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01 - Gnadenlos

01 - Gnadenlos

Titel: 01 - Gnadenlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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rasch und ohne Zwischenhalt zu durchqueren. Der Verkehr zum Badeort Ocean City umging den Bereich, und die nächste Überlandstraße lag auf der anderen Seite der Bucht. In diesem County war die Verbrechensrate so niedrig, daß sie beinahe nicht auffiel, außer jemand machte sich die Mühe, von äußerst geringfügigen Zuwachszahlen bei dem einen oder anderen Vergehen Notiz zu nehmen. Ein einziger Mord konnte im Lokalblatt wochenlang für Schlagzeilen sorgen, und Einbruch stellte in einer Gegend, wo Hausbesitzer einen nächtlichen Eindringling mit einem Kleinkaliber und einer Frage empfingen, kein Problem dar. Nur die Verkehrsmoral war problematisch. Doch dafür gab es die Staatspolizei, die in ihren hellgelben Wagen auf den Straßen patrouillierte. Quasi zur Entschädigung für die Langeweile besaßen die Streifenwagen an der Ostküste Marylands ungewöhnlich große Motoren, um damit Raser jagen zu können, die nur zu oft vorher noch einen Spirituosenladen besuchten, weil sie etwas anstellen mußten, um Leben in die langweilig gemütliche Gegend zu bringen.
    Der Staatspolizist Ben Freeland befand sich auf seiner gewöhnlichen Streifenfahrt. Irgendwann einmal würde wirklich was passieren, und er hielt es für seine Pflicht, die Gegend kennenzulernen, und zwar jeden Zentimeter, jede Farm und jede Kreuzung, so daß er den schnellsten Weg kannte, wenn tatsächlich einmal ein dringender Funkruf kam. Freeland, der vor vier Jahren seine Ausbildung in Pikesville abgeschlossen hatte, grübelte gerade über seine Beförderung zum Corporal nach, als er einen Fußgänger auf der Postbox Road in der Nähe eines Weilers mit dem ungewöhnlichen Namen Dames Quarter entdeckte. Das war ungewöhnlich. Hier fuhr jeder. Selbst Kinder benützten schon frühzeitig Motorräder, fingen bereits als Minderjährige zu fahren an, was eines der schweren Vergehen darstellte, mit denen er so etwa einmal im Monat zu tun hatte. Aus weiter Entfernung sah er ihn bereits - das Land war sehr flach -, aber er achtete nicht weiter darauf bis er den Abstand zwischen ihnen um mehr als die Hälfte verkürzt hatte. Nun war eindeutig zu erkennen, daß es sich um eine Frau handelte. Sie hatte einen merkwürdigen Gang. Nach weiteren hundert Metern war zu sehen, daß sie nicht wie eine Einheimische gekleidet war. Das war sonderbar. Fremde kamen hier nur mit dem Auto her. Sie lief auch im Zickzack, ihre Gehweise änderte sich von einem Schritt auf den anderen, und das ließ auf Trunkenheit in der Öffentlichkeit schließen, eine gewaltige Übertretung hier, wie der Polizist grinsend feststellte. Das bedeutete natürlich, daß er anhalten und sie überprüfen mußte. Er lenkte den großen Ford auf den Schotterstreifen, ließ ihn fünfzehn Meter vor ihr sanft und sicher ausrollen. Dann stieg er aus, setzte vorschriftsmäßig seinen zur Uniform gehörigen Stetson auf und rückte seinen Pistolengürtel zurecht.
    »Hallo«, sagte er freundlich. »Wo geht's denn hin, junge Dame?«
    Nach einem Augenblick blieb sie stehen und sah ihn aus Augen an, die von einem anderen Stern zu kommen schien. »Wer sind Sie?«
    Der Polizist beugte sich zu ihr. Sie roch nicht nach Alkohol. Freeland wußte, daß es hier bisher keine Drogenprobleme gab. Das mußte sich geändert haben.
    »Wie heißen Sie?« fragte er schon mehr im Befehlston.
    »Xantha«, antwortete sie lächelnd.
    »Wo kommen Sie her, Xantha?«
    »Aus der Gegend.«
    »Aus welcher Gegend?«
    »Lanta.«
    »Nach Atlanta ist es ein weiter Weg,«
    »Das weiß ich.« Dann lachte sie auf. »Er hat nicht gewußt, daß ich noch ein paar hatte.« Sie hielt das wohl für einen ziemlich guten Witz und ein Geheimnis, das sie ihm anvertrauen mußte. »Heb ich in meinem BH auf.«
    »Was soll jetzt das heißen?«
    »Meine Pillen. Sind in meinem Büstenhalter, und das hat er nicht gewußt.«
    »Kann ich sie sehen?« fragte Freeland, der sich gehörig wunderte und wußte, daß er heute eine echte Verhaftung zu machen hatte.
    Sie lachte, als sie in ihren Ausschnitt langte. »Jetzt treten Sie aber 'n bißchen zurück.«
    Freeland gehorchte. Es hatte keinen Sinn, sie mißtrauisch zu machen, obwohl seine rechte Hand schon in Reichweite seines Dienstrevolvers war. Während er zusah, langte Xantha in ihre größtenteils aufgeknöpfte Bluse und brachte eine Handvoll roter Kapseln zum Vorschein. Das war es also. Er öffnete den Kofferraum seines Wagens und holte aus dem Verbandskasten einen Umschlag heraus.
    »Tun Sie die doch hier rein, damit Sie

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