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01 - Winnetou I

01 - Winnetou I

Titel: 01 - Winnetou I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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da traf ihn meine Faust, daß er niederstürzte. Aber er hatte einen harten Schädel; er war nicht vollständig betäubt und wollte wieder auf. Darum mußte ich mich zu ihm niederbücken, um ihm noch einen Hieb zu geben, und konnte also für einen Augenblick nicht auf die andern achten. Als ich ihm den zweiten Schlag versetzt hatte und mich wieder aufrichtete, sah ich Sam Hawkens auf einem Roten knien, den er beim Hals gepackt hatte. Stone und Parker rangen den zweiten nieder; der dritte rannte laut schreiend davon.
    Ich kam Sam zu Hilfe. Als dies geschehen war und wir seinen Kiowa gebunden hatten, waren Dick und Will mit dem ihrigen auch fertig.
    „Das war nicht schlau von euch“, sagte ich ihnen. „Warum habt ihr den dritten entkommen lassen?“
    „Weil ich grad denselben packte, auf den es Stone auch abgesehen hatte“, antwortete Parker. „Dadurch gingen nur zwei Sekunden verloren, aber doch Zeit genug für den Halunken, sich davonzumachen.“
    „Schadet nichts“, tröstete Sam Hawkens. „Es hat ja keine andere üble Folge, als daß der Tanz etwas eher beginnt. Darüber wollen wir uns die Köpfe ja nicht zerstoßen. In zwei oder drei Minuten sind die Roten da. Wollen dafür sorgen, daß wir freies Feld zwischen uns und ihnen haben!“
    Wir fesselten schnell auch den Häuptling. Die Surveyors hatten mit großem Schreck gesehen, was wir taten. Der Oberingenieur kam auf uns zugesprungen und schrie entsetzt:
    „Was fällt euch ein, ihr Leute! Was haben euch die Indianer getan? Wir werden alle des Todes sein!“
    „Das werdet Ihr allerdings, Sir, wenn Ihr Euch uns nicht schnell zugesellt“, antwortete Sam. „Ruft Eure Leute herbei und kommt mit uns! Wir werden euch beschützen.“
    „Ihr uns beschützen? Das ist doch – – –“
    „Schweigt!“ fiel ihm der Kleine in die Rede. „Wir wissen ganz genau, was wir wollen. Wenn Ihr Euch nicht zu uns haltet, seid Ihr verloren. Also schnell!“
    Wir rafften die drei gefesselten Indianer auf und trugen sie eiligst fort, ein Stück in die offene Prärie hinein, wo wir halten blieben und sie niederlegten. Bancroft war uns mit den drei Surveyors nachgekommen. Wir hatten unsern jetzigen Haltepunkt ausgewählt, weil wir auf einem freien Terrain sicherer waren als an einer Stelle, die wir nicht ganz überblicken konnten.
    „Wer soll mit den Roten sprechen, wenn sie kommen? Vielleicht ich?“ fragte ich.
    „Nein, Sir“, antwortete Sam. „Ich werde es tun, denn Ihr seid des halbindianischen Mischmasch noch nicht mächtig. Unterstützt mich aber im geeigneten Augenblick, indem Ihr so tut, als ob Ihr den Häuptling erstechen wolltet.“
    Kaum hatte er das gesagt, so hörten wir das Wutgeheul der Kiowas, und einige Augenblicke später sahen wir sie bei dem schon erwähnten Gebüsch erscheinen, welches uns sozusagen als Gardine gedient hatte. Sie kamen um dasselbe herumgesprungen und auf uns zugerannt; da aber der eine schneller als der andere war, bildeten sie keinen zusammenhängenden Haufen, sondern eine ziemlich lange Reihe einzelner Läufer. Dies war für uns günstig, weil eine geschlossene Schar nicht so leicht zum Stehen zu bringen gewesen wäre.
    Der mutige Sam ging ihnen eine kurze Strecke entgegen und gab ihnen mit beiden Armen das Zeichen, stehen zu bleiben. Ich hörte, daß er ihnen etwas zurief, verstand es aber nicht. Es hatte nicht sofort die beabsichtigte Wirkung, doch als er seinen Ruf noch einige Male wiederholt hatte, sah ich, daß die vordersten Kiowas stehen blieben; die nachfolgenden Roten taten dann dasselbe. Er sprach zu ihnen und deutete dabei wiederholt auf uns. Da forderte ich Stone und Parker auf, den Häuptling stehend aufzurichten, und schwang ein Messer drohend gegen ihn. Die Roten ließen ein Geheul des Schreckes hören.
    Sam redete weiter zu ihnen, und dann sahen wir, daß einer von ihnen, der ein Unterhäuptling war, sich von der Schar trennte und mit Sam langsamen, würdevollen Schrittes zu uns kam. Als sie uns erreichten, deutete Sam auf unsere drei Gefangenen und sagte zu ihm:
    „Du siehst, daß du die Wahrheit von mir gehört hast. Sie befinden sich vollständig in unserer Gewalt.“
    Der Unterhäuptling, welchem man den Grimm, der ihn beherrschte, ansah, betrachtete die drei und antwortete:
    „Diese beiden gefesselten roten Krieger befinden sich noch am Leben; der Häuptling aber scheint tot zu sein!“
    „Er ist nicht tot. Die Faust Old Shatterhands hat ihn zu Boden gestreckt; da ist die Besinnung von ihm gegangen; sie

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