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01 - Schatten der Könige

01 - Schatten der Könige

Titel: 01 - Schatten der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Cobley
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Platz einmündete. An allen Seiten des Platzes brannten Feuer, und Städter mit Knüppeln und Äxten scharten sich in großen Gruppen um ein Podest aus Kisten und Möbelstücken, auf dem ein Haufen Leichen lag. Fast alle trugen denselben schwarzen Lederharnisch wie der tote Wächter. Aufständische tanzten auf den Leichnamen oder spieen sie vom Rand des Podestes aus an.
    Während Tauric sich mühte, die Füße seiner Gefährtin von dem Fangnetz zu befreien, näherten sich ihnen zwei Marktfrauen.
    »Geht es dir gut, Jungchen? Das ist aber wirklich eine hässliche Wunde …«
    »Ich … Mir geht es gut.« Ihre ehrfürchtigen Blicke verwirrten ihn, und er schaute auf seinen Arm. Der Lederschutz war verrutscht und entblößte seinen metallenen Arm. Er schob ihn unauffällig zurück und durchtrennte die feinen Maschen des Fangnetzes.
    »Du hättest dich heraushalten sollen«, sagte die junge Frau plötzlich mürrisch. »Ich war nicht in Gefahr.«
    Einen Moment war Tauric sprachlos, dann jedoch packte ihn ein unerklärlicher Zorn. »Du warst nicht in Gefahr? Was wollte er dann wohl mit dem Speer? Vielleicht Ratten jagen?«
    Sie schüttelte den Kopf, und Tauric meinte, ein wenig von dieser merkwürdigen Furcht in ihren Augen zu erkennen, die er schon zuvor darin wahrgenommen hatte.
    »Bitte«, sagte sie. »Lass mich allein. Kümmere dich lieber um dich selbst…«
    Ein grässlicher Schrei übertönte den Tumult. »Die Mogaun!«, gellten Stimmen. »Sie sind in der Stadt! Sie reiten auf den Platz des Kaisers!« Den Worten folgte ein vollkommenes Durcheinander. Menschen rannten in großen Gruppen zu den Hauptstraßen, die auf den Platz führten, oder in Gebäude, die spärlichen Schutz versprachen. Andere dagegen errichteten in aller Hast Barrikaden aus umgekippten Karren oder geplünderten Möbeln an den Straßenmündungen und in Türeingängen, während eine Handvoll Leute an Tauric vorbei durch die Gasse stürmte. Im nächsten Augenblick ritt eine Kolonne von Mogaun im Galopp auf die gegenüberliegende Seite des Platzes, teilte sich in verschiedene Gruppen auf und griff sofort die Aufständischen an.
    »Wir müssen hier weg«, sagte Tauric zu dem Mädchen. Sie antwortete nicht, sondern schaute an ihm vorbei in die Gasse. Er folgte ihrem Blick und bemerkte drei Gestalten, die aus der dunklen Gasse auf sie zukamen. Sie gingen schleppend, ihre Köpfe hingen seltsam schlaff herunter, und als sie aus dem Schatten traten, erkannte Tauric in ihnen einige der Städter, die kurz zuvor an ihnen Vorübergelaufen waren. Dann jedoch hoben sie die Köpfe, und Tauric rang entsetzt nach Luft. Wo ihre Augen gesessen hatten, gähnten jetzt schwarze Löcher, die ihren augenlosen Blick auf Tauric und das Mädchen richteten. Die Marktfrauen schrieen auf, rafften ihre langen Röcke und flohen.
    Das Mädchen zog Tauric wortlos am Arm, doch er folgte ihr erst, nachdem er sein Schwert aus dem Leichnam gezogen hatte. Er warf einen Blick auf den Durchgang, durch den er nur wenige Momente zuvor in die Gasse gestürmt war, und sah den Waffenmeister und den Lordkommandeur in einen Kampf mit fünf weiteren lebenden Leichnamen verstrickt, die mit Knüppeln bewaffnet waren. Wer kann so etwas bewerkstelligen?, dachte er. Wer hat diese Unseligen erweckt und sie in den Kampf geschickt? Tauric konnte seine eigene Furcht kaum unterdrücken und fühlte, wie ihn ein Zittern packte, das von seinen Eigenweiden bis in jedes Körperglied lief. Nur sein metallener Arm blieb ruhig, und seine kalte Hand hielt das Schwert in einem gleichmütigen, unerschütterlichen Griff. Das künstliche Glied wurde sein Anker, als sie sich in Richtung Platz zurückzogen, dem schrecklichen, kreischenden Kampflärm entgegen.
    »Auf dem Platz ist es viel zu gefährlich. Wir müssen an ihnen vorbei«, flüsterte das Mädchen ihm zu, während die drei augenlosen Kreaturen näher kamen. »Ich glaube nicht, dass sie uns aufhalten können…«
    »Ich wünschte, ich wäre mir da so sicher«, presste Tauric durch seine zusammengebissenen Zähne. »Ich lenke sie ab, während du sie von der Seite angreifst.« Mit diesen Worten rannte die junge Frau in die Gasse zurück, raffte den Speer vom Boden, den der Wachtposten fallengelassen hatte, und wich geschickt den Händen der Untoten aus, die nach ihr griffen. Tauric sah zu seinem Erstaunen, dass sie grinste, als sie sich ihrer Angreifer erwehrte. Das ist verrückt, dachte er. Sie ist vollkommen verrückt. Er hob sein Schwert und griff die lebenden

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