0109 - Verlies der Angst
deshalb war Mallmann unterwegs.
Für ihn war es der erste Fall nach einer Kette von Abenteuern, die er im Harz und am Südpol erlebt hatte. Dort war es zwischen John Sinclair, seinem Freund, und dem Schwarzen Tod zu einem letzten Duell gekommen, das der Geisterjäger für sich entscheiden konnte. Auch Kommissar Mallmann war darin verstrickt gewesen und ebenfalls seine tote Frau, deren Geist der Schwarze Tod an sich gerissen hatte. Mallmann war noch einmal mit Karin konfrontiert worden, und er hatte sie dann erschossen, weil er keine andere Möglichkeit mehr sah.
Ein Schock für den Kommissar, den er nur schwerlich hatte überwinden können. Er war wahrhaftig ein vom Schicksal schwergeprüfter Mensch, und so manches Mal war er in den einsamen Nächten regelrecht verzweifelt.
Doch dann dachte er an seine Freunde, und dieses Wissen gab ihm wieder neuen Mut. Will Mallmann war schon so weit gewesen, den Kram einfach hinzuwerfen, es folgten lange Telefongespräche mit London, und John Sinclair hatte es geschafft, ihn wieder zu überreden.
Zudem hatte der Kommissar einen wirklich verständnisvollen Vorgesetzten, dem es langsam auch einging, daß es Dinge zwischen Himmel und Erde gab, die mit der normalen Schulweisheit nicht zu erklären waren. Denn sein Mitarbeiter hatte schon zuviel erlebt, und seine Berichte lagen in den Panzerschränken des BKA. Die Zeit war noch nicht reif, um die Menschen an den Ereignissen teilhaben zu lassen.
Diese Gedanken schwirrten dem Kommissar durch den Kopf, als er auf dem Holzstapel saß. Er hielt ein Nachtsichtglas gegen die Augen gepreßt. Infrarotlicht machte die Dunkelheit fast zum Tag.
Die beiden Beamten wußten nicht, ob die Männer schon da waren, denn so nah hatten sie sich nicht herangetraut. Sie wollte nicht gesehen werden, sondern die Kerle auf frischer Tat ertappen.
Es war ein riskantes Unterfangen. Aus diesem Grunde hatte der Kommissar auch einen 30jährigen Junggesellen mitgenommen.
Ronald Hansen galt als Draufgänger. Er hatte bei der Bundeswehr eine Ranger-Ausbildung mitgemacht und als bester seines Teams abgeschnitten. Nach der Entlassung war er zur Polizei gegangen und auch schon in der Terroristenfahndung eingesetzt worden.
Fünf Tage Nachtdienst lagen hinter ihm. Die warfen auch den stärksten Ochsen um.
Deshalb das viele Gähnen.
Ronald Hansen hob den Kopf und fragte: »Immer noch nichts, Herr Kommissar?«
»Nein.«
»Die Kerle lassen sich verdammt Zeit!«
»Da sagen Sie was.«
Hansen hängte sich die UZI, eine Maschinenpistole, bequemer über die rechte Schulter und ging ein paar Schritte. Er hatte Angst gehabt, festzuwachsen, außerdem tat das den Knochen mal ganz gut.
Der Wachtmeister spazierte um den Wagen und gähnte wieder.
Er war überdurchschnittlich groß, etwa 1,90 Meter. Hinter seinen breiten Schultern konnte sich der schwarzhaarige Kommissar mit der gebogenen Römernase und der leichten Halbglatze verstecken.
Das blonde Haar des Wachtmeisters war kurz geschnitten, und mit seinem hellen Kinnbart sah er aus wie ein alter Seemann.
»He, Hansen!« Die zischende Stimme des Kommissars schreckte den Wachtmeister hoch. »Ich glaube, da tut sich was.«
»Sind die Kerle da?«
»Ja.«
»Und wo?« fragte Hansen.
»An der Lichtung.«
Der Wachtmeister schaute zu Mallmann hoch. »Soll ich zu Ihnen auf den Stapel klettern?«
»Nein, lassen Sie mal.« Will ging in die Knie, stützte sich mit einer Hand ab und sprang vom Stapel auf den Boden. Dann stand er neben dem hünenhaften Wachtmeister. »Kommen Sie, Hansen, aber vorsichtig. Die Typen sind bestimmt bewaffnet.«
Der Wachtmeister und der Kommissar schritten los. Will wunderte sich, wie lautlos sich der massige Hansen doch bewegte.
Er war wirklich ein Könner und hatte in der Bundeswehr gut gelernt. Zielsicher fand er immer die Stellen, wo er am wenigsten Lärm machte. Kaum ein Zweig knackte unter seinen Füßen.
Mallmann hielt sich dicht neben dem Mann. Er wagte es nicht, die Lampe einzuschalten, blieb jedoch stehen und hob sein Glas an die Augen.
Der Blickwinkel war schlecht. Viel konnte er von der Lichtung nicht erkennen, aber er glaubte, daß einer der Kerle verschwunden war.
Wohin?
Mallmann dachte an die Hügelgräber, die er durch sein Glas gesehen hatte. Sollten die Kerle dort vielleicht ihre Waffen finden?
Durchaus möglich, denn die Hügelgräber konnte man als ideale Verstecke bezeichnen, auch wenn das öffnen einer Kulturschande gleichkam.
Daran würden sich keine Gangster
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