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01 - Schatten der Könige

01 - Schatten der Könige

Titel: 01 - Schatten der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Cobley
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Mutter vollständig aufzuspüren und auszulöschen. Selbst während ich hier mit dir sitze und plaudere, lenkt mein Wille meine Höheren Schüler, leitet und berät sie, und das alles durch die loyalen Diener, die du an jeder Seite des Zeltes sitzen sahst.« »Sie sind seelengebunden?«
    »Das und noch viel mehr.«
    Einen flüchtigen Moment schob sich Nereks Gesicht vor Byrnaks inneres Auge, doch er schob das Bild rasch beiseite. »Deine Schüler …«, fragte er. »Sind sie alle so gekleidet wie jene, die unter deinem Bann stehen?«
    »Ziemlich ähnlich, nur in Rot.«
    »Und du hast sie mit allem ausgestattet, mit Symbolen, Bildern, heiligen Texten und Litaneien?« »Mit allem, was sie benötigen könnten.«
    Byrnak nickte knapp. »Es muss eine große Herausforderung sein«, sagte er und ignorierte den starren Blick des anderen. »Sich der ungeheuren Mühe zu unterziehen, einen Glauben auszumerzen und zu ersetzen. Welche Hingabe. Es überrascht mich nur, dass ich dein Antlitz nicht auf den Bannern und Schilden sehe.«
    »Damit bleibt das Rätselhafte gewahrt«, erwiderte Ystregul nachdenklich. »Aber wenn du dies schon für aufwändig hältst, solltest du dir ansehen, wie sich Thraelor und Grazaan in Anghatan und Yularia anbeten lassen.«
    »Die beiden dienen ihrem Ziel«, erwiderte Byrnak. »Und wenn der letzte dieser schwächlichen Magier in unserer Hand ist, und der Erhabene Fürst seine rechtmäßige Stellung einnimmt…« Er fuhr mit einer ausholenden Handbewegung durch den Raum, »wird all das hinweggefegt werden.« Ystregul starrte ihn mit kalten, bernsteinfarbenen Augen an und lächelte unmerklich. »Wie du, werter Bruder. Wie auch du.«
    Plötzlich dämmerte es Byrnak. Der Schwarze Priester war ebenso unwillig wie er selbst, seine individuelle Existenz aufzugeben und dem Vergessen anheim zu fallen. Das Vergnügen, das ihm die Pracht seiner Umgebung und seine Macht bereitete, machte das unmissverständlich deutlich. Doch das war noch nicht alles. Byrnak empfand einen glühenden Hass auf Ystregul, einen instinktiven und unbedachten Hass, der, wie er wusste, von dem dunklen Schatten in seinem Bewusstsein gespeist wurde. Ich muss hier weg!, sagte er sich. Mit einer gelassenen Handbewegung zog er den Schleier der Stille fort und drehte sich dann mit einem strahlenden Lächeln auf den Lippen zu Ystregul herum. »Bruder, das war ein höchst aufschlussreiches Gespräch, aber ich habe in sehr kurzer Zeit viel zu bewerkstelligen.« Er winkte Obax mit dem Finger, der sofort aufstand. »Wir müssen uns auf die Überraschung vorbereiten, die Yasgur uns möglicherweise bescheren könnte, also werde ich jetzt Vorkehrungen für meine Abreise …«
    »Ach ja, Yasgur.« Ystregul stand auf und richtete sich zu seiner vollen, imposanten Größe auf. »Es gibt Neuigkeiten, die du vielleicht noch nicht kennst, da sie mir erst unmittelbar vor deiner Ankunft übermittelt wurden.«
    Byrnak blieb stehen und drehte sich halb herum, während der Schwarze Priester weitersprach. »Hegrouns Sohn hat Kunde geschickt. Er und sein Gefolge treffen morgen Abend hier ein.« Ein abfälliges Lächeln zeigte sich auf dem bärtigen Gesicht. »Anscheinend beabsichtigt er, seine vorgesehene Rolle beim Blutfest einzunehmen. Es sieht aus, als müsstest du neue Pläne schmieden.« Byrnak erwiderte nichts, neigte nur unmerklich den Kopf zum Gruß und verließ, gefolgt von Obax, das Zelt. Er hatte das unbestimmte Gefühl, soeben ausmanövriert worden zu sein.

14
    Kalter Wind bringt feinen Regen.
Ein Zweig erzittert.
Verwelkte Blätter sinken in das Becken.
Winzige Vögel zanken lärmend nahe bei,
und verstreuen Federn über das Gras.
Während der ferne Sturm seine Kräfte sammelt.
    ESHEN KAREDU, unbetiteltes Fragment
    Dow Korren, Sprecher von Nord-Cabal, stand an dem hohen Fenster, stützte einen Fuß auf das Fensterbrett und nippte an einem Becher Wein, während er auf Krusivel hinausblickte. Über ihm fegten zerklüftete Wolkenberge über den Himmel und ließen nur vereinzelte Strahlen der Mittagssonne auf das hohe Tal hinabscheinen.
    Auf der Hauptstraße am Rand des Sees drängten sich Abteilungen von Rittern, die von ihrer Patrouille oder dem Drill zurückkehrten. Der Ort war mit Leben erfüllt. Stallburschen führten die Pferde zur Weide, die Dorfbewohner wuschen Wäsche im See, hackten Holz oder standen eine Weile beisammen und tratschten fröhlich unter der unbeständigen Sonne.
    »Ich bin durchaus von Eurer Enklave beeindruckt, Lordkommandeur«,

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