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0107 - Die Geier und der Wertiger

0107 - Die Geier und der Wertiger

Titel: 0107 - Die Geier und der Wertiger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Tenkrat
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Sonderausweis. Man hat mich nach Bombay geschickt, weil Ihre Behörden uns um Amtshilfe gebeten haben. Ich soll den Wertiger zur Strecke bringen, der in Bombay sein Unwesen treibt. Beinahe wäre mir dies vorhin gelungen.«
    »Eine wunderschöne Geschichte, Sinclair. Wenn Sie die nun mit Ihrem Sonderausweis untermauern, können Sie gehen, wohin Sie wollen.« Ich griff in die Innentasche meines Jacketts und erstarrte.
    Verdammt! Ich muß wie ein Idiot dreingesehen haben, denn die Polizisten grinsten über das ganze Gesicht. »Nun, Oberinspektor ?« höhnte der Fahrer weiter. »Für wie dumm halten Sie uns?« fragte sein Kollege. »In Ihrem Land kennt man doch auch das Sprichwort: Lügen haben kurze Beine.«
    »Es tut mir leid. Ich habe meine Brieftasche nicht bei mir«, sagte ich zerknirscht.
    »Das war zu erwarten«, sagte der Fahrer. Ich wäre vor Wut beinahe zerplatzt. Mist auch! Nachdem ich bei Grogger und McKammit so wenig Erfolg gehabt hatte, war ich in mein Hotel zurückgekehrt, hatte geduscht und mich umgezogen.
    Und meine Brieftasche war in den anderen Kleidern steckengeblieben. So etwas kann schon mal vorkommen und ist im allgemeinen kein besonderes Malheur.
    Doch diesmal war es eines. Und was für eines. Die Folgen waren noch nicht abzusehen. Ich durfte nicht an McClure und van Dyke denken, die sich im Höhlenkloster der schwarzen Sekte befanden und vermutlich jetzt schon Hilfe brauchten – sonst drehte ich durch.
    »Die Brieftasche befindet sich in meinem Hotelzimmer«, sagte ich, aber ich hatte wenig Hoffnung, daß die indischen Kollegen mir das glaubten.
    »Welches Hotel?« fragte der Fahrer.
    »Taj Mahal.«
    »Ich wette, dort kennt man keinen Oberinspektor John Sinclair.«
    »Prüfen Sie’s nach.«
    »Das werden wir. Aber wir werden es nicht überstürzen. Ich schlage vor, Sie begleiten uns zunächst einmal zur nächsten Polizeidienststelle.«
    »Verdammt noch mal, ich habe keine Zeit!«
    »Die werden Sie sich nehmen müssen.«
    »Es geht um Leben und Tod!«
    »Sie dramatisieren die Dinge wohl gern«, sagte der Fahrer grinsend.
    Gleich darauf wurde er todernst. »Vorwärts! Einsteigen!« Was hätte ich tun sollen? Ich mußte gehorchen.
    ***
    Ich will mich nicht über die Behandlung beklagen, die man mir auf dem Polizeiposten angedeihen ließ. Einem Inder wäre es in meiner Situation in England vermutlich genauso ergangen.
    Es war bestimmt falsch, die Beamten anzubrüllen, aber mir brannte die Zeit auf den Fingernägeln, und ich war ziemlich aufgeregt, das möchte ich hier zu meiner Rechtfertigung anführen.
    Natürlich ließen sich die indischen Kollegen mein Gebrüll nicht gefallen. Sie schalteten auf stur und steckten mich zu einem verwahrlosten Taschendieb in die Zelle.
    Dort konnte ich dann toben, ohne daß sich jemand um mich kümmerte. Kein Mensch war bereit, mich anzuhören. Es war zum Verzweifeln.
    Der Dieb hockte mit angezogenen Beinen auf seinem Bett und nickte wissend. »Ja, ja, wen die einmal haben, den lassen sie so schnell nicht wieder laufen«, sagte er in schlechtem Englisch. »Sonst verlieren sie nämlich ihre Daseinsberechtigung. Reg dich nicht auf. Es nützt ja doch nichts. Was hast du verbrochen?«
    »Nichts.«
    »Das sage ich auch immer. Aber zu mir kannst du Vertrauen haben.«
    »Ich habe nichts getan.«
    »Sie werden dich freilassen, sobald sich deine Unschuld herausgestellt hat. Aber das kann einige Zeit dauern. Sie beeilen sich für gewöhnlich nicht. Wozu auch? An deiner Stelle würde ich mich darauf einstellen, die Nacht hier zu verbringen. Sie dürfen dich ohne Bekanntgabe von Gründen auf jeden Fall 24 Stunden hier drinnen schmoren lassen. Ich kenne mich in diesem Punkt ziemlich gut aus, bin sozusagen ein Stammgast in dieser vergitterten Herberge.«
    Der Kerl ging mir auf die Nerven. Ich hatte Sorgen. Echte Sorgen.
    Und der lausige Dieb redete von 24 Stunden, die man mich hier festhalten würde. 24 Stunden! Herrgott, was konnte in dieser Zeit alles, passieren! Ein Beamter ließ sich kurz blicken. Ich bat ihn, mich telefonieren zu lassen. Ich versuchte so freundlich wie nur irgendmöglich zu sein, doch er lehnte trotzdem ab. Daraufhin beging ich den Fehler, ihm Geld anzubieten. Er wertete das als Beamtenbestechung und sagte mir zornig, daß das Folgen haben würde. Die ganze Welt schien sich gegen mich verschworen zu haben. Der Taschendieb glitt von seinem Bett. Er musterte mich listig. »Dir scheint wirklich viel daran zu liegen, so schnell wie möglich

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