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01 - Winnetou I

01 - Winnetou I

Titel: 01 - Winnetou I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Mir? Bleibt mir doch mit solcher Albernheit vom Leib; Ihr müßt nun endlich wissen, daß ich solche Witze nicht vertragen kann!“
    „Es ist kein Scherz, sondern Ernst.“
    „Ernst? Da schlage doch der Donner drein, wenn ich mich nicht irre! Inwiefern denn Ernst? Worüber sollte ich mich denn da freuen?“
    „Über Euch.“
    „Über mich?“
    „Ja, über Euch selbst, denn Ihr würdet auch in meinen Büchern stehen.“
    „Ich, ich?“ fragte er, indem seine Äuglein größer und immer größer wurden.
    „Ja, Ihr. Ich würde natürlich auch von Euch schreiben.“
    „Von mir? Etwa das, was ich tue, was ich rede?“
    „Ja. Ich erzähle, was ich erlebt habe, und da ich mit Euch zusammengewesen bin, kommt Ihr auch mit in die Bücher, grad so, wie Ihr da vor mir sitzt.“
    Da ergriff er sein Gewehr, warf das Schinkenstück hin, welches er während des Gespräches über das Feuer gehalten hatte, sprang empor, stellte sich in drohender Haltung vor mich hin und schrie mich an:
    „Ich frage Euch allen Ernstes und vor allen diesen Zeugen, ob Ihr das wirklich tun wollt!“
    „Natürlich!“
    „So! Dann fordere ich euch hiermit auf, es augenblicklich zu widerrufen und mir mit einigen Eiden zu versichern, daß Ihr es unterlassen werdet!“
    „Warum?“
    „Weil ich Euch sonst augenblicklich niederschießen oder niederschlagen werde, hier mit dieser meiner alten Liddy, welche ich da in meinen Händen habe. Also, wollt Ihr oder nicht?!“
    „Nein.“
    „So haue ich zu!“ schrie er, indem er mit dem Kolben seiner Liddy ausholte.
    „Haut immer zu!“ antwortete ich ruhig.
    Der Kolben schwebte einige Augenblicke über meinem Haupt; dann ließ er ihn sinken, warf das Gewehr ins Gras, schlug ganz trostlos die Hände zusammen und jammerte:
    „Dieser Mensch ist übergeschnappt, ist verrückt geworden, vollständig verrückt! Ich ahnte es sogleich, als er Bücher schreiben und ein Lehrer seiner Leser werden wollte, und nun ist es wirklich eingetroffen. Nur ein Wahnsinniger kann so ruhig und kaltblütig sitzen bleiben, wenn meine Liddy über seinem Haupt schwebt. Was soll man nun mit diesem Menschen machen? Ich glaube kaum, daß er zu kurieren sein wird!“
    „Es bedarf keiner Kur, lieber Sam“, antwortete ich. „Mein Verstand ist vollkommen ungetrübt.“
    „Warum aber tut Ihr mir da nicht meinen Willen? Warum verweigert Ihr mir die Eide und laßt Euch lieber erschlagen?“
    „Pshaw! Sam Hawkens erschlägt mich nicht; das weiß ich ganz genau.“
    „Das wißt Ihr? So, so, das wißt Ihr also! Und leider ist es auch wahr. Ich würde mich lieber selbst erschlagen, als Euch ein einziges Härlein krümmen.“
    „Und Eide schwöre ich nicht. Bei mir pflegt das Wort zu gelten, grad so wie ein Schwur. Und endlich lasse ich mir ein Versprechen nicht durch Drohungen, selbst wenn es mit der Liddy wäre, abpressen. Die Sache mit den Büchern ist gar nicht so dumm, wie Ihr meint. Ihr kennt das nur nicht, und ich werde es Euch später, wenn wir mehr Zeit haben, einmal erklären.“
    „Danke Euch!“ meinte er, indem er sich niedersetzte und wieder nach dem Schinken griff. „Brauche keine Erklärung für etwas, was gar nicht erklärt werden kann. Lehrer seiner Leser! Geld verdienen mit dem Buchmachen! Lächerlich!“
    „Und bedenkt die Ehre, Sam!“
    „Welche Ehre?“ fragte er, mir das Gesicht rasch wieder zuwendend.
    „Die Ehre, von so vielen Leuten gelesen zu werden. Man wird dadurch berühmt.“
    Da hob er die Rechte mit dem großen Schinkenstück hoch empor und schrie mich an:
    „Sir, nun haltet augenblicklich auf, sonst werfe ich Euch diese zwölf Pfund Bärenschinken an den Kopf! Dort gehört der Schinken hin, denn Ihr seid grad so dumm oder noch viel dümmer als der dümmste Grizzlybär. Durch das Buchmachen berühmt werden! Hat man jemals eine so jämmerliche Behauptung gehört! Ich noch nicht, wirklich noch nicht! Was wollt denn grad Ihr von Berühmtheit wissen! Ich will Euch sagen, wie man berühmt werden kann. Da liegt das Bärenfell; seht es Euch an! Schneidet die Ohren ab und steckt sie Euch an den Hut; nehmt die Krallen von den Tatzen und die Zähne aus dem Rachen und fertigt Euch eine Kette daraus, die Ihr Euch um den Hals hängt. So macht es jeder weiße Westmann und jeder Indianer, der das große Glück gehabt hat, einen Grizzly zu erlegen. Dann heißt es, wohin er kommt und wo man ihn nur sieht: ‚ Schaut den Mann an! Der hat es mit einem Bären aufgenommen!’ So sagen alle; jeder wird ihm gern und

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