dekodierabteilung zurückkam. Da er ein hochrangiges Mitglied der obersten Führungsriege des KGB war, hatte er Verbindungen zu allen möglichen höheren Offizieren. Einer davon war ein Akademiker, ein Amerikaspezialist, der die Führung des KGB und das Außenministerium zu dieser neuen Entwicklung beriet, die die amerikanischen Medien Detente nannten. Dieser Mann, der innerhalb der Hierarchie des KGB keinen paramilitärischen Rang innehatte, war womöglich die geeignetste Person, die für ein schnelles Handeln sorgen konnte, obwohl auch ein Durchschlag der Depesche an den stellve rtretenden Vorsitzenden gegangen war, der die Oberaufsicht für Woloschins Direktorium hatte. Eine wie gewohnt kurze und prägnante Botschaft. Der Akademiker war entsetzt. Der Abbau der Spannungen zwischen den beiden Supermächten, während eine von ihnen mitten im Krieg stand, war schon fast ein Wunder. Da er noch dazu gleichzeitig mit der Annäherung der USA an China zusammentraf, konnte damit gut und gern eine neue Ära in den Beziehungen eingeläutet werden. Das hatte er dem Politbüro bei einer ausführlichen Besprechung vor zwei Wochen mitgeteilt. Die öffentliche Enthüllung, daß ein sowjetischer Offizier in so eine Geschichte verwickelt gewesen war - das war Wahnsinn. Welcher Schwachkopf beim GRU hatte sich das ausgedacht? Einmal angenommen, es stimmte tatsächlich, was er noch überprüfen mußte. Deswegen hatte er den stellvertretenden Vorsitzenden angerufen.
»Jewgeruj Leonidowitsch. Ich habe eine dringende Depesche aus Washington.«
»Ich auch, Wanja. Deine Empfehlung?«
»Wenn die Behauptungen der Amerikaner zutreffen, empfiehlt sich unverzügliches Handeln. Wenn die Öffentlichkeit von dieser Dummheit erfährt, könnte das verheerende Folgen haben. Könntest du bestätigen, daß es sich tatsächlich so verhält?«
»Da. Und weiter... Das Außenministerium?«
»Ja, gut. Beim Militär würde es zu lang dauern. Werden die überhaupt auf uns hören?«
»Wer, unsere brüderlichen sozialistischen Verbündeten? Die hören auf eine Lieferung mit Raketen. Danach schreien sie schon seit Wochen«, erwiderte der stellvertretende Vorsitzende.
Das ist wieder typisch, dachte der Akademiker, um das Leben von Amerikanern zu retten, werden wir Waffen liefern, um damit noch mehr umzulegen, und die Amerikaner werden das verstehen. Völlig verrückt. Wenn es je ein anschauliches Bild dafür gab, daß eine Detentepolitik notwendig war, dann war es dies. Wie konnten zwei Großmächte ihre Angelegenheiten regeln, wenn beide mittelbar oder unmittelbar in die Angelegenheiten kleinerer Länder verwickelt waren? Was für eine überflüssige Ablenkung von wichtigen Dingen.
»Ich rate zu schnellem Handeln, Jewgenij Leonidowitsch«, wiederholte der Akademiker. Wenn er auch im Rang weit unter dem stellvertretenden Vorsitzenden stand, so waren sie früher Klassenkameraden gewesen, und ihre Laufbahnen hatten sich oftmals gekreuzt.
»Ich stimme dir voll zu, Wanja. Ich melde mich heute nachmittag noch mal.«
Ein Wunder, dachte Zacharias, sich umblickend. Er hatte seit Monaten seine Zelle nicht mehr von außen gesehen, und allein schon die Luft zu schnuppern, die so warm und feucht war, erschien wie ein Geschenk Gottes. Er zählte die anderen, achtzehn weitere Männer in einer einzigen Reihe, Männer wie er, alle innerhalb einer Altersspanne von fünf Jahren. Im
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