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0100 - Die Schule der Dämonen

0100 - Die Schule der Dämonen

Titel: 0100 - Die Schule der Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Wolf Sommer
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tun wollen, Madame Rolland… Sie sollten ihre Fensterläden rot streichen. Rot ist die Lieblingsfarbe des Gottes Bacchus. Am besten wäre es, Sie tun es gleich, wenn Sie nach Hause kommen.«
    Madame Rolland, die bereits an der Tür war, blieb stehen und drehte sich zu dem Geistlichen um.
    »Heute noch, Herr Pfarrer? Aber heute ist Sonntag! Es ist nicht gestattet, an einem Sonntag zu arbeiten.«
    »Quatsch«, sagte Jarier, »ganz großer Quatsch.«
    Je mehr Madame Rolland darüber nachdachte…
    »Gute Nacht, Herr Pfarrer«, sagte sie und ging.
    ***
    Nachdenklich ließ Professor Zamorra den Telefonhörer auf die Gabel zurücksinken.
    »Hm«, machte er.
    Nicole Duval, die bildhübsche Sekretärin und Freundin des Parapsychologen, die Zamorra an seinem Arbeitstisch gegenübersaß, um ein Diktat aufzunehmen, hörte auf, an ihrem Bleistift herumzuknabbern.
    »Ärger, Chef?« fragte sie.
    »Ich weiß nicht«, entgegnete der Professor mit gefurchter Stirn. »In jedem Fall war dieses Telefonat etwas… seltsam.«
    »D’Avallon«, sagte Nicole. »André d’Avallon?«
    Der Professor nickte.
    »Das ist dieses Medium, mit dem du auch schon gearbeitet hast, nicht? Dieser Gedankenleser.«
    »Gedankenleser ist ein sehr unprofessioneller Ausdruck, meine Liebe«, belehrte sie Zamorra. »André ist ein Mensch mit sehr starken telepathischen Fähigkeiten. Und das ist es, was mir sehr zu denken gibt.«
    »Wieso?«
    »D’Avallon wollte mir ganz offenbar etwas mitteilen. Er sprach von etwas… Ungeheuerlichem. Was so ungeheuerlich sein soll, habe ich nicht erfahren. Das Gespräch wurde plötzlich unterbrochen, gerade als er mir sagen wollte, wo er sich befindet. Ich bin sicher, daß die Verbindung nicht zufällig abgerissen ist. Da waren Stimmen im Hintergrund. Und ich habe einen gellenden Hilfeschrei gehört.«
    Nicole schob den Bleistift wieder zwischen ihre vollen Lippen. »Wer hat um Hilfe geschrien?« erkundigte sie sich. »André d’Avallon?«
    »Schwer zu sagen«, antwortete Zamorra. »Ich halte es jedenfalls für möglich, ja, für wahrscheinlich. D’Avallon schien sich in Gefahr zu befinden. Mein Gefühl sagt mir, daß eine ganz große Schweinerei im Gange ist. Es würde mich gar nicht wundern, wenn d’Avallon mit Hilfe seiner Telepathiegabe irgend etwas entdeckt hat, das… das…«
    »… ungeheuerlich ist«, vervollständigte Nicole.
    »Ja, das meine ich.«
    Professor Zamorra lehnte sich zurück und blickte sinnend aus dem Fenster seines Arbeitszimmers, das in einem der oberen Stockwerke seines romantischen Wohnsitzes Château de Montagne lag. Der Mond war über dem Loiretal aufgegangen, blieb jedoch weitgehend hinter vorüberziehenden Regenwolken verborgen. Das etwas düstere Bild paßte ganz zu der Stimmung, die plötzlich Besitz von Zamorra ergriffen hatte.
    Nicole Duval, die ihn so gut kannte, wie sonst niemand auf der Welt, klappte ihren Stenoblock zu.
    »Wid ja wohl heute abend nicht mehr viel werden mit deinem Zeitungsartikel«, vermutete sie.
    Geistesabwesend nickte der Professor. »Der Artikel ist ziemlich zweitrangig für mich geworden. Ich mache mir echte Sorgen um André d’Avallon. Er hat nicht ohne Grund ausgerechnet mich angerufen.«
    Das Mädchen wurde sofort hellhörig. »Du glaubst, daß es um etwas geht, das in dein… Spezialgebiet fällt?«
    Die Art und Weise, in der sie das Wort »Spezialgebiet« betonte, machte klar, daß sie nicht seine wissenschaftliche Arbeit auf dem Gebiet der Parapsychologie meinte. Sie spielte vielmehr auf seine Aktivitäten an, die ihm den Beinamen ›Meister des Übersinnlichen‹ eingebracht hatten. Als solcher hatte es sich Zamorra zur Lebensaufgabe gemacht, das Böse in der Welt zu bekämpfen. Das Böse, das in der Gestalt von Dämonen, Geistern und anderen finsteren Mächten die Schwelle zwischen den Dimensionen überschritt und den Terror und die Schrecken des Jenseits ins Diesseits brachte. Unentbehrliches Hilfsmittel in seinem Kampf gegen die Mächte des Chaos war ein magisches Amulett, das er von seinem Vorfahren Leonardo de Montagne übernommen hatte.
    Unwillkürlich tastete der Professor jetzt nach diesem Amulett, das an einer dünnen Goldkette auf seiner Brust hing. Der Talisman war in gewisser Weise wie ein Geigerzähler, zeigte ihm die Nähe dämonischer Kräfte durch Wärmeentwicklung und einen strahlenden Silberglanz an. Jetzt aber blieb er inaktiv. Im Augenblick konnte er ihm nicht helfen, das Geheimnis André d’Avallons zu ergründen.
    Nicole Duval

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