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01 - Winnetou I

01 - Winnetou I

Titel: 01 - Winnetou I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Squaws nicht zu tausenden dabei, wenn bei Wettrennen Pferde zu Tode geritten werden? Sind nicht Squaws dabei, wenn Boxer sich zerfleischen? Ich bin ein junges, unerfahrenes Mädchen und werde von euch zu den ‚Wilden’ gerechnet; aber ich könnte dir noch vieles sagen, was eure zarten Squaws tun, ohne daß sie dabei den Schauder empfinden, den ich fühlen würde. Zähle die vielen Tausende von zarten, schönen, weißen Frauen, welche ihre Sklaven zu Tode gepeinigt und mit lächelndem Mund dabei gestanden haben, wenn eine schwarze Dienerin totgepeitscht wurde! Und hier haben wir einen Verbrecher, einen Mörder. Er soll sterben, so, wie er es verdient hat. Ich will dabei sein, und das verurteilst du! Ist es wirklich unrecht von mir, daß ich so einen Menschen ruhig sterben sehen kann? Und wenn es ein Unrecht wäre, wer trägt die Schuld, daß die Roten ihre Augen an solche Dinge gewöhnt haben? Sind es nicht die Weißen, welche uns zwingen, ihre Grausamkeiten mit Härte zu vergelten?“
    „Ich glaube nicht, daß ein weißer Richter einen gefangenen Indianer zum Marterpfahl verurteilen wird.“
    „Richter! Zürne mir nicht, wenn ich das Wort sage, welches ich so oft von Hawkens gehört habe: Greenhorn! Du kennst den Westen nicht. Wo gibt es hier Richter, nämlich das, was du mit diesem Wort meinst? Der Stärkere ist der Richter, und der Schwache wird gerichtet. Laß dir erzählen, was an den Lagerfeuern der Weißen geschehen ist! Sind die unzähligen Indianer, welche im Kampf gegen die weißen Eindringlinge untergingen, alle schnell, an einer Kugel, an einem Messerstich gestorben? Wie viele von ihnen wurden zu Tode gemartert! Und doch hatten sie nichts getan als ihre Rechte verteidigt! Und nun bei uns ein Mörder sterben soll, der seine Strafe verdient hat, soll ich meine Augen davon abwenden, weil ich eine Squaw, ein Mädchen bin? Ja, einst waren wir anders; aber ihr habt uns gelehrt, Blut fließen zu sehen, ohne daß wir mit der Wimper zucken. Ich werde gehen, um dabei zu sein, wenn der Mörder Klekih-petras seine Strafe erleidet!“
    Ich hatte die schöne, junge Indianerin als ein sanftes, stilles Wesen kennengelernt; jetzt stand sie vor mir mit blitzenden Augen und glühenden Wangen, das lebende Bild einer Rachegöttin, die kein Erbarmen kennt. Fast wollte sie mir da noch schöner als vorher vorkommen. Durfte ich sie verurteilen? Hatte sie unrecht?
    „So geh“, sagte ich; „aber ich gehe mit.“
    „Bleib lieber hier!“ bat sie, wieder in einem ganz andern Ton sprechend. „Intschu tschuna und Winnetou sehen es nicht gern, wenn du mitkommst.“
    „Werden sie mir zürnen?“
    „Nein. Sie wünschen es nicht, werden es dir aber nicht verbieten; du bist unser Bruder.“
    „So gehe ich mit, und sie werden es verzeihen.“
    Als ich mit ihr hinaus auf die Plattform trat, stand Sam Hawkens da. Er rauchte aus seiner alten, kurzen Savannenpfeife, denn er hatte auch Tabak erhalten.
    „Ist jetzt eine andre Sache, Sir“, sagte er schmunzelnd. „Bis vorhin Gefangene gewesen und jetzt die großen Herren spielen; das ist ein Unterschied. Wie geht es Euch unter den neuen Verhältnissen?“
    „Danke gut“, antwortete ich.
    „Mir auch ausgezeichnet. Der Häuptling hat uns selbst bedient. Das ist doch fein, wenn ich mich nicht irre!“
    „Wo ist Intschu tschuna jetzt?“
    „Fort, wieder nach dem Fluß.“
    „Wißt Ihr, was jetzt dort geschieht?“
    „Kann es mir denken.“
    „Nun, was?“
    „Zärtlicher Abschied von den lieben Kiowas.“
    „Das weniger.“
    „Was denn sonst?“
    „Rattler wird gemartert.“
    „Rattler wird gemartert? Und da führt man uns hierher? Da muß ich auch dabei sein! Kommt, Sir! Wir wollen schnell hinab!“
    „Langsam! Könnt Ihr denn solche Szenen ersehen, ohne daß Euch der Schauder forttreibt?“
    „Ersehen? Schauder? Was Ihr doch für ein Greenhorn seid, geliebter Sir! Wenn Ihr Euch erst länger hier im Westen befindet, so werdet Ihr auch nicht mehr ans Schaudern denken. Der Kerl hat den Tod verdient und wird auf indianische Weise hingerichtet; das ist alles!“
    „Aber es ist Grausamkeit.“
    „Pshaw! Redet doch bei so einem Subjekt nicht von Grausamkeit! Sterben muß er doch! Oder seid Ihr etwa auch damit nicht einverstanden?“
    „O ja. Aber sie mögen es kurz mit ihm machen! Er ist ein Mensch!“
    „Ein solcher Mann, der einen andern, welcher ihm nicht das Mindeste getan hat, niederschießt, der ist kein Mensch mehr. Er war betrunken wie ein Vieh.“
    „Das ist doch

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