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01 - Schatten der Könige

01 - Schatten der Könige

Titel: 01 - Schatten der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Cobley
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verschwammen, als sähe er sie durch Wasser. Dennoch hatte Tauric das Gefühl, als wäre sein Körper stark und kräftig und er stand sicher auf den Füßen. Er nahm alles überdeutlich wahr, erkannte jedes einzelne, tiefbraune und eisenschwarze Haar der Felle, welche die Krieger trugen, und sah, wie der Glanz des Feuerscheines von den gehämmerten, groben Schuppen ihrer Rüstungen reflektiert wurde. Das blendende Licht in seinem Kopf veränderte sich und sein metallener Arm sang in einem tiefen Ton. Die Reiter ließen ihre Speere und die anderen Waffen fallen, einige stürzten zu Boden und rissen mit ihren Händen an ihren Haaren, während die Pferde der anderen unvermittelt stehen blieben, scheuten und versuchten, ihre Reiter abzuwerfen. Eine verrückte Freude erfüllte Tauric, während er über den Platz schritt, sich dem flüsternden Licht hingab, und fasziniert beobachtete, welche Verheerung es anrichtete. Mogaun griffen ihn in Gruppen an und wurden zurückgeschleudert, tot oder schwer verwundet, während ihr Blut auf den Boden strömte. Die bedrängten Verteidiger hinter den Barrikaden um den Platz jubelten ihm zu, als er mit der weißen Macht Vergeltung übte. Ein tollkühner Mogaun erklomm die Fassade eines Geschäftes, um sich von oben auf ihn zu stürzen, aber das Licht in Taurics Kopf sah ihn, bevor dem Krieger sein Vorhaben gelang. Er fing den Angreifer ab und schleuderte ihn über den Platz durch die Läden eines Fensters in einem oberen Stockwerk.
    »Du kannst mich nicht verwunden!«, schrie er.
    Das bist nicht du!, rief ihm eine innere Stimme zu. Nicht du bewerkstelligst dies, es wird durch dich vollbracht…
    Das Licht wurde schwächer. Verwirrt sah er einige Aufständische über die Barrikaden klettern, bis er bemerkte, dass die überlebenden Reiter der Mogaun sich am anderen Ende des Platzes neu formierten. Im ersten Moment sah es aus, als würden sie einen neuen Angriff reiten, dann wendeten sie ihre Pferde und stoben unter Jubel und Triumphgeschrei der Aufständischen davon. Tauric hatte das Gefühl, als fiele alles von ihm ab. Das Licht in seinem Inneren flackerte, und ein Schleier legte sich über alle Dinge, bis sie jede Deutlichkeit und Schönheit verloren. Er war bis weit über seine Grenzen hinaus erfüllt gewesen, und leerte sich jetzt bis zur Neige seines Geistes.
    Seine Beine gaben unter ihm nach, und er sank in einer halb sitzenden, halb ausgestreckten Position zu Boden. Er hörte, wie jemand seinen Namen rief, doch das abgehackte Wort ergab erst einen Sinn, als es mehrmals wiederholt wurde. Die Worte in seinem Kopf klangen jetzt ernst und gemessen, mit einem Unterton aus Endgültigkeit und Entschlossenheit. Ein Mann in einer Lederrüstung kauerte sich neben ihn, ein schlanker Mann mittleren Alters, mit grauem Haar, dem das Blut aus zahlreichen Wunden über Stirn und Wangen lief. Tauric erkannte wie aus weiter Ferne Lordkommandeur Mazaret. Dann dachte er an das Mädchen, dessen Namen er zwar noch nicht kannte, von dem er jedoch wusste, dass sie wichtig war.
    Schließlich verschwamm seine Umgebung vor seinen Augen, und die Schwärze zog ihn ins Nichts hinab.
    Während der Wundarzt sich um die Pfeilwunde in seiner Schulter bemühte, saß Mazaret auf einem prachtvoll geschnitzten Stuhl und blickte durch das Fenster des Audienzsaales auf die Stadt Oumetra hinaus. Es hatte geregnet, doch jetzt drangen Strahlen der Mittagssonne durch die Wolken und tauchten die Stadt in ihren Schimmer. Der Audienzsaal lag hoch oben im großen Burgfried, und von der Stelle, an der Mazaret saß, konnte er die stattlichen Gebäude der Stadtgründer und die niedrigeren, zierlicheren Häuser erkennen, die sie umgaben. Wenn er sich ein bisschen vorbeugte, sah er sogar die Menschenmenge, die sich nach wie vor im Burghof drängte und offenbar hoffte, einen Blick auf den Jungen zu erheischen, der Wunder in diesem Kampf gewirkt hatte. Man hatte ihm bereits einen Namen verliehen: Die Schlacht um den Platz des Kaisers.
    Er runzelte die Stirn und lehnte sich zurück, was seine Schulter mit einem stechenden Schmerz quittierte.
    »Mylord«, sagte der Wundarzt gereizt, »ich kann nicht arbeiten, wenn Ihr Euch ständig bewegt…« »Guter Mann, Ihr widmet Euch jetzt bereits den halben Morgen meinem Arm. Was hofft Ihr denn noch zu finden?«
    Der Wundarzt war ein schlanker, asketisch aussehender Mann mit einem sauber gestutzten Bart. Er trug eine lange, prächtige Tunika mit roten Stickereien an Kragen und Manschetten. Jetzt

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