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01 - Schatten der Könige

01 - Schatten der Könige

Titel: 01 - Schatten der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Cobley
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lehren sollten. Das Kaiserreich, das Orosiada zusammengeschmiedet hatte, zerfiel unter der Regentschaft seines Enkelsohnes Allutra in miteinander konkurrierende Teilreiche. Prekine jedoch überstand diese unruhige Zeit, es blieb unangreifbar und undurchdringlich, der ruhende Fels eines ganzen Jahrtausends.
    Ein Holzschnitt am Ende des Kapitels zeigte Orosiada, der zum Krieg gerüstet war. In der rechten Hand hielt er ein Langschwert, dessen Spitze zur Erde wies, und an seinem linken Arm war ein langer, ovaler Schild befestigt. Tauric blickte auf den Stumpf seines eigenen Armes und versuchte sich etwas Ähnliches vorzustellen. Er lehnte den Kopf an die Wand und schloss die Augen.
    Welchen Sinn soll das haben?, fragte er sich. Orosiada war wenigstens ein Meister der Niederen Macht, aber ich besitze gar keine magischen Kräfte. Warum sollte in mir jemand einen Herrscher sehen?
    Eine Türangel knarrte, und als Tauric hochsah, fiel sein Blick auf den Bruder des Lordkommandeurs, Coireg Mazaret. Er schlich durch die Eingangstür hinein. Der Mann bemerkte, dass der Junge ihn beobachtete, lächelte nervös und huschte hastig zu seiner Decke in der Nähe des Kamins. Tauric runzelte die Stirn und wendete sich ab. Coireg Mazaret war ein merkwürdiger Mann, dessen Stimmungen häufig umschlugen. War er in der einen Stunde noch vorsichtig und unsicher, verfiel er in der nächsten in tollkühnen Überschwang. Er war so anders als der Lordkommandeur. Coireg hatte während des Rittes einige Male mit Tauric gesprochen. Er hatte einige Geräusche des Waldes und Vogelstimmen benannt, auf Tierspuren und andere Fährten hingewiesen, doch er war kein guter Lehrer. Er schien weit mehr am Wohlergehen von Seftal, seinem alten Diener, interessiert zu sein. Tauric vertiefte sich wieder in sein Buch. Er hatte das Kapitel über das Reich und seine Generäle beinahe zur Hälfte gelesen, als im Licht der flackernden Fackeln ein Schatten über ihn fiel. Überrascht und beunruhigt sah er zu, wie sich Kodel, der Sentinel der Jäger Kinder , mit gekreuzten Beinen neben ihn setzte. Seit sie von Krusivel aufgebrochen waren, hatte Kodel kaum ein Dutzend Worte mit ihm gewechselt. Tauric vermutete, dass der Mann ihn wegen seiner Herkunft ablehnte. Er wusste, dass Haus Tor-Galantai das Haus Tor-Cavarill vor vielen Generationen vom Thron verdrängt hatte, und ihm war ebenfalls klar, dass die Anhänger des Geschlechtes der Tor-Cavarill sich Jäger Kinder nannten und geschworen hatten, das Haus Tor-Galantai vom Thron zu stürzen. Und nun saß er, ein Abkömmling eben dieses verhassten Herrscherhauses, jemandem gegenüber, der geschworen hatte, ihm die Krone zu verweigern.
    Halbherzig räumte Tauric ein, dass es ihn eher erleichtern würde, sollte das geschehen. Kodels knochiges Gesicht war ausdruckslos. »Wie alt seid Ihr?« »Ich habe siebzehn Sommer gesehen, Herr.«
    »Nennt mich Kodel, nicht Herr. Siebzehn also. Schon mal mit einer Frau geschlafen?« Tauric lief rot an und schüttelte den Kopf.
    »Jemanden getötet?«
    »Nein.«
    »Wenigstens könnt Ihr reiten. In welchen Waffen wurdet Ihr unterwiesen?«
    »Kurzschwert, Säbel und Bogen.«
    Kodel betrachtete ihn eine Weile schweigend. »Zeigt mir Euren Arm«, sagte er dann. Aus den Augenwinkeln bemerkte Tauric, dass Pirica sie von der anderen Seite des Raumes beobachtete. Zitternd streckte er seinen verbundenen linken Arm aus. Kodel löste die Lederbänder und wickelte den Verband ab. »Gut. Nur zwei Lagen, und die sind auch locker genug, dass die Haut atmen kann.«
    Er enthüllte schließlich den Stumpf, der immer noch pochte und dessen Narben rot leuchteten. Tauric beschlich eine merkwürdige Furcht, als der Mann mit seinen rauen Fingern über die frischen Narben strich. Doch in dieser Geste lag grimmiges Geschick ebenso wie sanftes Mitgefühl. Nach einer kurzen Untersuchung erneuerte Kodel den Verband. »Wir reiten zu einem Ort, an dem ein Schmied lebt, der sich darauf versteht, künstliche Gliedmaßen aus Holz und Eisen herzustellen. Er wird Euch mehrere künstliche Arme anfertigen; einen, mit dem Ihr einen Schild halten könnt, einen für den Bogen und so weiter.« Er stand auf, nachdem er die Lederbänder befestigt hatte. »Sobald Ihr Euer inneres Gleichgewicht wiedergefunden habt, finden wir heraus, wie Ihr wirklich zu kämpfen versteht.«
    »Danke«, erwiderte Tauric.
    Kodel knurrte etwas Unverständliches und kehrte zum Kaminfeuer zurück.
    Tauric las noch eine Weile, bis die Müdigkeit ihn

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