0102 - Die Horde aus dem Jenseits
Fleming entgegen. Die klauenartigen Finger zuckten. Die unheimlichen schwarzen Hände öffneten und schlossen sich wie mechanische Werkzeuge.
Diese Bewegungen waren von einem leisen, kaum wahrnehmbaren Knistern begleitet.
Als Bill ins Bett steigen wollte, hörte er es.
Irritiert suchte er nach der Ursache des Geräuschs. Dabei streifte sein wachsamer Blick auch die gegenüberliegende Ecke. Als er die schwarzen Hände sah, übersprang sein Herz einen Schlag. Die unheimlichen Hände schwebten langsam auf ihn zu. Quer durch den Raum. Sie öffneten sich weit. Bill wußte, was sie beabsichtigten: sie wollten sich um seinen Hals legen…
Erregt griff er nach dem Kopfkissen. Er schleuderte es den gefährlichen Händen entgegen. Sie fingen das Kissen auf. Bill hörte das häßliche Geräusch von zerreißendem Stoff. Die Geisterhände zerfetzten das Kissen mit unglaublicher Kraft. Im ganzen Zimmer schneite es plötzlich Daunen, und mitten durch dieses weiße Rieseln schossen die tödlichen Hände blitzartig auf Bill Flemings Kehle zu.
Der Amerikaner warf sich atemlos zur Seite.
Die Hände verfehlten ihn. Er rollte über das Bett, fühlte sich gepackt und zurückgerissen. Wild um sich schlagend verschaffte er sich Bewegungsfreiheit, die er dazu benützen wollte, um die Tür zu erreichen. Doch die schwarzen Hände schnitten ihm den Weg dorthin ab.
Wieder sausten sie auf seinen Hals zu. Diesmal war er nicht schnell genug. Die kohlschwarzen Finger erwischten ihn und drückten sofort brutal zu. Ein irrsinniger Schmerz durchraste seine Kehle. Wie Stahlklammem lagen die kalten Geisterfinger um seinen Hals. Er griff nach ihnen, wollte sie von seiner Kehle reißen, doch er war nicht fähig, ihre große Kraft zu brechen. Todesangst befiel ihn.
Er röchelte.
Schweiß perlte auf seiner Stirn. Die Augen traten ihm weit aus den Höhlen. Seine Lungenflügel flatterten. Die Atemnot versetzte ihn in Panik. Er riß und zerrte verzweifelt an den schwarzen Fingern, die ihn zu erwürgen drohten. Er warf sich nach hinten, fiel und riß die Nachttischlampe um. Sie zerbrach klirrend.
Und die schrecklichen Mörderhände blieben weiterhin an seiner schmerzenden Kehle…
***
»Oh, nein!« stieß Walter Sherman entsetzt hervor. Er schüttelte fassungslos den Kopf. Immer noch starrte er in das Brunnenwasser. Was ihn dabei so sehr entsetzte, war nicht sein eigenes Spiegelbild, sondern das der steinernen Kröte über ihm, die durch irgendeinen unheimlichen Zauber zu leben begonnen hatte. Das Tier glotzte ihn mit böse funkelnden Augen feindselig an, sein Hals blähte sich ununterbrochen, das häßliche Maul öffnete sich, und ein braungrauer Brodem schwebte daraus hervor.
Walter konnte diesen grauenerregenden Anblick nicht mehr länger ertragen. Er riß sich mühsam davon los und wankte mehrere Schritte vom Brunnen weg.
Aber damit war der Alptraum noch nicht zu Ende. Er ging weiter.
Jetzt sah Walter Sherman die Kröte nicht mehr auf dem Umweg über den Wasserspiegel, Sondern direkt, und das war fast noch grauenvoller. Das riesige Tier drehte seinen dicken Schädel und dehnte die Glieder, die mit einemmal nicht mehr aus hartem Stein waren.
Verdattert schüttelte der große, kräftige Junge den Kopf. Er schlug sich mit der flachen Hand auf die Stirn. »Ich bin wahnsinnig!« keuchte er bestürzt. »Ich bin verrückt! Ich habe den Verstand verloren!«
Die Kröte setzte zum Sprung an.
Walter sah es, wirbelte auf den Absätzen hemm und ergriff in größter Panik die Flucht, Mit einem weiten Satz schnellte die unheimliche Kröte von ihrem steinernen Sockel. Sie stieß eine dicke, braungraue Atemwolke aus, die hinter Sherman herflog, ihn einholte, einhüllte und so sehr benommen machte, daß er vollends die Orientierung verlor. Er taumelte wie blind umher, rannte hierhin, dorthin, kehrte um, lief im Kreis…
Ohne richtig mitzubekommen, was geschah, führten ihn seine Irrwege immer näher an die teuflische Kröte heran. Ihre funkelnden Augen verfolgten ihn gierig. Es schien so, als warte sie nur auf den richtigen Augenblick, um blitzschnell zuzuschnappen.
Als Walter Sherman auf zwei Meter an die schreckliche Kröte herangekommen war, riß sie jäh ihr riesiges Maul auf. Walter starrte fassungslos in einen gähnenden Abgrund, der unendlich tief sein mußte. Ein gewaltiger Sog erfaßte den Jungen, zerrte an seinen Kleidern, an seinen Haaren, an seinen Armen und Beinen.
Walter stemmte sich verzweifelt dagegen, und doch machte er Schritt um Schritt
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