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01 - Schatten der Könige

01 - Schatten der Könige

Titel: 01 - Schatten der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Cobley
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verschiedenen Orten hin und her, doch blieb nun einer immer länger im Fokus, der nebelverhangene Dschungel. Einen Moment spürte Bardow Hoffnung in sich aufkeimen, die jedoch gleich darauf der Unruhe wich, als ihm bewusst wurde, dass der Dschungel dem Geflügelten Geist entweder folgte oder ihn zu sich zog. Die finsteren Schatten der Zwischenwelt reichten in den nebligen Dämmer hinein, blieben jedoch am Rande seines Bewusstseins. Bardow sah das undurchdringliche Dickicht, gewaltige Baumstämme, deren Borke in vielfältigen Schattierungen von Grün glitzerte, erblickte die verschlungenen Lianen, an deren Zweigen sich zahllose große, durchsichtige Tropfenblätter drängten, die von innen heraus zu schimmern schienen. Glänzende Tautropfen sammelten sich darauf, flössen über den Rand und zerplatzten auf dem nächsten Blatt. Doch nicht einmal das winzigste Lebewesen war zu sehen.
Bardow…
Der Schreck durchzuckte ihn. Die Stimme war tief und ruhig, nur ein Hauch, ein weiches, weibliches Flüstern. Dennoch lag Kraft in ihr.
    Bardow, Sohn meiner Töchter, Hüter der Glut des Feuers, das ich einst war, höre mich an, ich bitte dich inständig. Die Bedrohungen sind größer, als du weißt, größer als du dir vorstellen kannst. Die finsteren Pläne des Herrschers des Zwielichts dringen in das Fleisch der Welt wie giftige Widerhaken. Wenn du nicht wachsam bist, werden deine Pläne zu den seinen, und alles Leben wird in Gefahr sein. Enttäusche mich nicht. Er hat den Geliebten von meiner Seite gerissen, und ich wandle nun weinend vor Trauer und Wut, und giere nach Vergeltung. Ich werde Rache nehmen, Sohn meiner Töchter. Ich werde meinen Widersacher vor mir in die Knie zwingen, Hand an seine Kehle legen und sie durchtrennen. Ich werde Genugtuung erlangen, doch du darfst mich nicht enttäuschen.
Der dunkle, verschleierte Dschungel verschwamm vor seinen Augen. Die Kälte grub ihre scharfen Klauen in seine Haut, und die Finsternis schien in seinem Kopf zu dröhnen, als er taumelte, stürzte, sich wand…
    Er landete auf Händen und Knien auf dem Boden, und der Lehnstuhl fiel klappernd auf die Seite. Die Kerzen waren heruntergebrannt, und in seinem Turmzimmer war es dämmrig. Nur durch die verschlossenen Fenster drang schwaches Tageslicht. Einen Moment blieb Bardow bewegungslos auf dem Boden hocken, atmete schwer und versuchte, zur Besinnung zu kommen, versuchte die Konsequenz dessen zu begreifen, was soeben geschehen war.
    Die Erden Mutter ! Er war an die Schwelle Ihres Reiches transportiert worden, und Sie hatte zu ihm gesprochen. So etwas hatte es außerhalb der Priesterschaft der Erden Mutter noch nie gegeben. Bardow schwankte zwischen Furcht und Ehrfurcht, erfüllt von dem Gefühl, dass SIE zu ihm sprach!
    Aber sein unbändiger Drang nach dem kalten Wissen, nach dem, was unausgesprochen und unenthüllt ist, gewann die Oberhand und durchbrach seine Verwirrung. Es war eine Warnung gewesen. Auf irgendeine Weise waren ihre Ziele verbunden mit den Plänen des Herrschers des Zwielichts oder seiner Kreaturen. Was konnte das sein? Der geplante Aufstand? Die Entscheidung, Besh-Darok einzunehmen? Die Furcht streckte ihre kalten Finger nach ihm aus, als er daran dachte, dass Tauric auf dem Weg zu einem Hain der Jäger Kinder war. Oder Suviel, die das Kristallauge suchte … Er fröstelte. Warum hatte der Geflügelte Geist sie nicht finden können? Er erinnerte sich, wie er einem Pfeil gleich auf seinem gradlinigen Kurs durch die Zwischenwelt geflogen war, doch dann plötzlich Zweck und Ziel verloren zu haben schien, als wären sie ihm plötzlich entrissen worden … Wohin waren sie stattdessen gelangt?
    Bardow hielt sich an der Tischkante fest und zog sich hoch, tastete im Dunkeln nach seinem Zunderrad und entzündete einen Kerzenstummel, der in dem Durcheinander auf dem Tisch stand. Einige seiner Pergamente lagen auf dem Boden verstreut, und auf der Tischplatte hatten sich Spuren von der Auflösung seines Bannes eingebrannt. Er hob den Stuhl auf und stützte sich einen Moment auf die Lehne. Blieb ihm denn nur, einfach abzuwarten?
    Nein, dachte er. Ich muss etwas tun können.
    Er wollte gerade einen Stapel Papiere durchsehen, als ihm etwas durch den Kopf schoss.
Ich werde meinen Widersacher vor mir auf die Knie zwingen, Hand an seine Kehle legen und sie durchtrennen…
Der Gedanke erfüllte ihn mit tiefer Sorge. Die Erden Mutter hatte in ihrer Funktion als Hüterin der Pforte der Geister auch einen dunkleren Aspekt an sich, ein

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