0101 - Ein Friedhof am Ende der Welt
irgendein großes Ereignis unmittelbar bevorstand.
Fand ich hinter der Nebelwolke das Buch?
Ich warf noch einen letzten Blick zurück.
Die Hexen stießen auf ihren Besen in den dunklen Himmel. Sie kamen mir vor wie Kometen. Ich dachte an die Radarstation hoch oben auf dem Berg. Ihre Wellen würden die Hexen wohl nicht erfassen, da die Schwarze Magie in diesem Falle sicherlich stärker war.
Vor mir wabberte die Nebelwand. Die Farben verwischten zu einem verwirrenden Muster. Ich mußte den Blick senken, sonst begannen meine Augen zu schmerzen.
Dabei sah ich das Kreuz.
Eine silberne Aura zeichnete die Konturen nach. Deutlich erkannte ich die vier Buchstaben, die die Namen der vier Erzengel symbolisierten.
Michael – Raffael – Gabriel – Uriel!
Vier Namen – vier Geister, die ihre Kräfte des Lichts in das Silber eingraviert hatten, um mich gegen die Gefahren der Hölle zu schützen.
Ich war der Erbe des Kreuzes.
Der Sohn des Lichts, wie ich einmal gehört hatte. Leider war dieses Rätsel nie gelöst worden, obwohl ich zwischendurch immer danach forschte.
Aber der Begriff war mir nie aus dem Kopf gegangen.
Der Sohn des Lichts…
Würde ich irgendwann einmal der Lösung etwas näher kommen?
Ich hoffte es – hoffte es sogar sehr.
Mit diesem Gedanken ging ich vor und schritt direkt in die Nebelwolke hinein…
***
Sir Powell hatte sich inzwischen von seiner Überraschung erholt und festgestellt, daß er und die beiden Wissenschaftler eine verschworene Gemeinschaft bildeten – ja, bilden mußten.
Wer in dieser Welt überleben wollte, der durfte keinen Fehler begehen und dem durften auch keine passieren.
Feindschaft oder Mißverständnisse untereinander konnten tödlich sein.
»Wie lange befinden Sie sich schon in dieser Welt?« fragte der Superintendent.
Art Cornwall hob die Schultern. »Das kann ich Ihnen nicht sagen. Was bedeutet hier schon Zeit, nicht wahr?« Er schaute Sven Jansson an, der nickte zustimmend.
Der Engländer wandte sich an seinen Landsmann. »Darf man fragen, wer Sie sind?«
Sir Powell nickte. »Meinen Namen kennen Sie ja inzwischen. Ich bin ein hoher Beamter von Scotland Yard.«
»Polizist?«
Sir Powell lächelte Art Cornwall an. »So kann man es auch nennen. Ich leite eine Abteilung, die sich nicht mit normalen Fällen beschäftigt.«
Sven Jansson hatte mitgehört und schüttelte den Kopf. »Verstehe ich nicht.«
»Nun, die Abteilung, der ich vorstehe, hat es sich zur Aufgabe gemacht, Geister oder Dämonen zu jagen. Dieses Skelett, was Sie gesehen und von dem Sie mir erzählt haben, ist der Schwarze Tod. Und damit der Hauptfeind unserer Abteilung. Mein bester Mann, John Sinclair, versucht bereits seit Jahren, dieses Ungeheuer zu vernichten.«
»Moment mal!« rief Arthur Cornwall. »Sagten Sie eben John Sinclair, Sir?«
»Ja, kennen Sie ihn?«
»Das nicht, aber der Schwarze Tod hat seinen Namen erwähnt, und er hat uns eine Aufgabe übertragen.« Cornwall drehte sich halb und deutete nach rechts. »Sehen Sie die Grube dort?«
Sir Powell nickte.
»Dieses Loch da soll ein Grab sein. Ein Grab für John Sinclair. Und der Vogel da auf dem Ast, dieser Rabe mit den glühenden Augen, ist der Wächter des Schwarzen Tods. Er wird dafür Sorge tragen, daß niemand von uns diesen Friedhof verläßt.«
Obwohl Cornwall die Worte schnell herausgesprudelt hatte, begriff Sir Powell rasch. Er sagte: »Da Sie ein Grab für John Sinclair geschaufelt haben, muß man damit rechnen, daß er irgendwann hier auftauchen wird.«
»Bestimmt!« Cornwall nickte.
»Der Schwarze Tod wird ihn herlocken«, sagte Sven Jansson.
Das war auch Sir Powells Meinung. Er strich über sein Haar. Fieberhaft arbeiteten seine Gedanken. Sollte dieser Friedhof am Ende der Welt etwa für alle ein Grab werden? Nicht nur für John Sinclair, sondern auch für ihn, für Suko, den Chinesen, oder Bill Conolly? Wollte der Schwarze Tod das Sinclair-Team für alle Zeiten vernichten?
Es sah danach aus. Sämtliche Spuren deuteten auf solch eine Lösung hin.
»Sie sind geschockt, nicht wahr, Sir?« fragte Arthur Cornwall.
»Das ist wohl der richtige Ausdruck«, gab Sir Powell zu. »Es tut mir leid, daß gerade Sie beide in diesen tödlichen Kreislauf mit hineingezogen worden sind.«
Art hob die Schultern. »Wir haben uns inzwischen daran gewöhnt. Am Anfang war es sehr schwierig. Außerdem wissen wir nicht, was uns noch alles erwartet. Wir kennen diese Welt ja nur aus Büchern.« Er berichtete Sir Powell vom Angriff des
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