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01 - Winnetou I

01 - Winnetou I

Titel: 01 - Winnetou I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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nichts Besseres einfällt, so sollt Ihr Euren Willen haben. Wir riskieren das Leben; aber da ich noch keine Lust zum Sterben habe, so denke ich, daß wir mit einem oder mit einigen blauen Augen davonkommen werden – hihihihi!“
    So in seiner bekannten Weise heimlich in sich hineinlachend, entfernte er sich. Meine Herren Kollegen befanden sich gar nicht weit von mir, hatten aber unser Gespräch nicht hören können. Es fiel mir auch gar nicht ein, ihnen mitzuteilen, was ich tun wollte, denn ich war überzeugt, daß sie mich an der Ausführung gehindert hätten. Ihr Leben stand ihnen höher als dasjenige der gefangenen Apachen.
    Ich war mir dessen, was ich riskierte, wohl bewußt. Durfte ich Dick Stone und Will Parker in die Gefahr, welche ich heraufbeschwören wollte, mit hineinziehen, ohne sie vorher zu benachrichtigen? Nein. Ich fragte sie also, ob ich sie aus dem Spiel lassen solle. Da antwortete Stone:
    „Was fällt Euch ein, Sir! Haltet Ihr uns für Halunken, die einen Freund im Stich lassen, wenn er sich in Not befindet? Das, was Ihr vorhabt, ist ein echter, richtiger Westmannstreich, an welchem wir uns mit wahrer Wonne beteiligen werden. Nicht wahr, alter Will?“
    „Ja“, nickte Parker. „Möchte doch sehen, ob wir vier nicht die Leute dazu sind, es mit zweihundert Indsmen aufzunehmen. Freue mich schon darauf, wenn sie angebrüllt kommen werden und uns doch nichts tun dürfen!“
    Ich arbeitete ruhig weiter und blickte nicht zurück, bis mir nach einiger Zeit Stone zurief:
    „Macht Euch fertig, Sir; sie kommen!“
    Nun wendete ich mich um. Sam kam mit Tangua. Leider waren noch drei Rote dabei.
    „Jeder einen Mann“, sagte ich. „Ich nehme den Häuptling. Aber faßt sie bei der Gurgel, damit sie nicht schreien können, und wartet hübsch, bis ich anfange; ja nicht früher.“
    Ich ging Tangua langsamen Schrittes entgegen; Stone und Parker folgten mir. Als wir zusammentrafen, standen wir so, daß die Kiowas uns wegen des bereits erwähnten Gebüsches nicht sehen konnten. Der Häuptling zeigte kein freundliches Gesicht und sagte in ebenso unfreundlichem Ton:
    „Das Bleichgesicht, welches Old Shatterhand genannt wird, hat mich kommen lassen. Hast du vergessen, daß ich der Häuptling der Kiowas bin?“
    „Nein; ich weiß, daß du es bist“, antwortete ich ihm.
    „So hättest du zu mir kommen müssen, anstatt ich zu dir. Da ich aber weiß, daß du dich erst seit kurzer Zeit in diesem Land befindest und also erst lernen mußt, höflich zu sein, will ich dir diesen Fehler verzeihen. Was hast du mir zu sagen? Sprich kurz, denn ich habe keine Zeit!“
    „Was ist es, was du so Notwendiges zu tun hast?“
    „Wir wollen die Hunde der Apachen heulen lassen.“
    „Wann?“
    „Jetzt.“
    „Warum so bald? Ich dachte, ihr würdet die Gefangenen mit in eure Wigwams nehmen, um sie dort, in Gegenwart eurer Squaws und Kinder, an dem Marterpfahl sterben zu lassen.“
    „Wir wollten es; aber sie würden uns hindern, den Kriegszug auszuführen, auf welchem wir uns befinden. Darum sollen sie schon heut ihr Leben lassen.“
    „Ich bitte dich, dies nicht zu tun!“
    „Du hast nichts zu bitten“, fuhr er mich an.
    „Willst du nicht ebenso höflich sprechen, wie ich mit dir rede? Ich habe nur eine Bitte ausgesprochen. Hätte ich die Absicht gehabt, dir einen Befehl zu geben, so könntest du vielleicht Veranlassung haben, grob zu sein.“
    „Ich mag von euch nichts hören, weder einen Befehl noch eine Bitte. Ich werde keines Bleichgesichts wegen an dem, was ich beschlossen habe, etwas ändern.“
    „Vielleicht doch! Habt ihr das Recht, die Gefangenen zu töten? Ich will deine Antwort nicht hören, denn ich kenne sie und werde nicht mit dir darüber streiten; aber es ist ein Unterschied, einen Menschen schnell und schmerzlos zu töten oder ihn langsam zu Tode zu martern. Wir werden es nicht zugeben, daß dies letztere in unserer Gegenwart geschieht.“
    Da reckte er seine Gestalt höher auf und antwortete in verächtlichem Ton:
    „Nicht zugeben? Für wen hältst du dich! Du bist gegen mich wie eine Kröte, welche sich gegen den Bär des Felsengebirges auflehnen will. Die Gefangenen sind mein Eigentum; und ich tue mit ihnen, was ich will.“
    „Sie gerieten nur durch unsere Hilfe in eure Hände; darum haben wir ganz dasselbe Recht auf sie wie ihr. Wir wünschen, daß sie leben bleiben.“
    „Wünsche, was du willst, du weißer Hund; ich verlache deine Worte!“
    Er spuckte vor mir aus und wollte sich abwenden;

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