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01 - Schatten der Könige

01 - Schatten der Könige

Titel: 01 - Schatten der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Cobley
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zerknüllten Laken waren auf dem Boden verstreut. Ein Schimmer, nein, ein Tropfen von Helligkeit drang zwischen den Fingern der Frau hindurch. Ruhig öffnete sie die Hände und eine Kugel gleißenden Lichts fegte von ihnen in die dicke Matratze. Das Leinen zerriss, die Polsterung aus Pferdehaar flammte auf, und Byrnak sah fasziniert zu, wie die gleißende Kugel eine brennende Zickzacklinie auf der Matratze beschrieb und sie schließlich durchdrang. Nach einigen Sekunden verlor sie an Geschwindigkeit, dunkelte zu einem glühenden Rot ab, wickelte sich in einer Spirale um sich selbst wie ein pulsierender Kern aus Flammen, bis sie schließlich flackernd erlosch.
    »Beeindruckend!«
    Nerek wirbelte herum und starrte ihn mit einem wilden, furchtsamen Blick an, während erneut ein heißes Glühen in ihren Händen aufloderte. Dann erkannte sie Byrnak, und die Glut erlosch. »Ich war… ich habe das Feuer gelehrt, sich zu bewegen«, sagte sie und ließ ihre Arme an die Seite sinken. »Brunn-Quell-Feuer ist eine gefährliche Waffe für Ungeübte.«
    »Dann lehre mich mehr!«
    Byrnak lächelte. »Du weißt genug für die Aufgabe, die vor dir liegt.«
    Nereks Gesicht glühte vor Eifer. »Gut. Wie finde ich sie?«
    Er betrachtete sie nachdenklich. Ihre Gefühle unterschieden sie von allen anderen Menschen. Ihre Furcht vor ihm und ihr Verlangen nach ihm rangen miteinander und mit einem unberechenbaren Zorn. Wirklich besonders machte sie jedoch ihre Fähigkeit, die Macht des Brunn-Quell anzuzapfen. Keiner der anderen, die er seinem Willen unterworfen hatte, zeigte bisher auch nur den Anflug eines solchen Talentes. Aus diesem Grund spielte Byrnak nur ungern mit ihrem Verstand herum, deshalb und weil sie aus dem dunklen Teil seines Selbst erschaffen war, dessen Zweck ihm nach wie vor verborgen blieb.
    Außerdem war da ja noch die Schwertkämpferin. Warum verwandelte dieser uralte Schatten, dieses Fragment eines Gottes, das er in sich trug, einen jungen Mann in die Gestalt ausgerechnet dieser Frau? War Nereks brennender Wunsch, sie zu verfolgen, eine Art Prüfung? Byrnak wusste es nicht genau, aber offenbar stand sie unter diesem Zwang, und ihm war klar, dass sie sich ihm nicht entziehen konnte.
    Byrnak sah sich um, und sein Blick fiel auf einen Gobelin neben der Tür. Er ging dorthin und winkte Nerek, ihm zu folgen. Der Gobelin war beinahe so hoch wie der Raum. Es war eine meisterhafte Knüpfarbeit, und seine mit goldenen und silbernen Fäden durchwirkten Weinblätter säumten Felder ein, auf denen die Abenteuer, Gefahren und Tragödien eines Königs und seiner Ritter dargestellt wurden. Das Mittelstück des Gobelins zeigte, wie der König einem vielköpfigen Monster das letzte Haupt abschlug. Im Hintergrund sah man einen brennenden Baum und einen kochenden See. »Ein reichlich übertriebener Bericht«, meinte Byrnak sarkastisch und berührte den Saum mit den Fingern.
    Sofort flammte ein blassgrünes Feuer in dem mittleren Bild auf. Die unheimliche Flamme wirkte wie ein Strudel, der alle Flammenzungen in seinen Mittelpunkt sog. In einem Wimpernschlag wurde das rotierende Grün zu einem langsamen Wirbel aus Nebel, aus dem Bilder auftauchten und immer klarer wurden. Sie zeigten ein Dorf, das sich zwischen bewaldete Hügel und einen Fluss kauerte, und drei Reiter, die eine lange Brücke überquerten. Den ersten kannte Byrnak nicht, doch in dem zweiten erkannte er die Heckenhexe, die seinen Angriff am Abgrund vereitelt hatte. Die dritte Gestalt war Keren. Nerek stand neben ihm und sog vernehmlich den Atem ein.
    Ein Junge kletterte hinter der Heckenhexe aus dem Sattel, lief zu einem Blockhaus und hämmerte mit den Fäusten an die Tür. Erwachsene und Kinder strömten heraus, dazwischen sprangen einige Hunde herum. Die Reiter stiegen ab, reckten sich und begrüßten die anderen. Byrnak lenkte den Fernblick in die Höhe und schwang ihn herum, auf die Wälder und Felder der Ebene, die sich bis nach Westen zu einer breiten Flussmündung erstreckten, hinter welcher das Meer schimmerte. Nerek seufzte. »Sie sind noch immer westlich des Rukang-Massivs, am südwestlichen Ende von Gronanvel«, erklärte Byrnak. »Sehr wahrscheinlich suchen sie einen Weg über die Bergpässe. Ich will, dass du nach Norden zu meiner Garnison im Nagira-Gebirge reitest. Ich gebe dir schriftliche Befehle für den dortigen Kommandanten mit. Er soll dir zehn seiner besten Reiter unterstellen.«
    Unruhe zeichnete sich auf ihrem Gesicht ab. »Wenn ich ohne dich gehen

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