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011 - Die Amazonen von Berlin

011 - Die Amazonen von Berlin

Titel: 011 - Die Amazonen von Berlin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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überraschte. Nur Arlon, der Seher schüttelte langsam den Kopf.
    »Diese verdammten Sebezaan. Die verlieren nie eine Spur. Wenn sie dich einmal gerochen haben, bist du verloren.«
    Die Männer nickten stumm.
    Sie alle wussten, dass die Riesenkatzen die mächtigste Waffe der Frawen waren. Durch sie war der Frauenstamm so stark geworden, dass die Menen sich in Ruinen verbergen mussten und nur nach draußen gingen, wenn der Hunger sie trieb.
    Gorkan stand ächzend auf und hinkte zu einer Stelle, an der Wasser aus der Wand lief. Er formte die Hände zu einer Schale und trank ein wenig.
    Es ist die Feuchtigkeit, die uns umbringt, dachte er frustriert.
    Fast alle Menen, die in den Ruinen Beelinns hausten, waren krank oder verkrüppelt. Gorkan selbst erlebte kaum eine Nacht, in der seine Gelenke nicht so stark schmerzten, dass er den Mond anheulen wollte wie ein Tier.
    Er sehnte sich nach Wärme und Trockenheit, wagte es aber gleichzeitig nicht ein Feuer zu entzünden. Zu groß war die Gefahr, von den Frawen entdeckt zu werden. Der Häuptling wusste um den Teufelskreis, in dem sie steckten, aber er sah keinen Ausweg.
    Früher einmal, als er noch jung und stark war, hatte er glühende Reden vor dem Ältestenrat gehalten. Der Tod sei besser als dieses langsame Sterben, sagte er damals. Die Ältesten hatten nicht auf ihn gehört.
    Und heute, wo er selbst alt war, gab es nicht mehr genug Junge, um den Krieg zu führen. Es lebten nur noch wenige Frauen unter ihnen und die meisten gebaren seit langem halbirre Missgeburten, die man früher gleich erschlagen hätte.
    In dieser Zeit jedoch ware die Menen auf jedes Stammesmitglied angewiesen und so ließen sie die Entstellten und Verstandlosen leben. Die meisten von ihnen endeten irgendwann ohnehin unter den Tatzen der Sebezaan.
    Ein Rascheln riss Gorkan aus seinen Gedanken. So schnell es seine schmerzenden Gelenke zuließen, griff er nach der Keule, die an der Wand lehnte, und hob sie über den Kopf.
    Auch die anderen griffen zu ihren Waffen, ließen sie aber im nächsten Moment wieder sinken, als sie den buckligen Mann, der sich seinen Weg durch die Trümmer bahnte, erkannten.
    Der Bucklige blieb stehen und nickte den Ältesten kurz zu. »Habt ihr die Neuigkeiten gehört?«, fragte er ohne Umschweife.
    »Ich grüße dich, Urluk«, entgegnete Gorkan.
    »Wenn du die misslungene Flucht…«
    Der Bucklige ließ ihn nicht ausreden. »Nein, ich habe gehört, dass die Frawen einen fremden Mann gefangen genommen haben. Es ist keiner von uns, so viel ist sicher.«
    Gorkan fragte nicht, wieso das so sicher war. Urluk verfügte über hervorragende Späher, und man munkelte, dass einige von ihnen sogar bis in das Lager der Frawen vordringen konnten, ohne entdeckt zu werden.
    Der Häuptling hob die Schultern.
    »Wenn es so ist, wie du sagst, dann bedaure ich den Mann, der sich in diese Stadt verirrt hat. Wir werden für ihn wie für die anderen beten.«
    Urluk drehte seinen Oberkörper, um ihn anzusehen. Die Augen funkelten in seinem schräg sitzenden Kopf.
    »Das sollten wir alle tun, Gorkan, denn wenn die Geschichte stimmt, die ich gehört habe, dann wurde der Fremde wie damals die Königin von den Göttern geschickt!«
    »Die Götter haben einen Mann geschickt?«, hakte Arlon nach.
    »Aber heißt das nicht…«
    Er verstummte, als ihm die Ungeheuerlichkeit seines Gedankens bewusst wurde.
    Gorkan spürte, wie sein Herz heftig zu schlagen begann. Das Blut rauschte in seinen Ohren, und er musste sich an der Wand abstützen, um auf den Beinen zu bleiben.
    Konnte es sein, dass ihre Gebete endlich erhört worden waren? War der Mesis zu ihnen gekommen?
    »Ruft den Großen Rat zusammen«, wies der Häuptling die Ältesten mit zitternder Stimme an. »Bringt sie an diesen Ort und sagt ihnen, dass es wieder Hoffnung gibt.«
    ***
    Die monotone Stimme der Mutter hätte Matt unter normalen Umständen innerhalb von Minuten in einen Halbschlaf versetzt, aber die Geschichte, die sie schilderte, war so unglaublich, dass er jedem ihrer Worte fasziniert lauschte.
    Vor seinem inneren Auge entfaltete sich eine Kultur, die stärker als alle anderen, die er bisher in dieser Welt kennen gelernt hatte, vom Hass geprägt war. Die Mutter schien nicht zu wissen, wie der Stamm der Frawen entstanden war, und wenn sie es wusste, sagte sie es nicht.
    Matt vermutete jedoch, dass der fast schon pathologisch wirkende Hass, den der Frauenstamm gegen Männer hegte, aus einer Gesellschaftsform entstanden war, in der Frauen

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