0106 - Der Komet aus der Hölle
Fleming sagte den Techows Bescheid.
Zamorra winkte dem jungen Ataman zu, ihm nach draußen zu folgen.
»Wir müssen euch verlassen und in unsere Zeit zurückkehren, Mihail«, sagte er. »Ich will keinen großen Abschied und kein Aufsehen. Erzähle deinen Kosaken und den befreiten Frauen, was du magst. Berichte auch über diesen Tag, wie es dir gefällt. Du bist ein tapferer Mann und hast eine große Zukunft.«
Kubak versuchte, Zamorra und seine Gefährten zum Bleiben zu überreden, für eine Weile zumindestens noch. Doch Zamorra antwortete, daß er noch eine Aufgabe zu erfüllen hatte, und daß keine Zeit zu verlieren war.
Mihail Kubak mußte das akzeptieren. Er verabschiedete sich sehr bewegt von Zamorra, Bill Fleming, Dr. Kapnin und Major Techow. Dann umarmte er Nicole Duval und küßte sie auf beide Wangen und den Mund.
Der Ataman sprach recht gut Französisch, und in dieser Sprache verabschiedete er sich von Nicole mit den blumigen Worten: »Ihr Charme und Ihre Schönheit haben mich bezaubert, Mademoiselle. Wenn Sie in Ihre Zeit zurückkehren, nehmen Sie einen Teil meines russischen Herzens mit sich.«
»Ich werde ihn in eine Vase stellen, täglich gießen und immer in Ehren halten.«
»Mademoiselle! Ataman Zamoroff! Boris Flemskij!«
Mihail Kubak verbeugte sich lächelnd, drehte sich um und verschwand im Klostergebäude.
»Ein grand Charmeur«, sagte Nicole Duval. »Ich dachte immer, die Kosaken seien ausschließlich bärbeißige Schlagetote, doch Mihail Kubak hat mich vom Gegenteil überzeugt. Aber seine Komplimente waren wohl nicht ernst gemeint. Ich muß doch gräßlich aussehen nach dieser Kerkerhaft, Zamorra.«
»Du bist bezaubernd wie immer, liebe Nicole. Es ist gut, daß du diesen liebesbedürftigen Ataman zurückgewiesen hast, sonst hätte ich mich nämlich mit Ihm duellieren müssen. Doch jetzt wollen wir uns in den Park des Klosters begeben, damit ich Boromir rufen kann.«
***
Zamorra, Nicole Duval, Bill Fleming, Dr. Kapnin, der Major Techow, seine Frau und die beiden Kinder standen in dem kleinen Klosterpark, in dem in früheren Zeiten die Mönche ihre Stundengebete verrichtet hatten. Zamorra schaute sich noch einmal um, er sah hinauf zum blauen Himmel.
»Boromir!« rief er dann. »Boromir! Boromir!«
Plötzlich stand der Geist des Wundermönchs und Popen bei den sechs Erwachsenen und den beiden Kindern. Boromirs Gesicht leuchtete von innen heraus, sein silbergraues Haar und sein Bart glänzten.
»Der erste Teil deiner Aufgabe ist glanzvoll erfüllt, Meister des Übersinnlichen. Doch es droht eine große Gefahr. Der Satanskomet hat gespürt, was vorgegangen ist, und er will aus den Dimensionen des Wahnsinns und des Grauens hervorschießen, zu rasen anfangen und die Welt verwüsten. Er will zuerst die Stadt Kiew in Trümmer legen.«
»Donnerwetter!« entfuhr es Zamorra. »Was kann ich da ausrichten?«
»Du mußt gleichfalls zu einem Meteor werden und dich dem Satanskometen zum Kampf in den Lüften stellen, Meister des Übersinnlichen. Du vertrittst die Kräfte des Lichts, der Satanskomet die der Finsternis. Dein Amulett wird dich stärken und beschützen.«
»Ich war ja schon viel, aber ein Komet doch noch nicht. Wie soll ich denn das zustandebringen?«
»Ich werde es bewirken, wenn du mir die Hand gibst. Deine Gefährten aber will ich wie dich in eure Zeit zurückversetzen. Es sollen nur wenige Stunden verstrichen sein, seit du mich im Höhlenkloster angerufen hast, Meister des übersinnlichen. Deine Gefährten werden sich vor Kiew wiederfinden und den Kampf beobachten. Du mußt siegen, Meister des übersinnlichen, sonst wehe der Welt!«
Der Mönchsgeist rang die Hände. Zamorra zögerte nicht. Die vier Männer, die zwei Frauen und die beiden Kinder faßten sich an den Händen. Zamorra packte die Rechte Boromirs. Der Händedruck war fest, aber die Hand so leicht wie eine Feder und ohne jede Wärme oder Kälte.
Wieder blitzte das grelle Licht auf, die Umgebung verschwand. Zamorra fiel wie in einen endlosen Abgrund. Das Amulett auf seiner Brust brannte, und sein Geist schlüpfte in dieses Amulett hinein und verband sich mit ihm.
Bill Fleming, Nicole Duval, Nikolaj Kapnin und die Techows aber fanden sich in einer Schneelandschaft außerhalb von Kiew wieder. Die Sterne funkelten am klaren Nachthimmel, die Lichter der 1,6-Millionen-Stadt am Dnjepr leuchteten.
Die sieben Menschen standen auf einer Bodenwelle in der Nähe eines verschneiten Waldes. Etwa einen Kilometer vor ihnen stand
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