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0112 - Acht Minuten nach Mitternacht

0112 - Acht Minuten nach Mitternacht

Titel: 0112 - Acht Minuten nach Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Acht Minuten nach Mitternacht
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betraten, fanden wir außer diesem zwei alte Bekannte, nämlich Kantor und Gittler aus Big Bobs Sportschule, und einen dritten, der uns als Toni Barney vorgestellt wurde. Der Bursche hatte die typische Spielervisage, und im Verlauf des Abends zeigte es sich, dass er auch etwas konnte. Auch Gittler war nicht schlecht und unter normalen Umständen spielte auch Lewis Kantor sicherlich eine gute Hand. Heute hatte er ausgesprochenes Pech, und das machte ihn nervös und waghalsig.
    Er trieb das Spiel immer höher und bluffte so ungeschickt, dass man es merken musste. Da er im Verlust war, konnten wir ihn nicht zwingen, aufzuhören. Bis jetzt hatten wir anderen gleichmäßig geringe Gewinne gemacht, die aber alle zu Kantors Lasten gingen. Es war inzwischen fast zwei Uhr geworden.
    Der Pott war wieder recht hoch, viel höher, als mir lieb war. Ich kam ans Kartengeben, und es wurde mir heiß, als ich das Blatt aufhob. Es war eine gute Karte, viel zu gut, für meine Begriffe. Ich hätte gern einmal verloren, aber mit dieser Karte konnte ich es nicht. Als ich das nächste Mal abhob, bekam ich das zweite As und dann das dritte. Ich konnte nichts mehr daran ändern. Der Pott gehörte mir.
    »Verfluchte Schweinerei«, schimpfte Kantor. »Man könnte tatsächlich meinen…« Er schwieg, aber es war klar, was er sagen wollte.
    Willets bekam einen roten Kopf. »Was soll das heißen Lewis?«, fragte er.
    Jetzt explodierte der dicke Mann. Ich konnte ordentlich sehen, wie seine schwarzen Haare vor Wut zu Berg standen.
    »Feine Freunde hast du, Sam. Da gibt sich der Kerl selbst drei Asse, wenn sechs Mann am Tisch sitzen. Was denkst du, wie man das nennt?«
    Bevor Willets antworten konnte, sagte ich kühl.
    »Meinen Sie etwa, ich gebe falsch oder schüttele die Asse aus dem Ärmel.«
    »Keineswegs. Sie sind Sams Freund und damit aus.«
    »Das wollte ich mir auch schwer ausgebeten haben.« Willets war aufgesprungen. »Ich habe eingeladen, und es wird gespielt, wie ich das gut finde.«
    Jetzt schoss auch der dicke Mann in die Höhe.
    Seine Fäuste ballten sich.
    »Ich habe es satt, mir von dir Vorschriften machen zu lassen. Wer macht hier Vorschriften? Du etwa? Man könnte glauben, du seiest der Boss. Ich habe dich schon lange satt, dich und dein großes Maul. Andere übrigens auch. Lass dir das zur Warnung dienen.«
    In diesem Augenblick passierte es. Ein Kinnhaken, dem ein zweiter folgte. Kantor knickte in die Knie, und setzte sich langsam auf den Teppich. Er war nicht bewusstlos, aber auch nicht weit davon.
    »Und das war meine Warnung«, sagte Willets. »Schluss der Vorstellung jetzt. Stellt den Burschen auf die Beine und bringt ihn nach unten.« Er ging mit schnellen Schritten hinaus und kam mit einem nassen Handtuch zurück, dass er Kantor ohne weiteres ins Gesicht warf.
    Der sagte keinen Ton, presste das Tuch gegen das schmerzende Kinn und dann auf Stirn und Augen. Fünf Minuten danach waren Willets, Phil und ich allein.
    »Das habe ich schon lange kommen sehen«, meinte Sam. »Der Bursche hatte es nötig.«
    »Ich hätte es nicht getan«, meinte ich. »Sie werden sich vor ihm in Acht nehmen müssen. Als er wieder hoch kam, sah er aus, als ob er Sie auf der Stelle ermorden wolle.«
    »Das könnte ihm so passen, aber er wird kein Glück haben. Außerdem ist er letzten Endes ein Feigling.«
    Mir war die ganze Geschichte sehr peinlich. Nicht das ich dem fetten Lewis Kantor die Prügel nicht gegönnt hätte, aber ich fürchtete, der Zusammenstoß würde für Sam Willets Folgen haben, und an diesen Folgen wäre ich dann nicht ganz unschuldig, weil ich ja die Ursache des Streits gewesen war. Ich sagte das auch, aber er lachte mich aus. »Morgen hat der Fettwanst alles vergessen. Es ist nicht das erste Mal, dass wir aneinander geraten.«
    Auf Willets Drängen nahmen wir noch einen Abschiedstrunk und verzogen uns so bald wie wir das konnten, ohne dass es beleidigend wirkte.
    »Ich möchte wissen, was dieser Kerl mit seinen dunklen Andeutungen sagen wollte«, brummte Phil, während ich ihn nach Hause brachte. »Wer ist wohl der ›Boss‹, von den anderen, die Willets großes Maul ebenfalls satt haben?«
    Mir war dasselbe aufgefallen, aber ich wusste keine Erklärung. Auf das Spiel konnten sich diese Worte nicht bezogen haben, sie bewiesen aber, dass es zwischen Kantor, Willets und wahrscheinlich auch den beiden anderen Zusammenhänge gab, die wir noch nicht durchschauten.
    Am nächsten Vormittag um elf Uhr kam ich in die VIENNA-Conditorei.

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