010 - Satansmesse
Sie können nichts mehr dagegen unternehmen.«
Sie wandte sich an ihren Sohn, der unschlüssig in der Mitte der Küche stand.
»Bring ihn ’raus!« sagte sie ruhig.
Harry hob die Hand und berührte Bens Arm. Ben sah erst die Frau an und dann das Mädchen, dann drehte er sich um und ging auf die Tür zu. Harry folgte ihm und schloss die Tür hinter sich. Sie überquerten den Hof und betraten die Scheune. Als Ben sich umsah, konnte er das Fenster der Küche nicht mehr erkennen, weil ein Busch davor stand. Er blieb stehen und wandte sich Harry zu.
»Sagen Sie mir, Harry, sind Sie auch in diese Geschichte verwickelt?«
Harry sah ihn an und schwieg erst einen Augenblick, als müsse er überlegen, was er sagen durfte.
»Sie sind wirklich in großer Gefahr, Mr. Camden. Sie hat mehr Macht, als Sie sich vorstellen können. Also lassen Sie Frank frei, damit er rechtzeitig nach Hause kommt. Dann wird Ihnen nichts passieren. Aber meine Mutter weiß, wovon sie spricht, und sie wird sich nicht scheuen, ihre Macht anzuwenden, wenn sie besorgt ist, dass ihr jemand in die Quere kommt. Sie hat einen Plan, und den wird sie ausführen.«
»Und Sie? Haben Sie auch diese Macht?«
Ben erkannte an Harrys Blick, dass er diese Macht nicht hatte. Er fürchtete sich vor dieser Kraft, die auch ihn zerstören konnte. Harry wandte sich ab und ging über die losen Bretter der Scheune, damit Ben sein Gesicht nicht sah. Er öffnete die Tür zu dem Parkplatz, wo Ben seinen Wagen stehengelassen hatte.
»Wer von den anderen Familienmitgliedern hat diese Macht? Wer weiß das Geheimnis außer Ihrer Mutter?«
Ben sprach schnell und drängend auf Harry ein.
Dieser sah ihn ablehnend an. Die Furcht war für den Augenblick aus seinen Augen verschwunden.
»Kümmern Sie sich um Ihre Angelegenheiten. Jetzt machen Sie, dass Sie hier wegkommen, ehe sie es sich anders überlegt.«
Er deutete auf Bens Auto und sah ihn auffordernd an.
»Vergessen Sie nicht, Frank sofort freizulassen, wenn Sie nach Hause kommen. Sonst werden Sie Dinge erleben, die Sie nicht für möglich halten. Am Schluss werden Sie sterben, und es wird kein schöner Tod sein.«
»Ach, ich soll Frank einfach freilassen! Wenn er mich das nächste Mal umzubringen versucht, darf ich mich herzlich bei ihm für die Freundlichkeit bedanken, ja?«
»Er wird es nicht noch einmal tun. Wahrscheinlich haben Sie ihn erschreckt, und da reagiert Frank eben so. Wenn er vor jemandem Angst hat, bringt er ihn um die Ecke, das ist für ihn am einfachsten.«
Ben ging auf seinen Wagen zu. Dann blieb er noch einmal stehen und sah zu der Scheune zurück.
»Was wird sie mit der Kleinen machen, Harry?«
»Sie wird ihr nicht weh tun, sondern ihr helfen.«
»Macht ihr deshalb die Beschwörungen? Das wird dem Mädchen nicht helfen, im Gegenteil. Da würde ich etwas ganz anderes tun.«
»Kümmern Sie sich nicht um unsere Probleme.«
»Na gut, Harry, wir sehen uns wieder.«
»Machen Sie nicht wieder den Fehler, uns zu belästigen,
Camden. Bleiben Sie zu Hause und passen Sie auf, dass Sie uns nicht stören.«
Ben nickte ihm zu, stieg in seinen Wagen und wendete. Als er auf den Wald zufuhr und ab und zu in den Rückspiegel blickte, sah er Harry Emerly noch lange vor der Scheune stehen. Er stand seltsam verloren in der Sonne und sah gar nicht gefährlich aus, sondern fast ängstlich und besorgt. Aber Ben wusste, dass dieser Eindruck täuschte. Harry Emerly würde im Ernstfall nicht davor zurückschrecken, ihm ein Messer in die Kehle zu stoßen.
Da die Straße durch den Wald keine besonderen Schwierigkeiten bot, konnte Ben sich seinen Gedanken hingeben. Er hatte das Bild des hübschen, blonden Mädchens vor Augen, das ihn einen kurzen Augenblick mit wachem Blick angesehen hatte. Was würde die alte Frau mit ihrer Enkelin machen?
Ben spürte, wie Grauen in ihm aufstieg. Er wusste, was diese Frau vorhatte, das Mädchen tat ihm leid. Er musste versuchen zu verhindern, was ihr bevorstand, denn es war entsetzlich und würde bestimmt nichts zum Guten wenden, wie die alte Frau vielleicht tatsächlich glaubte. Es würde nur Entsetzen auslösen und Zerstörung bringen.
Er fuhr immer schneller, als könne er das Unheil aufhalten, das sich um das blonde Mädchen zusammenzog. Als er auf die Straße einbog, die nach Crawford führte, und das »Krähennest« liegen sah, wurde ihm bewusst, dass er nicht viel von der alten Frau erfahren hatte. Ihr Motiv aber war ihm vielleicht klar geworden, und das war schon ein großer
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