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0105 - Rückkehr aus dem Geistergrab

0105 - Rückkehr aus dem Geistergrab

Titel: 0105 - Rückkehr aus dem Geistergrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhart Hartsch
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die Luft anhalten mußte. Der Gestank war bestialisch.
    Zamorra hielt sich die Nase zu, während er ins Freie hechtete. Er kegelte herum und kam sofort auf die Füße. Denn Lapin gebärdete sich wie toll. Beim Anblick des Professors hatte er sofort von der schreienden Nicole abgelassen. Jetzt hielt er plötzlich eine Mistgabel in der Hand. Der rote Feuerschein spiegelte sich im Eisen. Drohend blitzten die nadelscharfen Forken.
    »Genug!« donnerte Zamorra und hob erneut das Amulett.
    Mit Lapin ging eine erschreckende Metamorphose vor sich.
    Mit einem lauten Schrei stürzte er rücklings zu Boden. Er wand sich und wimmerte. Seine Hände fuhren zum Herzen.
    Dabei knurrte er wie ein toller Hund, beschimpfte seinen Retter und spuckte nach ihm. Sein Gesicht verfiel, wurde jung und jünger, um plötzlich wieder das ursprüngliche Aussehen anzunehmen. Da ging es dem Abbé schon besser.
    Lapin erhob sich und nickte anerkennend.
    »Warum haben Sie das Haus angezündet?« erkundigte er sich. »Hat es Ihnen nicht gereicht, Ihre hübsche Sekretärin wohlbehalten vorzufinden.«
    Nicole staunte nicht schlecht.
    »Das waren Sie, Abbé. Sie haben Feuer gelegt!«
    »Meine Tochter«, erwiderte Lapin salbungsvoll. »Wie käme ich wohl dazu? Und außerdem - meinen Sie nicht, ich könnte mich daran erinnern, wenn ich es wirklich getan hätte?«
    ***
    Nach Mazamet zurückgekehrt, hatte Zamorra streng genommen zwei Patienten: Nicole und Lapin. Aber wer wollte es ihm verübeln, daß er sich zunächst um seine Sekretärin kümmerte? Sie konnte wenig genug berichten über ihren Aufenthalt in Houdains Gewahrsam. Entscheidende Abschnitte schienen wie blockiert in ihrem Gedächtnis. Nur ein Eingeweihter wie der Professor konnte ermessen, was hinter dem Mädchen lag. Und er ging behutsam daran, in die tieferen Schichten ihres Bewußtseins einzudringen. Verschüttetes freizuräumen und sie an die Wirklichkeit heranzuführen. An die ganze grausame Wahrheit. Sie hatte einem Gespenst namens Michele Utraux zur Existenz verholfen, einem Trugbild nur, das aber genügend Leute erschreckt und verwirrt hatte.
    So vorsichtig Zamorra auch zu Werke ging: Nicole wurde bis in die Grundfesten erschüttert. Sie schwitzte und litt sichtlich. Dabei war sie noch erschöpft von den Experimenten, die Houdain mit ihr angestellt hatte.
    Hatte schon der Rückweg lange gedauert - diese Sitzung brauchte noch mehr Zeit, so daß der Tag wie im Fluge verging, ehe Zamorra aufatmen konnte. Jedenfalls, was seine Sekretärin betraf. Und als sie endlich frei reden konnte und er von den Plänen Houdains erfuhr, jedenfalls, soweit Nicole darum wußte, zeigte sich Zamorra nicht einmal überrascht. Er hatte den Großangriff auf Mazamet erwartet.
    Unangenehm war nur, daß die sterblichen Überreste Michele Utraux nicht gefunden werden konnten. Das ganze Dorf war auf den Beinen. Aber noch zeichnete sich kein Erfolg ab. Der Scharfrichter blieb spurlos verschwunden. Ebenso wie sein Herr und Meister Robert Houdain.
    Die Suche schien erfolglos. Und Angst breitete sich aus. Denn wenn es Nacht wurde in den Montagne Noire, erwachte er wieder zum Leben, der Scharfrichter von Mazamet.
    Lapin, der von Zamorra noch nicht behandelt worden war, benahm sich wie stets. Er halft mit Rat und Tat Manchmal tauchte er unvermittelt im Behandlungszimmer auf. Er stand wortlos an der Tür, hielt die Hände gefaltet und bewegte stumm die Lippen. Aber er schaltete sich nicht ein. Er schien Nicole zutiefst zu bedauern. Dabei befand er sich in keinem besseren Zustand. Auch ihn hielt das Böse fest in den Klauen.
    Noch war der Bann nicht gebrochen. Houdain war es gelungen, sich einen weiteren Brückenkopf auf dem feindlichen Ufer zu sichern.
    Das Ergebnis stellte sich nur zu bald ein.
    Einmal hatte der Abbé das Zimmer betreten, als Zamorra sich gerade in einer kritischen Phase seiner Arbeit befand. Natürlich hatte der Professor nicht auf den Abbé achten können. Und dessen Blick wurde magisch angezogen von dem Amulett, das Zamorra zur Seite gelegt hatte.
    Lapin starrte auf den Reif, dem man nicht ansah, über welche Kräfte er verfügte. Er schluckte trocken. Unauffällig schob er sich näher. Ein schneller Griff: das Amulett verschwand unter seiner Soutane.
    Nun wäre eine Berührung durch einen Unbefugten niemals so glimpflich ausgegangen. Auch Lapin spürte den Widerstand des Amuletts und zuckte zusammen wie unter einem Stromschlag. In schweren Fällen konnte es zu bösen Verbrennungen kommen. Ein Unwürdiger

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