0109 - Broadway-Krieg
er sagen, dass alles zwecklos sei. Ich schob mich näher heran. Die Kamine boten reichlich Deckung. Ich kam nahe genug, um ihre Gesichter zu erkennen.
Der Kleinere war Larry Gonzales, und obwohl ich den angeblichen Rechtsanwalt Edsel Lawer nur einmal gesehen hatte, erkannte ich ihn in dem schmutzigen Mann mit den wirren Haaren wieder, der eine Pistole in der rechten Hand, grimmig in die Tiefe des Innenhofes starrte.
Ich huschte nicht weiter nach vorn, sondern zur Seite, ebenfalls zum Innenhof hin. Ich nahm einen Kamin aufs Korn, der ganz am Rande des Daches lag. Ich erreichte ihn, ohne dass die beiden Gangster mich bemerkten. Immer noch lagen siebzig oder achtzig Yards zwischen uns, aber beide befanden wir uns am Dachrand.
Ich schob die Nase hinter dem Kamin vor, und ich sah, dass eine der Feuerleiter unmittelbar an der Stelle endete, an der Lawer stand. Genauer gesagt, sie endete ungefähr eine Mannslänge unter dieser Stelle. Der Baumeister, der die Feuerleitern angebracht hatte, hatte es nicht für nötig gehalten, sie bis zum Dach zu führen. Wer von den Benutzern eines Hochhauses hat etwas auf dem Dach zu suchen?
Ich dachte: Es ist so weit. Machen wir ein Ende! Ich entsicherte die Smith & Wesson, richtete mich auf, tat einen halben Schritt zur Seite und rief die beiden an: »Lawer! Gonzales! Nehmt die Hände hoch!«
Der Anwalt feuerte sofort. Gonzales war klüger. Er schoss nur einmal, wischte zur Seite weg und verschwand hinter einem Kamin. Ich zählte Lawers Schüsse. Drei, vier… aus! Und jetzt steckte ich die Nase wieder hervor, aber nach der anderen Seite. Ich musste meine Waffe in die linke Hand nehmen und mich mit der rechten an dem Kamin halten.
»Noch einmal, Lawer! Hände hoch!«
Er zerrte an dem Magazin, bekam es nicht aus der Waffe. Mit einem Fluch ließ er sie fallen. Er ging in die Knie.
Eine Sekünde lang wusste ich nicht, was er tun wollte. Dann begriff ich, als ich sah, wie er sich auf den Bauch warf und die Beine über den Dachrand schwang. Er wollte versuchen, die Feuerleiter zu erreichen. Es war absoluter Wahnsinn. Er hatte keine Chance. Selbst für einen Akrobaten wäre es schwer gewesen, die Leiter zu erwischen, und dann hätte er es nur im Sprung versuchen können. Lawer aber versuchte, sich mit den Händen am Dachrand zu halten und die oberste Stufe der Feuerleiter mit den Füßen zu erreichen.
»Lawer!«, brüllte ich. »Sie sind verrückt!«
Er schien nicht zu hören. Seine Beine, sein Leib verschwanden in der Leere.
»Chico!«, schrie Gonzales. Er stürzte aus seiner Deckung, dachte nicht daran, dass ich auf ihn schießen könnte.
Bevor er die Stelle, die Lawer für seine hirnlose Turnübungen ausgesucht hatte, erreichte, rutschte der angebliche Rechtsanwalt ganz hinunter, sodass er sich nur noch mit den Fingern am Rand des Daches hielt. Seine Beine baumelten und angelten nach den Stufen der Feuerleiter.
Gonzales warf sich flach auf den Bauch und griff nach Lawers Händen.
»Helfen Sie, G-man!«, schrie er.
Ich war schon unterwegs, aber nicht nur ich, sondern schon Gonzales war zu spät gekommen. In dem Augenblick, in dem er nach Lawers Handgelenk griff, konnten dessen Finger das Gewicht des eigenen Körpers nicht länger tragen. Sie lösten sich, glitten ab.
Ein furchtbarer Schrei stand im Raum. Ich sah Lawers Körper fallen. Die Beine und Arme schlugen, als gehörten sie zu einer Gliederpuppe.
Ich weiß nicht, wie lange es dauert, wenn ein Körper vom Dach eines 62-stöckigen Hochhauses zur Erde fällt. Mir schien es endlos zu sein, obwohl die Gestalt mit rasender Geschwindigkeit kleiner würde und zum Punkt zusammenschrumpfte. Dann schlug Lawer unten auf, aber das Geräusch war nicht laut genug, um bis zu uns zu dringen.
Es war aus. Ich richtete die Smith & Wesson auf Gonzales.
»Stehen Sie auf, Larry!«, befahl ich. Er wandte mir sein Gesicht zu. Ich sah, dass Tränen über seine schmutzigen Wangen liefen.
»Ich wusste, dass es so enden würde«, flüsterte er in seinem harten Englisch. »Ich wusste es.«
»Kommen Sie, Larry!«
Er sah die Pistole in meiner Hand und schüttelte leise den Kopf.
»Ich wehre mich nicht mehr, G-man.«
Er stand langsam auf. Er sah aus, als wäre er ungeheuer müde.
»Nein«, wiederholte er. »Es ist gut, dass alles vorüber ist. Ich habe es nie gewollt.« Und plötzlich zerbarst sein Gesicht zu einer Fratze des Hasses.
»Der Alte! Der verdammte Alte! Er trägt die Schuld an allem!«
»Welcher Alte?«, fragte ich, aber Gonzales
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