01 - Schatten der Könige
die Jäger Kinder im letzten Jahr erbeten habt, sowie die Berichte unserer Beobachter aus Nord-Khatris und Besh-Darok selbst.« Der Mann zuckte mit den Schultern. »Sie enthüllen zweifelsfrei, dass Eure Bundesgenossen in diesen Regionen weit zahlreicher sind, als Ihr vorhin eingeräumt habt. Dafür kann es nur einen militärischen Grund geben: einen Angriff auf Besh-Darok.« Der Lordkommandeur wog seinen leeren Kelch in der Hand. »Ihr werdet mir natürlich erlauben, die Berichte, die Ihr erwähntet, selbst in Augenschein zu nehmen.«
Korren lächelte. »Bedauerlicherweise wurde mir nicht gestattet, sie mitzunehmen, angesichts der Gefahren, die auf langen Reisen in diesen schlimmen Zeiten überall lauern.«
»Verstehe. Seid versichert, Meister Korren, sollten unsere Pläne einen Einfall in den Norden des Großen Tales vorsehen, würde das nur im Lichte eines schnellen und erfolgreichen Feldzugs im Süden in Betracht gezogen werden. Und selbst dann …«
Er ließ den Satz unvollendet und Korren neigte anerkennend den Kopf.
»Wie auch immer«, fuhr Mazaret fort, »ich bin leider nicht in der Lage, den Feldzug solange zu verzögern, wie Ihr vorschlagt. Einige Pläne wurden bereits in die Tat umgesetzt, und können nicht so einfach aufgehalten werden.«
»Das verstehe ich.« Dow Korren leerte genießerisch seinen Becher. »Dann haben wir jetzt wohl kaum noch etwas zu besprechen, Lordkommandeur. Ich danke für die Unterredung und freue mich bereits auf unsere Verhandlungen am Nachmittag. Bis dahin muss ich noch einige Angelegenheiten mit meinen Gefährten klären.«
Mazaret beobachtete, wie der Mann den Pokal behutsam auf einen kleinen runden Tisch neben sich stellte und spürte das grundlegende Misstrauen zwischen ihnen, das sie niemals überbrücken würden. Korren sah in ihm keinen Anführer, sondern ein schwieriges Hindernis, das den Interessen Nord-Cabals im Weg stand, und das es zu überwinden galt. Die Situation erinnerte Mazaret an die täglichen Intrigen am Kaiserhof vor vielen Jahren, wo bloße Worte oft erheblich wirksamer waren als der Dolch eines Meuchelmörders.
Dow Korren blieb auf der Schwelle der geöffneten Tür stehen und zog ein Futteral für Schriftrollen aus seinem Heroldsrock. »Wie unbedacht von mir, Lordkommandeur. Ich hätte beinahe vergessen, Euch dies hier zu geben.«
Mazaret nahm es entgegen, drehte den Verschluss ab und schüttelte das Pergament heraus. »Es enthält eine detaillierte Liste unserer nächsten Lieferung«, fuhr Korren fort. »Sie dürfte in wenigen Tagen die Küste von Dolbar erreichen.«
Mazaret las einige Zeilen und blickte dann hoch, bemüht, die Fassung zu wahren. »Das kann nicht stimmen. Die meisten Posten umfassen nicht einmal die Hälfte von dem, was wir angefordert haben. Häute, Tuchballen, Eisenbarren, Werkzeuge … Allein das Pferdefutter ist nur ein Viertel von dem, worum wir ersuchten.«
Koren nickte mitfühlend. »Bedauerlicherweise sind einige unserer Überlandkarawanen von den Mogaun überfallen worden. Da die Schiffe nicht warten konnten, entschlossen wir uns, Euch zu schicken, was übrig geblieben ist, in der Hoffnung, dass Eure anderen Verbündeten die fehlenden Mengen ausgleichen.« Er lächelte. »Was sie gewiss auch tun werden. Also auf später, Mylord.« »Ich hätte diese Schlange auf der Stelle erwürgen sollen«, sagte Mazaret bissig.
»Das wäre nicht gerade eine besonders diplomatische Reaktion gewesen«, antwortete Bardow, während er Rotkrautbutter auf eine dicke Scheibe Brot schmierte und dann nach einem großen Stück Käse griff. »Wenn auch eine verständliche.«
»Er will einen Keil zwischen uns und die Jäger Kinder treiben, das ist klar. Aber wo sieht er seinen Vorteil?« Mazaret trommelte mit den Fingern auf dem Tisch. »Warum sollte Nord-Cabal uns und die Jäger Kinder fast vier Jahre lang so bereitwillig unterstützen, und dann plötzlich, wenn unsere Pläne endlich Früchte tragen, mit diesen Ausflüchten und Scharaden beginnen?«
Sie saßen in einem der kleinen Archivräume, die am zentralen Kreuzgang des Klosters lagen. Winzige Kerzen standen in kleinen eisernen Kegeln auf einem Tisch und warfen ein gelbliches Licht an die Wände. Die hohen Regale an den Mauern waren vom Boden bis zur Decke mit Schriftrollen, Büchern, Pergamentbündeln, Körben und Kisten aller Art vollgestopft. Es roch nach Staub und Leder, und die Luft schmeckte rauchig von dem Feuer, das hinter ihnen in einem eisernen Feuerkorb in der Ecke
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