010 - Die weiße Hexe
Station.
Das Gasthaus war darauf schon eingerichtet. Natürlich kassierte Dinsdale Lamb vom Wirt eine fette Provision. Hätte er dieses Geld nicht bekommen, dann hätte sich Lamb unverzüglich nach einem anderen Gasthaus umgesehen, dessen Inhaber bereit war, die verlangte Summe anstandslos zu bezahlen.
Das wußte der Wirt, und deshalb entrichtete er stets ohne Murren seinen Obolus.
Im Festsaal des Gasthauses lief gerade das bunte Programm.
Zweit- und drittklassige Künstler, die billig zu kriegen waren, unterhielten das anspruchslose Publikum, das dankbar lachte und frenetisch applaudierte.
Dinsdale Lamb ließ sich kurz in der Küche blicken. Martin Culler, der wohlbeleibte Wirt, schoß zwischen den Herden hin und her und trieb seine Angestellten an.
Als er Lamb erblickte, eilte er auf ihn zu. Lamb grinste. »Das Geschäft läuft mal wieder auf Hochtouren, was?«
»O ja, wir haben alle Hände voll zu tun, Mr. Lamb.«
»Ich habe leider wieder eine große Schafherde gebracht. Sie brauchen sie nur noch tüchtig zu scheren.« Lamb stieß Culler mit dem Ellenbogen an und lachte meckernd.
»Ich bin Ihnen, wie stets, zu Dank verpflichtet«, sagte Martin Culler nervös. Er wäre gern an seine Kochtöpfe und Pfannen zurückgekehrt, aber er wollte Lamb gegenüber nicht unhöflich sein, deshalb blieb er stehen.
»Sie wissen, wie Sie mir Ihre Dankbarkeit erweisen können«, sagte Dinsdale Lamb.
»Selbstverständlich. Sie werden wie immer zufrieden sein.«
»Kann ich’s gleich haben?«
»Hat es nicht bis später Zeit?«
»Nun machen Sie schon, Culler. Ein Briefumschlag mit Geld ist doch gleich übergeben.«
»Ja. Ja.« Martin Culler wischte sich die Hände in der weißen Schürze ab und verließ mit Lamb die Küche. Er begab sich in sein Büro. Lamb blieb in der Tür stehen. Culler schloß eine Schreibtischlade auf und entnahm ihr den Umschlag, in dem sich die Banknoten befanden. »Wie Sie sehen, es war schon vorbereitet«, sagte der Wirt.
»Die übliche Summe?«
»Die übliche Summe«, bestätigte Culler.
»Ich brauche wohl nicht nachzuzählen.«
»Nur, wenn Sie mir nicht trauen.«
Dinsdale Lamb legte dem rundlichen Mann die Hand jovial auf die Schulter. »Warum sollte ich einem Partner wie Ihnen nicht trauen? Sie haben mich doch noch nie enttäuscht. Sie sind gescheit. Sie wissen, was passiert, wenn Sie mal versuchen sollten, mich übers Ohr zu hauen.«
Culler lachte gepreßt. »Na hören Sie mal, wie kommen Sie denn auf die Idee.«
»War nur so dahergeredet. Vergessen Sie’s«
»Ich muß in die Küche zurück.«
»Lassen Sie sich nicht aufhalten«, sagte Lamb lächelnd.
Der Wirt verschwand. Ein breiter Gang führte zum Gastraum.
Diesen schritt Lamb entlang. Plötzlich hatte er das Gefühl, beobachtet zu werden. Jemand schien hinter ihm zu stehen und ihn anzustarren. Er drehte sich ruckartig um und sah am Ende des Ganges eine seltsame Gestalt. Gedrungen, mit grün glänzender Haut und stumpfen Hörnern auf dem kahlen Kopf. Einen Sekundenbruchteil lang sah Lamb die Gestalt nur, dann war sie verschwunden…
***
Dinsdale Lamb verzog das Gesicht zu einem breiten Grinsen.
»Junge«, murmelte er, »paß auf dich auf, du fängst an, Marsmenschen zu sehen, mit Antennen auf dem Schädel.« Er tat das Ganze als glatte Einbildung ab, betrat den Festsaal und begab sich hinter die Bühne.
Claudia Clooney und Peggy Desmond standen da. Zwei Superbienen in zyklamefarbenen Trikots. Ihre Figur war atemberaubend, und sie hatten beide endlos lange Beine. Sie würden Lamb später beim Verkauf unterstützen. Wer konnte bei diesen schönen Häschen schon nein sagen.
»Na, ihr beiden«, sagte Lamb, trat zwischen sie und legte seine Arme um ihre Taillen. »Diejenige, die heute am meisten verkauft, darf nachher zu mir aufs Zimmer kommen, also strengt euch an.«
Claudia und Peggy lachten leise. »Es gibt wohl keine schönere Belohnung für uns, wie?« sagte Claudia.
Er betrachtete ungeniert ihren üppigen Busen. »Ich kann mir keine schönere vorstellen.«
»Womit du beweist, wie eng eigentlich dein Horizont ist.«
Lamb kniff sie in den Po. »Du, werd bloß nicht frech, ja?«
»Was würdest du tun, wenn wir beide gleich viel verkauften?«
fragte Peggy Desmond amüsiert. Sie trug das braune Haar hochgesteckt, wodurch ihr weißer Schwanenhals gut zur Geltung kam.
Er grinste. »In dem Fall könnte ich natürlich keiner von beiden einen Vorzug einräumen.«
»Folglich würde er passen«, sagte Claudia Clooney und
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