01 - Wie Feuer im Blut
letzte
Eintragung über Patrick Eden fand.
»Entlassen«,
stand da.
Sie
schleuderte das Buch durchs Zimmer und sank auf die Matratze. Sie schluchzte
und weinte, bis sie keine Tränen mehr hatte.
Jemand,
der in diesem Haus wohnte, hatte ihren Vater ermordet. Die Geschäftsleitung
der Warwick-Unternehmen war so oft von einer Person auf die andere
übergegangen, hatte Kate erzählt. Also konnte jeder von ihnen damals Aufseher
von Gunnerside gewesen sein - auch Damien.
Bonnie
stand auf und stellte sich ans Fenster.
Nicht
Damien. Oh, bitte nicht mein Mann.
Sie
bedeckte das Gesicht mit den Händen, taumelte gegen das Fensterbrett und preßte
die Wange gegen die kalte Scheibe.
Nicht
mein Mann.
Sie
lief zum Kleiderschrank, riss ihren Mantel heraus, warf ihn sich über die
Schultern und rannte die Treppe hinunter. Sie hörte Jewel erschrocken ihren
Namen rufen, als sie schon die Vordertür öffnete und aus dem Haus floh.
Bonnie
hastete den Pfad hinunter, auf dem sie in jener stürmischen Nacht nach
Braithwaite gekommen war. Sie rannte, bis ihre Lunge von der kalten Luft
brannte. Sie empfand nun den Schmerz über den Tod ihres Vaters genauso heftig
wie vor sechs Jahren, weil ihr Verstand sagte, dass sie möglicherweise seinen
Mörder geheiratet hatte ... Ihr Herz wollte das nicht glauben - mochte es
nicht glauben. Aber ...
Die
Ruinen von Middleham Castle ragten, von Nebelschwaden eingehüllt, düster vor
ihr auf. Bonnie brach auf den Stufen des Hauptturms zusammen --
erschöpft und mit gebrochenem Herzen. Der Zorn wallte in ihr auf. Erst wenige
Tage zuvor hatte sie hier mit ihrem Gatten gesessen und Pläne für die
gemeinsame Zukunft gemacht.
Bestand
die Möglichkeit, dass Damien nicht wußte, wie ihr Vater umgekommen war?
Aber
die Leute in ihrem Dorf wussten es. Sie hatte sich einmal im Schatten einer
Mauer versteckt und die Minenarbeiter von Gunnerside belauscht, die über ihr
und Patricks Verschwinden gesprochen hatten. Sie hatten sie beide -
Vater und Tochter - für tot gehalten - ermordet vom Minenaufseher -,
aber als sie sich den Leuten zeigen und ihnen die Wahrheit enthüllen wollte,
hatte sie einen der Bergleute sagen hören: »Kein Richter wird diesen
verdammten Adeligen verurteilen. Er gehört doch praktisch zur königlichen Familie.
Haltet lieber euren Mund, oder ihr werdet euch selbst am Grund eines
verlassenen Schachtes als Leiche wiederfinden wie das Mädchen und ihr Vater.«
Damien musste
Bescheid wissen. Seit seiner Rückkehr aus Gunnerside war er anders gewesen,
irgendwie bedrückt - und sie hatte geglaubt, er wäre um seine Plantage
besorgt gewesen! Sie hätte wissen müssen, dass er sich nicht damit
zufriedengeben würde, nur beim Pfarrer anzuklopfen und sich ihren Geburtsschein
zu besorgen. Natürlich hatte er alles über sie und ihre Vergangenheit erfahren
wollen.
Er
wußte Bescheid, und hatte nie mit ihr darüber gesprochen. Er hatte sie geheiratet,
obwohl er wußte, dass er oder ein Mitglied seiner Familie ihren Vater ermordet
hatte.
Entweder
liebte er sie über alle Maßen - oder er wollte sichergehen, dass sie
schwieg - für immer.
Miles warf seinen
Mantel über das Treppengeländer und blies in seine Hände, um sie zu wärmen. Er
sah sich in dem mit Stechginster und Tannenzweigen geschmückten Vestibül um und
betrachtete die roten Kerzen und Samtschleifen, die an den Wänden befestigt
waren. Er drehte sich zu Richard um. »Du hattest recht. Offenbar hat sich
Damien nun für immer in Braithwaite eingerichtet.«
Richard
nahm seinen Hut ab. »Scheint so. Wo, zum Teufel, stecken die Dienstboten, wenn
man sie braucht? Wo ist Damien? Und warum lässt sich die Dame des Hauses nicht
blicken?«
»Ach,
ja, die Lady. Als ich sie zum letzten Mal gesehen habe, hat sie meine Geliebte
um Geld angebettelt.«
In
diesem Moment kam Jewel ins Foyer und rang verzweifelt die Hände. Als sie Miles
sah, blieb sie stehen und blies entrüstet die Backen auf. Dann fiel ihr Blick
auf Richard, und sie rief.- »Dem Himmel sei Dank, dass Sie zurück sind.
Seine Lordschaft ist ausgegangen, und ich fürchte, etwas Schreckliches ist mit
Mylady passiert.«
»Tatsächlich?«
erwiderte Richard. »Und wieso?«
»Mylady
war auf ihrem Zimmer und rannte dann plötzlich weinend aus dem Haus. Sie ist
noch nicht zurückgekommen.«
»Zweifellos
hat sich mein Bruder wieder wie ein Esel benommen«, lachte Miles.
Jewel
warf ihm einen vorwurfsvollen Blick zu. »Sie waren so glücklich wie zwei Turteltauben.
Seine Lordschaft
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