010 - Die weiße Hexe
hast du mir mit deinem Blick den Gürtel aufgemacht, und jetzt… Wolltest du bloß vor Peggy ein bißchen angeben?«
»Laß mich in Ruhe.«
Er lachte heiser. »Warum denn auf einmal so abweisend, Mädchen? Wir sind doch Kollegen. Wir müssen nett zueinander sein – wegen des guten Betriebsklimas.«
»Verschwinde!«
»Hör mal, du hast mich vorhin angeheizt. Das kannst du mit mir nicht machen. Ich bin jetzt auf Touren und möchte mir einen Vorschuß auf später holen.«
Er trat noch einen Schritt näher, legte seine Hände um ihre schmale Taille und zog sie an sich. Sie holte blitzschnell aus und versetzte ihm eine kraftvolle Ohrfeige, die seinen Kopf zur Seite riß.
Seine Wange brannte nicht nur vom Schlag, sondern auch von der Wut, die in ihm aufstieg.
»Du verdammtes Luder!« zischte er. »Dir werd’ ich’s zeigen. Die Leidenschaft eines Mannes kann man nicht einfach auf- und abdrehen wie… wie das Licht. Bei mir funktioniert das schon gar nicht.«
Er wollte sie so packen, daß sie sich nicht mehr wehren konnte.
Rasch schlang er seine Arme um sie und drückte sie fest an sich. Da riß sie ihr Knie hoch.
»Bist du wahnsinnig!« stöhnte er.
Selbstverständlich mußte er sie loslassen. Seine Augen quollen hervor, das Gesicht war verzerrt, er krümmte sich und stöhnte. Das wollte er ihr zurückgeben. Mit seinen Fäusten ging er auf sie los, doch sie war ihm – so unglaublich das auch war – kräftemäßig überlegen.
Höllenströme stärkten sie. Dinsdale Lamb vermochte ihr nichts anzuhaben. Sie wich einigen seiner blind abgefeuerten Schläge blitzschnell aus, fing seine Arme schließlich ab und stieß ihn fauchend gegen die Wand.
Und plötzlich war Mordgier in ihren Augen!
Er konnte nicht begreifen, daß Claudia Clooney so stark war. Er gehörte zu der Sorte Mann, die nicht verlieren kann, wenn der Gegner eine Frau ist. Mit noch mehr Wut ging er auf das Mädchen los.
Er lief in zwei harte Schläge, die ihn kräftig durchschüttelten.
Benommen schüttelte er den Kopf. Ein dumpfes Brummen war in seinem Schädel. Er sah das Mädchen nur noch wie durch einen trüben Schleier.
Claudia griff ihn an.
Sie warf sich ihm wie eine Wildkatze entgegen. Ihre Hände packten seine Kehle. Der Druck war schmerzhaft. Erschrocken wollte er die Finger von seinem Hals reißen, doch es gelang ihm nicht.
Schweiß brach ihm aus allen Poren.
Die akute Atemnot machte ihn verrückt. Wie von Sinnen schlug er um sich, ohne die Gegnerin so zu treffen, daß sie losließ. Sie war wirklich drauf und dran, ihn zu erwürgen. Er konnte es nicht verhindern. Panik hämmerte in seinen Schläfen.
Er wollte um Hilfe brüllen, doch kein Laut kam aus seiner schmerzenden Kehle. Er merkte, wie ihn die Kräfte verließen.
O Gott! schrie es in ihm. Hilf!
Das Böse, das von dem besessenen Mädchen Besitz ergriffen hatte, zwang sie, immer fester zuzudrücken.
Sie, bisher ein sanftes Mädchen, anschmiegsam und begehrenswert, war zu einer gefährlichen Furie geworden. Magos Scherge war für diese Verwandlung verantwortlich. Die böse, gemeine Schwärze, die ihn ausfüllte, befand sich auch in Claudia Clooney.
Dinsdale Lamb spürte, wie seine Knie weich wurden. Er begriff, daß es mit ihm zu Ende ging. Sein Widerstand wurde schwächer, hilflos. Einmal noch bäumte er sich auf, dann sah er – wie von fern – die Ohnmacht auf sich zukommen…
***
Mr. Silver saß neben mir, Roxane befand sich im Fond des Peugeot.
Sie rutschte auf der Sitzbank ein Stück nach vorn. Ihr hübsches Gesicht tauchte zwischen dem Ex-Dämon und mir auf.
»Ist es noch weit bis zu diesem Gasthaus, Tony?«
Wir hatten soeben die Stadtgrenze erreicht. »Nein«, gab sie zurück. »Ich schätze, daß wir in zehn Minuten da sind.«
Der Hüne mit den Silberhaaren blickte auf seine mächtigen Hände. »Ich wünsche mir nichts sehnlicher, als Mago in die Finger zu kriegen.«
»Angenommen, du schaffst das«, sagte ich. »Was machst du dann mit ihm?«
»Ich drehe diesem Bastard das Gesicht auf den Rücken!«
»Und wir machen seine Gehilfen fertig, Tony«, sagte Roxane tatendurstig.
»Klingt alles recht schön, aber werden wir’s auch tatsächlich schaffen? Mago ist ein verdammt gefährlicher Gegner.«
Mr. Silver warf mir einen prüfenden Blick zu. »He, sag mal, du hast doch nicht etwa Angst vor ihm, Tony.«
»Wenn ich mich fürchten würde, wäre ich zu Hause geblieben«, erwiderte ich. »Aber ein mulmiges Gefühl habe ich schon bei der Sache, das gebe ich
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