010 - Die weiße Hexe
kicherte verhalten.
»Hat Dinsdale Lamb schon mal gekniffen?« fragte er großspurig.
»Übernimmst du dich da nicht ein wenig?« fragte Claudia stichelnd.
»Dummerchen. Ich bin ein Mann in den besten Jahren.«
»Ja, jetzt noch. Aber morgen siehst du aus wie dein eigener Vater.«
Er bleckte die Zähne. »Darauf lasse ich es ankommen.«
Claudia Clooney löste sich von ihm. Die Leute, die die Busfahrt mitgemacht hatten, würden nach dem Abendessen nach London, zum Ausgangspunkt der kleinen Tagesrundreise, zurückgebracht werden. Dinsdale Lamb und die Mädchen würden hierbleiben. Die Zimmer waren bereits reserviert. Morgen würde ein neuer Bus London verlassen, hier kurz anhalten und Lamb und die Mädchen an Bord nehmen.
Claudia, schwarzhaarig und rassig, verließ den Festsaal. Sie wußte, daß Dinsdale Lamb ihr nachschaute, und sie wiegte sich deshalb herausfordernd in den Hüften.
In der Damentoilette betrachtete sie sich im Spiegel, während sie sich die Hände wusch. Bildhübsch war sie, und sie fragte sich, warum sie eigentlich nicht versuchte, als Fotomodell unterzukommen. Bei ihrem Aussehen hätte sich doch ein Job finden lassen müssen. Und prüde war sie auch nicht. Es hätte ihr nichts ausgemacht, vor der Fotolinse die Hüllen fallen zu lassen. Für sie waren Mädchen, die sich diesbezüglich zierten, dumme Gänschen.
Sie begab sich zum elektrischen Handtrockner und rieb ihre schlanken Händen im warmen Luftstrom. Der Waschraum war erfüllt vom Dröhnen des Geräts. Es war fast nichts zu hören, als sich die Tür öffnete.
Claudia Clooney nahm es zwar wahr, aber sie kümmerte sich nicht darum. Gewissenhaft trocknete sie ihre Hände. Als sich das Gerät abschaltete, drehte sich das Mädchen um… und prallte entsetzt zurück!
***
Ich begab mich in Vicky Bonneys Arbeitszimmer. Sie war beim Korrigieren ihres Manuskripts, schaute auf und schenkte mir ein müdes Lächeln. Ich strich eine blonde Haarsträhne aus ihrem Gesicht.
»Wie kommst du voran mit der Arbeit?« fragte ich.
»Zufriedenstellend.«
»Silver, Roxane und ich müssen weg.«
»Mago?«
»Ja. Seine Schergen sind aufgetaucht.« Ich erzählte meiner Freundin von Ian Ekenberrys Anruf.
»Ich drücke euch die Daumen. Wäre zu schön, um wahr zu sein, wenn es auch gelänge, den Schwarzmagier unschädlich zu machen. Roxane brauchte nicht mehr mit dieser permanenten Angst zu leben.«
»Wir werden nichts unversucht lassen, um ihn zu kriegen«, sagte ich, trat neben Vicky und küßte sie auf die Lippen.
»Paß auf dich auf«, bat sie mich.
»Darauf kannst du dich verlassen«, erwiderte ich und ging. Ich holte meine Waffen: die Schulterhalfter, in der mein mit geweihten Silberkugeln geladener Colt Diamondback steckte, das magische Silberfeuerzeug und sie superflache Weihwasserpistole, die ich in meinen Gürtel schob.
Roxane und Mr. Silver warteten ungeduldig auf mich. Wir verließen zu dritt das Haus. Ich holte meinen weißen Peugeot 504 TI aus der Garage, stieß die Türen auf, und die Hexe und der Ex-Dämon stiegen ein.
Ich fuhr los und brummte in meinen imaginären Bart: »Na, mal sehen, was dieser Abend an Überraschungen für uns bereithält.«
***
Oda saß auf dem Bett und starrte die Wand an. Ian Ekenberry ging ruhelos auf und ab. »Vielleicht hätten wir sie doch in ein Krankenhaus bringen sollen«, meinte Bruce Perkins. »Sieh sie dir an. Sieht sie nicht bemitleidenswert aus?«
»Mir krampft es das Herz zusammen, wenn ich sie anschaue«, sagte Ekenberry. »Tony Ballard wird die Sache in die Hand nehmen. Er wird wissen, was mit dem Mädchen geschehen soll.«
Oda zitterte. Ihre Lider flatterten. »Sieh nur«, sagte Perkins. »Etwas scheint sie aufzuregen.«
»Vielleicht kommt sie endlich ganz zu sich.«
»Oda!« sagte Perkins eindringlich. »Oda, hören Sie mich? Können Sie mich verstehen?«
»Sie sagt kein Wort, es ist zum Verrücktwerden.«
Perkins ergriff die Schultern des Mädchens und schüttelte es sanft. »Oda!«
»Laß sie«, sagte Ekenberry. »Es hat keinen Zweck. Wir müssen warten, bis Tony Ballard eintrifft.«
Perkins schaute auf seine Uhr. »Hoffentlich kommt er bald.«
»Er kann nicht fliegen. Fünfundvierzig Minuten wird die Fahrt schon dauern.«
Odas hübsches Gesicht verzerrte sich. Sie schien vor etwas schreckliche Angst zu haben. Sie schüttelte verzweifelt den Kopf und hob abwehrend die Hände. Doch sie blieb weiterhin unansprechbar. Ihren verletzten Körper hatte sie selbst heilen können.
Bei ihrem
Weitere Kostenlose Bücher