011 - Das Transmitterinferno
Frascati. »Vielleicht haben die Jungs drüben in Europa wieder mal etwas Neues erfunden? Aus der Alten Welt ist uns doch selten Gutes gekommen.«
»Einschließlich der ersten Siedlerschiffe«, murmelte Fisher sarkastisch. »Ich kann Ihnen übrigens gern Filme vorführen, die von automatischen Kameras gemacht worden sind. Sie wurden von der Wachelektronik im Augenblick des ersten Alarms eingeschaltet und arbeiteten, bis sie in dem Glutorkan verdampften. Die aufgenommenen Szenen wurden live in unsere Zentrale übertragen und gespeichert. Wenn Sie wollen, kann ich Ihnen die Szenen vorführen …«
»Muss ich eigens darum bitten?«, knurrte Frascati.
Wenig später liefen die Filme an. Die Projektion erfolgte über einen Breitbandschirm, der mit den aneinander gereihten Aufnahmen eine Rundumsicht durch die gesamte Transmitter-Halle ermöglichte. In der Simultanschau gab es keinen einzigen Punkt, der nicht aus irgendeiner Perspektive einzusehen gewesen wäre.
»Da«, sagte Fisher plötzlich. »Die Bombe. Klein und handlich und außerdem sauber an den Eisenträger geschraubt. Da hat sich jemand sehr viel Zeit genommen und ich frage mich, wann er das geschafft hat. Während der Kampfhandlungen bestimmt nicht.«
Die Tonaufzeichnung lieferte Burnings Warnungen und die Unterhaltung mit dem Sicherheitsoffizier mit. Frascati wurde blaß. »Wahnsinn«, murmelte er. »Der Mann hat ausgeharrt, um die anderen noch zu warnen, obgleich er gewusst haben muss, dass er es nicht mehr selbst schaffen würde, davonzukommen … Sonst hätte er nicht so eindringlich gewarnt.«
Sie sahen Burning noch laufen und dann den jäh aufzuckenden Feuerball. Blendende Helligkeit sprang ihnen aus der Simultanprojektion entgegen und im nächsten Moment war alles schwarz.
»Die Kameras sind in Sekundenbruchteilen verdampft«, erklärte Fisher. »Wir …«
Frascati hob die Hand.
»Noch einmal zurück«, verlangte er. »Zeitlupe. Ich glaube, ich habe etwas gesehen.«
Wenig später lief der Simultanfilm erneut ab, diesmal entschieden langsamer.
»Hier«, sagte Frascati. »Sehen Sie sich die Bombe an.«
Fisher nickte.
»Sie haben recht«, sagte er.
Die Explosion der Bombe war tatsächlich im Verhältnis zu dem losbrechenden Inferno vernachlässigbar ›harmlos‹. Aber dann sprang etwas auf die Energieversorgung des Star Gates über und löste eine Zündung aus.
»Dann ist mir natürlich alles klar«, sagte Fisher. »Es muss im gleichen Augenblick das Fluoreszenzfeld aufgezuckt sein: Empfang! Mit den unbegreiflichen Energien, mit welchen der Transmitter funktioniert, ist es eigentlich ein Wunder, dass noch so viel heil geblieben ist.«
Er lachte bitter auf.
»Einzelbildschaltung«, verlangte Frascati übergangslos. Fisher sah ihn erstaunt an. »Noch etwas?«
»Ja. Lassen Sie langsam durchlaufen. Wegen dem Fluoreszenzfeld. Wenn im gleichen Augenblick, gleichzeitig mit der Detonation, tatsächlich eine Materialisierung begonnen hat …«
Und dann sahen sie es beide bestätigt: Bei Bild 24.385 war nur der aufblitzende Feuerball der gezündeten Energiezufuhr zu sehen. Bild 24.386 und 24.387 zeigten schemenhaft in dieser Hölle die Umrisse von vierundzwanzig Menschen. In Bild 24.388 war von ihnen nichts mehr zu sehen.
Der Konzernchef und sein Sicherheitsbeauftragter sahen sich in stummem Entsetzen an.
Jeder wusste, was der andere in diesem Moment dachte.
Und niemand sprach mehr ein Wort …
Nachwort
von Wilfried A. Hary
Stille und Finsternis.
Keine Wahrnehmung. Kein Atem.
Kein Körper!
Entsetzt schreien meine Gedanken: Kein Körper!
Nichts als meine Gedanken, die ich nicht zu ordnen in der Lage bin.
Allein! Abermals schreien meine Gedanken.
Doch halt … Fremdartiges. Keine Töne, keine Bilder … Fremde Gedanken? Unverständlich, erschreckend, mächtig. Göttern gleich. Ich spüre ihre Macht.
Da, ein Name, schemenhaft, flüchtig, vorbeiflatternd, als wolle er mich narren. Mein eigener Name?
Ja … wer bin ich eigentlich? Woher komme ich? Was ist geschehen?
Ich lebe … schon immer?
Leben? Schon immer?
Nein, Zeit spielt keine Rolle im Nirgendwo, im Quasinichts.
Ich lache, aber es ist ein lautloses Lachen, das nur in meiner eng umgrenzten Gedankenwelt sich abspielt. Was ich so lächerlich finde, ist meine eigene Suche nach dem Namen, meiner Vergangenheit. Was ist überhaupt von Bedeutung im Zustand der Zeit- und Raumlosigkeit?
Wenn es keine Zeit und keinen Raum gibt, ist auch keine Existenz möglich! Eine Feststellung
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