0110 - Zargos, der Dämon
dabei hatte sie mir das Leben gerettet. Hätte sie sich nicht selbst getötet, hätte Zargos vielleicht in ihr wieder die Oberhand bekommen und sie zu dem Mord an mir gezwungen.
Heftiges Trommeln an der Wohnungstür und pausenloses Schellen brachten mich zu mir. Ich stieß mich vom Fenster ab und öffnete.
Jane Collins taumelte mir entgegen. Sie packte mich an den Armen und starrte mir besorgt ins Gesicht. »John, ist alles in Ordnung?« rief sie. »Ich habe Geräusche gehört und… John, was ist? Du machst ein so merkwürdiges Gesicht!«
»Lisa Cunning hat sich umgebracht«, sagte ich tonlos. »Sie ist aus dem Fenster gesprungen. Ich muß nach ihr sehen.«
»O Gott«, murmelte Jane und wurde blaß.
Sie wirkte abgehetzt und nervös, doch das beachtete ich in diesem Moment nicht weiter. Ich führte es auf die Sorge um mich zurück.
Obwohl ich nicht viel Hoffnung hatte, war es meine Pflicht, mich um Mrs. Cunning zu kümmern. Jane begleitete mich in den Lichthof.
Ich sah auf den ersten Blick, daß kein Mensch mehr helfen konnte. An der unnatürlichen Stellung des Kopfes erkannte ich, daß sie sich bei dem Sturz das Genick gebrochen hatte.
In den umliegenden Häusern waren die Fenster aufgegangen.
Menschen starrten zu uns herunter, schweigend und abwartend. Diese stumpfe Neugier war erschreckend und alarmierend. Der Selbstmord dieser Frau konnte die Nachbarn kaum aufregen.
Mrs. Serapho hatte kein Telefon gehabt. Deshalb mußte ich bei einer Nachbarin klingeln und von dort den Yard verständigen. Den Rest sollten meine Kollegen erledigen.
Bis sie eintrafen, kehrte ich mit Jane in die Wohnung zurück und machte mich an die Suche nach dem Prospekt des Versandhauses, das einen so verhängnisvollen Namen führte.
»Du wolltest mich im Yard sprechen?« fragte ich Jane, die sich noch immer nicht von dem Schreck erholt zu haben schien. Sie war nervös und fahrig. »Worum ging es denn? Hattest du nicht einen eigenen Fall? Soll ich dir helfen?«
»Es war sehr wichtig, John, sonst wäre ich nicht in den Yard gefahren.« Sie schluckte und ließ sich in einen Sessel im Wohnzimmer fallen. »Ich mußte dich sofort sprechen!«
Ich nahm mir alte Zeitungen vor und blätterte sie durch. »Ja, und was war es?«
Ich erhielt keine Antwort. Rasch legte ich einen Stapel Zeitungen beiseite und nahm mir den nächsten vor. Vielleicht hatte ich endlich Glück.
»Jane, du wolltest mir etwas Wichtiges sagen«, erinnerte ich sie.
Noch immer sagte sie kein Wort. Das kam mir merkwürdig vor. Ich unterbrach meine Arbeit und blickte hoch.
Jane saß verkrampft in dem Sessel, als habe sie Schmerzen. Ihre Augen glänzten wie im Fieber, Ihre Lippen zuckten.
»Jane!« rief ich erschrocken und ließ die Zeitungen auf den Boden fallen. Der gesuchte Katalog glitt zwischen den Seiten hervor und blieb auf dem abgewetzten Teppich liegen. Ich beachtete ihn nicht weiter.
Jane war für mich wichtiger.
Ich kauerte mich neben ihren Sessel und faßte sie an den Armen. Als ich sie leicht schüttelte, merkte ich, wie verkrampft sie war. Steif wie ein Brett!
»Jane!« Ich rief mehrmals ihren Namen, ohne Erfolg.
Daraus wurde ich nicht schlau. Erst einmal mußte ich diesen Krampf lösen! Ich hob sie hoch, um sie zu der Couch zu tragen. Vielleicht wurde es im Liegen besser.
Dabei rutschte die Handtasche von ihrem Schoß und fiel auf den Boden. Als ich Jane an mich preßte, ging ein kurzer Ruck durch ihren Körper.
»John!« rief sie überrascht. »Was hast du denn mit mir vor? Doch nicht jetzt!«
Vor Verblüffung hätte ich sie um ein Haar fallen lassen.
»Himmel, Jane!« rief ich und setzte sie auf die Couch. »Was war denn mit dir los? Ich habe das Schlimmste schon befürchtet!«
Sie sah elend aus. Mitleiderregend. Ihre Augen füllten sich plötzlich mit Tränen!
»John!« Schluchzend sank sie in meine Arme. »Es ist gräßlich! Ich hätte beinahe zwei Menschen erschossen!«
»Was?« rief ich erschrocken, in diesem Moment dachte ich, sie wäre in einen Kriminalfall verwickelt und hätte in Notwehr auf jemanden schießen müssen. Kein Wunder, daß sie so mitgenommen war. »Wie ist es denn passiert? Nun beruhige dich erst einmal, wenn es nötig ist, kann ich den Yard anrufen und…«
»Nein, du verstehst nicht! Ich hätte sie beinahe ermordet!«
Ich starrte sie ungläubig an. Stockend und mit langen Pausen schilderte Jane, wie Mr. Fenbright mit dem sonderbaren Wunsch an sie herangetreten war, seine Frau und deren Liebhaber zu überreden, ihr
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