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01 - Winnetou I

01 - Winnetou I

Titel: 01 - Winnetou I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Indianern, denn das Rauchen der Friedenspfeife wird bei ihnen in Wirklichkeit als eine Feierlichkeit betrachtet, welche sehr ernste Gründe und ebenso ernste Folgen hat. Wie oft habe ich später das Calumet rauchen müssen und bin mir dabei des Ernstes, der Würde der Handlung voll bewußt gewesen. Hier und heut aber hatte sie mich gleich von vornherein angewidert, und dann war mir bei Sams Herzen, das ‚wie ein Maultier am Baum hing’, die Prozedur gar drollig erschienen. Meine Hand stank nach der Pfeife, und meine ganze Seele jubelte im stillen darüber, daß sie nun im Mund des Häuptlings und nicht in dem meinigen steckte. Ich zog, um selbst die Erinnerung an den Geschmack der Pfeife zu vernichten, eine Zigarre aus der Tasche und brannte sie an. Welch begierige Augen richteten da die Roten auf mich! Der Fuchs öffnete den Mund, daß ihm die Pfeife herausfiel; als geschulter Krieger hatte er die Geistesgegenwart, sie aufzufangen und wieder zwischen die Lippen zu stecken, aber es war ihm anzusehen, daß ihm in diesem Augenblick eine einzige Zigarre lieber war als tausend Friedens- und Kinnikinnikpfeifen.
    Da wir mit Santa Fé in Verbindung standen, von woher wir per Ochsenwagen unsere Bedürfnisse bekamen, war es mir nicht schwer gewesen, mich mit Zigarren zu versorgen. Sie waren ziemlich billig, und ich zog diesen Genuß vor, während die andern sich im Brandy betranken. Ich hatte heut früh welche mitgenommen und mich, weil wir womöglich auch erst morgen zurückkehren konnten, gleich für zwei Tage versehen; also konnte ich den sichtlich ungeheuren Appetit der Roten stillen; ich reichte jedem von ihnen eine Zigarre hin. Der Fuchs legte die Pfeife sofort weg und brannte die seinige an; seine Leute verfuhren aber anders; sie steckten die Zigarren nicht bloß mit der Spitze in den Mund, sondern sie schoben sie ganz hinein, um sie zu kauen. Der Geschmack der Menschenkinder ist verschieden. Ein altes Wort sagt, der eine habe ihn vorn, der andere hinten; jetzt sah ich, daß dieses Wort wirklich wahr ist, denn die Kiowas hatten ihn hinten. Ich schwur im stillen, ihnen nie wieder etwas zu schenken, was zum Rauchen, aber nicht zum Essen da ist.
    Jetzt waren alle Formalitäten erfüllt und die Roten in der besten Stimmung. Sam begann also mit der Frage:
    „Meine Brüder sagen, daß das Kriegsbeil zwischen ihnen und den Mescalero-Apachen ausgegraben sei. Ich weiß nichts davon. Seit wie lange ruht es nicht mehr in der Erde?“
    „Seit der Zeit, welche die Bleichgesichter zwei Wochen nennen. Mein Bruder Sam wird sich in einer abgelegenen Gegend befunden haben, so daß er es nicht erfahren konnte.“
    „Das ist richtig. Die Völker lebten aber doch in Frieden. Was ist der Grund, daß meine Brüder zu den Waffen gegriffen haben?“
    „Die Hunde von Apachen haben vier von unsern Kriegern getötet.“
    „Wo?“
    „Am Rio Pecos.“
    „Da stehen doch nicht eure Zelte?“
    „Aber diejenigen der Mescaleros.“
    „Was wollten eure Krieger dort?“
    Der Kiowa besann sich keinen Augenblick, der Wahrheit gemäß zu antworten:
    „Es zog eine Schar von unsern Kriegern aus, um des Nachts die Pferde der Mescalero-Apachen zu überfallen. Diese stinkenden Hunde aber wachten gut; sie wehrten sich und töteten unsere tapfern Männer. Darum ist zwischen uns und ihnen das Kriegsbeil ausgegraben worden.“
    Also die Kiowas hatten Pferde stehlen wollen, waren aber ertappt und vertrieben worden. Daß dabei einige von ihnen ihr Leben gelassen hatten, daran waren sie selbst schuld. Dennoch sollten das die Apachen büßen, welche in ihrem Recht waren, indem sie ihr Eigentum verteidigt hatten. Am liebsten hätte ich den Spitzbuben dies ehrlich ins Gesicht gesagt; ich öffnete wohl auch schon den Mund, denn Sam winkte mir warnend zu und fragte weiter:
    „Wissen die Apachen davon, daß eure Krieger gegen sie ausgezogen sind?“
    „Denkt mein Bruder, daß wir es ihnen gesagt haben? Wir fallen heimlich über sie her, töten ihnen so viele, wie wir töten können, und nehmen dann alles mit, was wir von ihren Tieren und Sachen brauchen können.“
    Das war ja schrecklich! Ich konnte mich nicht enthalten, jetzt die Frage einzuwerfen:
    „Warum haben meine tapfern Brüder die Pferde der Apachen haben wollen? Ich habe gehört, daß der reiche Stamm der Kiowas viel mehr Pferde besitzt, als seine Krieger brauchen.“
    Der Fuchs sah mir lächelnd in das Gesicht und antwortete:
    „Mein junger Bruder Old Shatterhand ist über das große Wasser

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