010 - Die Todesengel
gewesen sein, daß ich durch eine Fehlschaltung die Szene aus Storms Zimmer auf meinen Apparat überspielt bekam. Andererseits …«
»Warum gibst du dich nicht mit der Erklärung zufrieden, daß es sich um eine Trickmontage gehandelt hat?« schlug Coco vor.
»Weil ich in Storms Zimmer war und seine Leiche gesehen, sie sogar berührt habe.«
»Dorian, ich …« Coco verstummte.
»Was hast du?«
»Wer ist das, Dorian?«
Dorian folgte ihrem Blick und sah Schwester Mercy und Schwester Hercy von links auf sie zukommen. Sie trugen wieder ihre altmodischen Kleider mit den Reifröcken und hatten beide einen Sonnenschirm, obwohl der Himmel bewölkt war.
»Ach, die!« sagte Dorian lachend. »Das sind zwei nette alte Damen, die versuchen, den Patienten das Leben hier erträglicher zu gestalten.«
»Sie sind Schwestern«, stellte Coco fest.
»Wieso weißt du das?«
»Weil ich sie kenne.«
Die Schwestern grüßten höflich, als sie an ihnen vorbeikamen, drehten sich dann noch einige Male um, kicherten und tuschelten. Alles wie gehabt.
»Ich bin ganz sicher, daß sie es sind. Ein Irrtum ist ausgeschlossen.«
»Woher willst du sie denn kennen?« erkundigte sich Dorian zweifelnd. »Du hattest in London doch keine Bekannten, bevor ich dich hierher brachte.«
»Ich kenne sie aus Wien«, sagte Coco. Ihr Gesicht war unnatürlich blaß geworden. »Sie gingen früher im Hause meiner Familie ein und aus. Es sind Hexen – oder besser, sie waren es.«
Dorian blickte von den entschwindenden Schwestern zu Coco und wieder zurück. »Bist du ganz sicher?«
»Ich kann mich einfach nicht irren. Ihr Bild ist mir zu deutlich in Erinnerung.«
Dorian war nachdenklich geworden. Er hakte Coco wieder unter und ging mit ihr in die entgegengesetzte Richtung. »Was weißt du über sie? Erzähle mir alles!«
»Es sind nur Gerüchte, die ich aufgeschnappt habe«, schränkte Coco ein, »aber im großen und ganzen werden sie schon stimmen.«
»Ich möchte trotzdem alles wissen.«
»Man munkelt, daß die Schwestern Asmodis Geheimnis gelüftet hatten. Du weißt, daß es innerhalb der Schwarzen Familie ständig Positionskämpfe gibt. Der Fürst der Finsternis ist für die anderen nicht unbedingt tabu. Auch er kann gestürzt werden. Nun, die Schwestern schienen Asmodi durch ihr Wissen in der Hand gehabt zu haben. Vielleicht erpreßten sie ihn oder sie bereiteten seinen Sturz vor. Sie waren jedenfalls sehr mächtig, intrigierten, tyrannisierten. Dann dürften sie einmal zu weit gegangen sein. Genaues über die Hintergründe erfuhr man eigentlich nie. Aber es muß Asmodi irgendwie gelungen sein, die Macht der Schwestern zu brechen und sie unschädlich zu machen. Sie verschwanden plötzlich spurlos, und niemand hat je wieder etwas von ihnen gehört.« Coco machte eine Pause und fügte dann hinzu: »Sie haben Asmodis furchtbare Rache zu spüren bekommen. Er stieß sie nicht nur aus der Schwarzen Familie aus, sondern trieb sie auch noch in den Wahnsinn. Jetzt können sie ihm nicht mehr gefährlich werden.«
»Ist das alles, was du weißt?« fragte Dorian und packte sie an den Armen. »Versuche dich zu erinnern! Es kann für uns überaus wichtig sein.«
»Du tust mir weh, Dorian«, sagte Coco und entwand sich seinem Griff. »Nein, tut mir leid, mehr weiß ich bestimmt nicht über sie. Alle Informationen habe ich nur aus zweiter Hand.«
»Und du hast keine Ahnung, was die Schwestern gegen Asmodi in der Hand gehabt haben könnten?«
»Wirklich nicht«, versicherte Coco.
»Es könnte meine Chance sein!« stieß Dorian hervor. »Die Schwestern müssen irgend etwas gewußt haben, womit sie Asmodis Existenz bedrohen konnten.«
»So schien es zumindest«, bestätigte Coco, »aber jetzt sind sie nicht mehr in der Lage, ihre Waffe einzusetzen.«
»Aber ich könnte es tun. Ich muß mich in den Besitz dieses Geheimnisses bringen.«
»Sei vorsichtig, Dorian!«
»Was soll mir hier im Sanatorium schon zustoßen?«
»Es sind hier schon drei Morde passiert.«
»Sieh an! Jetzt glaubst du mir auf einmal.«
»Die Situation hat sich geändert.«
Dorian überlegte eine Weile, dann hatte er sich entschlossen. »Ich werde heute nacht noch handeln, aber allein sind mir die Hände gebunden. Ich brauche jemanden, der mir hilft.«
»Ich unterstütze dich gern.«
»Nein, das wäre ein zu großes Risiko. Mein Helfer muß jemand von hier sein, jemand, der sich hier gut auskennt und sich überall frei bewegen kann. Es gibt eigentlich nur einen, dem ich vertrauen
Weitere Kostenlose Bücher