0101 - Ein Friedhof am Ende der Welt
kalten Schweiß auf dem Handrücken.
Das Kichern ließ mich herumfahren. Gleichzeitig vernahm ich das hohle Pfeifen, und noch bevor ich mich versah, hatten sich die sieben Hexen in die Luft erhoben.
Wie Irrwische zischten sie in den grauen Himmel. Eine grünliche Aura umgab ihre Körper, und hinter ihren Reitbesen zeichnete ein fahler Streifen den Weg nach, den sie genommen hatten.
Die Hexen waren ungeheuer schnell und kaum mit einer Kugel zu treffen, weil sie immer im Zickzack durch die Luft ritten.
Ich hätte schneller reagieren sollen, denn nun hatte ich die Hexen als Gegnerinnen vor mir.
Verdammt auch.
Hinzu kamen die fernen Schüsse. Was war mit Will Mallmann oder Suko geschehen? Sollte ich nachschauen und sie suchen?
Eine Hexe wischte dicht über meinen Kopf hinweg. Meine Haare flatterten hoch, die Hexe stieß ein hohles Kichern aus, wendete vor mir und drohte mit der Faust.
Ich legte an und schoß.
Blitzschnell sackte sie dem Erdboden entgegen. So schnell, daß sie meine Kugel verfehlt hatte. Die Hexe raste weiter den Hang hinauf, und ich sah auch, welches Ziel sie hatte.
Hangaufwärts schwebte ein düsteres Glosen in der Luft. Es schimmerte rotgrünlich und erinnerte mich an eine Wolke, in der ununterbrochen grüne Blitze hin- und herzuckten.
Befand sich dort die Unterkunft der Hexen? Fand ich da vielleicht ihr Versteck?
Ich wollte nicht lange darüber nachdenken, sondern folgte den fliegenden Hexen. Alle sieben hatten ihren Kurs geändert und bewegten sich auf das rotgrüne Flimmern zu.
Auch ich.
Wie ein alter Mann kletterte ich den Hang hoch. Meine Knochen schienen doppelt so dick angeschwollen zu sein und schmerzten bei jeder Bewegung.
Die Hexen drehten in sicherer Entfernung ihre Kreise um mich. Sie wußten genau, welche Kugeln meine Waffe verschoß und hielten sich deshalb immer außerhalb deren Reichweite.
Als Bergsteiger hatte ich mich noch nie betätigt, höchstens als Bergwanderer. Und das mit anderen Schuhen. Auf diesem Weg trug ich meine normalen Treter – Halbschuhe – und rutschte mehr als einmal ab. Je dunkler es wurde, um so intensiver strahlte das rotgrüne Licht. Ich allerdings kam dem Ziel nur langsam näher.
Manchmal stießen die Hexen in dieses Licht ein. Mir kam es vor wie eine Lockung. Ja, sie wollten mich zu einem bestimmten Punkt hinlocken. War das vielleicht die Höhle, in der auch Rod Huxley Unterschlupf gefunden hatte?
Ich glaubte fest daran. Außerdem war ich mir sicher, dem Versteck des Buchs der grausamen Träume immer näher zu kommen. Das war schließlich mein Hauptziel.
Ich wollte und mußte das Buch haben!
Schon bald ging mein Atem schwer und keuchend. Immer wieder knickte ich um, wenn ich auf scharfkantige große Steine getreten war. Zwischen den Steinen wuchs karges Gestrüpp. Es war hart und widerstandsfähig, gab mir auch manches Mal Halt, wenn ich fest zupackte, um mich wieder höherzuziehen.
Schritt für Schritt näherte ich mich meinem Ziel.
Die Hexen wurden immer aufgeregter. Sie vollführten auf ihren Besen die bizarrsten Tänze, stiegen mal senkrecht in den dunklen Himmel und rasten dann wieder dem Boden entgegen, um sich dicht davor abzufangen und wieder hochzufahren.
Sie trauten sich auch wieder näher an mich heran. Einmal blieb ich stehen und zielte auf sie.
Sofort drehten sie ab, so daß es einem Glücksspiel gleichkam, sie zu erwischen.
Ich wußte natürlich nicht, wie viele dieser Hexen noch in der Höhle lauerten.
Sieben standen draußen gegen mich. Ich war sicher, daß sie mir den Rückzug abschnitten, wenn ich die Höhle einmal betreten hatte.
Ein Zurück gab es nicht mehr. Ich hatte mich bereits zu weit vorgewagt.
Der Weg wurde etwas besser. Er stieg auch nicht mehr so steil an, sondern lief fast waagerecht auf die Höhle zu. Den Eingang konnte ich nur ahnen. Er war ausgefüllt von der rotgrünen Nebelwolke, die hin und her wogte, sich bewegte, pulsierte und die zahlreichen Blitze aufsaugte wie ein trockener Schwamm das Wasser.
Es war unheimlich, in diese Wolke hineinzustarren.
Was lag dahinter? Eine fremde Dimension oder einfach nur die geheimnisvolle Höhle?
Die Hexen hatten sich zurückgezogen. Sie befanden sich hinter mir. Ich hörte ihr Kreischen und ihr Gelächter. Auf meiner Stirn hatten sich trotz der Kühle kleine Schweißperlen angesammelt, die innere Erregung brannte in mir wie Fieber. Zudem spürte ich das Brennen auf meiner rechten Wange, wo sich die Narbe befand, ein Zeichen, daß die Entscheidung oder
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