0110 - Auf den Spuren der Antis
Tisch. „Ich kann Ihnen noch keinen offiziellen Bescheid geben", antwortete Rhodan ruhig. „Bevor die Ärzte nicht einwandfrei festgestellt haben, daß der ständige Genuß von Liquitiv harmlos ist, wird der Likör nicht zum Verkauf freigegeben."
„Verdammt!" schrie Hunter. Das Wort stand im Raum. Es wurde still. So weit konnte das Produkt der Antis einen Menschen also bringen. Hunters Gesicht verzog sich. Erst jetzt schien er sich darüber klarzuwerden, was er getan hatte.
Rhodan erhob sich langsam. Selbst ein gefühlsmäßig unbeteiligter Beobachter hätte in diesem Moment die Gedanken des Administrators nicht in seinem unbewegten Antlitz erkennen können.
Hunter pendelte mit vorgebeugtem Oberkörper hin und her. Es waren eigenartige Bewegungen, aber Rhodan wußte sie zu deuten.
Etwas in Hunter trieb ihn an, einfach davonzulaufen, wild und schnell aus dem Zimmer auszubrechen.
Aber ein letzter Rest von Stolz fesselte ihn an seinen Platz. Rhodans geschulter Blick bemerkte diese Spur letzter Hartnäckigkeit, dieses innere Kämpfen. Hunter war noch nicht völlig zerbrochen, aber er stand kurz davor.
Ein anderer Mann trat vor und berührte Hunter am Arm. „Komm, Godfrey", sagte er. Während er versuchte, Hunter davonzuziehen, rief er Rhodan wütend zu: „Wissen Sie nicht, daß die Verfassung des Solaren Imperiums uns ein gewisses Recht gibt, Sir?"
Rhodan schwieg. Der Mann ließ Hunters Arm los. Sein Gesicht war gerötet, als wäre er eine längere Strecke gerannt. Unter seinen Augen hingen dicke Tränensäcke. Rhodans Schweigen gab ihm keinen Auftrieb, es machte ihn eher nervös. „Die demokratische Freiheit muß uns den Likör gewährleisten", sagte er mit hoher Stimme. „Sie sind nicht in der Verfassung, um sich mit mir über Demokratie zu unterhalten", sagte Perry Rhodan.
Er drückte den Knopf der Tischsprechanlage. „Mr. Kenwood, kommen Sie bitte herein und führen Sie meine Besucher zurück", sagte er. „Die Unterredung ist beendet."
Jemand aus der Gruppe rief gehässig: „Er wird sich schon sein Quantum an Liquitiv reserviert haben."
Die Menschen stellten sich gegen ihn. Ihre logische Denkweise war gestört, und sie wurden ungerecht.
Hemmungen fielen von ihnen ab. Rhodan verstand die Reaktion der Anwesenden, aber es war auch für ihn nicht einfach, die Beleidigungen hinzunehmen, als seien sie niemals ausgesprochen worden. Er sagte sich, daß er hier Kranken gegenüberstand. Da galten andere Gesetze.
Kenwood kam herein, korrekt, sauber und diszipliniert. Er grüßte auf seine steife Art. Hinter ihm erschien ein zweiter Mann, weniger militärisch in seinem Auftreten: Reginald Bull. „Bitte sehr!" sagte Kenwood. Hunter nickte stumm. „Er kann uns doch nicht einfach wegschicken", protestierte der Mann, der Hunter am Arm festgehalten hatte. „Er muß doch irgend etwas für uns tun."
Rhodan und Bull wechselten einen verständnisvollen Blick. Die Haltung des Mannes war typisch.
Rhodan mußte etwas tun. Er hatte bisher immer etwas getan. Sein Name war so mit dem Aufstieg der Menschheit verbunden, daß es undenkbar war, er könnte versagen.
Etwas schnürte Rhodan die Kehle zu. Es war keine Furcht, nur ein beklemmendes Gefühl. Ohne, daß er es beabsichtigt hatte, war er in eine wenig beneidenswerte Lage geraten. Die Menschheit identifizierte sich mit ihm. Er war zu einer beinahe mystischen Figur geworden. In den Gedanken der Milliarden von Menschen befand sich Rhodan auf einer Art höherer Existenzebene, die ihm erlaubte, zu schalten und walten, wie immer er wollte.
Es gab praktisch nur eine einzige Möglichkeit für Rhodan, von diesem imaginären Olymp herabzusteigen: Er mußte sterben! Er, der Unsterbliche, hatte plötzlich das Gefühl, daß er sich immer mehr in der Einsamkeit verlor. Immer weiter entfernte er sich vom Denken normaler Sterblicher, für die er alles tun wollte, was in seinen Kräften stand. Der Tod war der Preis, wenn er zu ihnen zurückfinden wollte. „Sie sind gegangen", sagte Bully leise. Rhodan lächelte. Er war doch nicht allein auf seinem Olymp. Es waren noch andere bei ihm. „Ich glaube, daß es ein Fehler war, sie zu empfangen", bemerkte Bully selbstkritisch. „Außer einigen Beleidigungen ist nichts dabei herausgekommen" Rhodan blickte auf seine Uhr. „In einer Stunde beginnt die Lagebesprechung", gab er bekannt. „Es ist besser, daß ich mich von der Stimmung der Süchtigen persönlich überzeugt habe."
Es schien, als hätte Bull seinen Humor in den öden
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